Schicksalsbund
herum und hüllten sie ein. Der Regen war mehr wie Dunst, doch er sickerte in ihre Kleidungsstücke, als sie sich dem großen Felsbrocken näherten. Er musste von der Stelle bewegt werden, und das würde der gefährlichste Augenblick sein. Es würde Geräusche geben, und in dem Moment, wenn sie den Brocken vom Eingang entfernten, würde Zugluft zu spüren sein. Der Tunnel war vollständig verschlossen worden. Diejenigen, die hier gegraben hatten, hatten ihn nicht bis tief unter die Gebäude getrieben, sondern gerade nur weit genug, um ein kleines Truppenkontingent zu verbergen. Sie konnte hören,
wie das Blut durch ihre Adern gepumpt wurde und mit dem Flüstern des nieselnden Dunstes gewissermaßen einen Rhythmus bildete. Ihr Puls schlug im Takt mit dem leisen Klatschen der Tropfen, die vom Himmel rieselten.
Mack warf ihr wieder einen Blick zu. Jetzt war ihr Moment gekommen. Sie musste es wissen, sie musste vollkommen sicher sein. Jaimie sandte ihre Energien aus, wieder auf der Suche. Ihr Radar meldete die Wände des schmalen Tunnels und dann eine breitere Öffnung. Sie nickte und machte Platz, als Mack den Felsbrocken packte. Die Muskeln spannten sich unter seinem Hemd. Einen Moment lang sah sie die Anstrengung in seinem Gesicht. Ihr war klar, dass normalerweise mehr als ein Mann erforderlich gewesen wäre, um den großen Felsbrocken von der Stelle zu bewegen, aber Mack rückte ihn allein gerade so weit zur Seite, dass sie durch den Spalt schlüpfen konnten.
Kane ging voran, machte zwei Schritte in den schmalen Tunnel hinein und kniete sich hin, die Waffe erhoben und im Anschlag. Sie wussten, dass die Terroristen Sprengsätze am Körper trugen. Sie konnten es sich nicht leisten, Fehler zu machen. Jaimie erschauerte in der kalten Luft; selbst das Adrenalin hielt sie nur in Grenzen warm. Jacob und Javier traten zurück, um ihr Zugang zu dem Tunnel zu gewähren. Jaimie hatte keine verborgenen Warnsysteme wahrgenommen, doch ihrer aller Leben hing von ihrem eingebauten Radarsystem ab. Hatte ein wachsamer Terrorist gehört, wie der riesige Gesteinsbrocken bewegt worden war? Sie kauerte sich in den Eingang des Tunnels, kniff die Augen zusammen und lugte die steile Treppe hinunter, als könnte sie mit ihren Blicken die Dunkelheit durchdringen.
Von drinnen drangen die gedämpften Klänge von Musik an ihr Ohr. Sie trat in den Tunnel. Mack blieb einen Schritt hinter ihr, und seine winzige Stabtaschenlampe war die einzige Lichtquelle. Sie wusste, dass sie nur für sie da war, denn Mack brauchte kein Licht. Kane schlich vor ihnen her, hielt nach jedem zweiten Schritt inne und wartete auf die Hand auf seiner Schulter, die ihm sagte, er solle sich voranbewegen. In drei Metern Tiefe machte der Tunnel eine scharfe Biegung, und bei Jaimie läuteten die Alarmglocken. Mack war ihr so nah, dass er ihre Körpersprache wahrnahm, die plötzliche Anspannung, die sich ihrer bemächtigte, und noch vor ihr die Warnung ausgab. Sein Team drückte sich platt an die Lehmwände des Tunnels und wartete mit den Waffen in der Hand auf die Entwarnung. Sie durften nicht das Risiko eingehen, alle auf derart engem Raum erwischt zu werden.
Kane war besonders angreifbar, denn er lag mit ausgestreckter Waffe flach auf dem Boden und wartete darauf, dass Jaimie das Signal gab. Mack bewegte sich gemeinsam mit ihr, als sie sich Kane von hinten näherte und sich an die Wand presste, während sie ihre Energien voraussandte. Eine dicke Schicht aus weicher Erde dämpfte alle Schritte. Mack berührte Jaimie am Arm und gab ihr ein Zeichen, stehen zu bleiben. Sie blieb hinter Kane, schloss die Augen und tastete sich in Gedanken durch den Tunnel vor. Er war instabil, und an den Wänden rieselte ständig Erde herab. Gelegentlich fiel auch von der Decke Erde. Für Jamie stellte die Klaustrophobie ein größeres Problem dar als ihre Furcht vor den Terroristen, und zwar vor allem deshalb, weil der Tunnel so offensichtlich instabil war, dass es ihr vorkam, als könnte er jeden Moment einstürzen.
Direkt vor uns befindet sich ein offener Eingang. Zwei Männer. Sie sind relativ entspannt, oder zumindest vermitteln ihre Energien diesen Eindruck. Gelangweilt vielleicht. Ärgerlich.
Kannst du die Kinder fühlen?
Wogen von Furcht kommen hinter den beiden Männern hervor. Sehr stark. Jemandem graut. Ich glaube, die Kinder sind am Leben und dort drinnen, Mack.
Sie verwandte nicht viel Zeit auf den Versuch, die Furcht genauer zu bestimmen, die ihr aus dem Tunnel
Weitere Kostenlose Bücher