Schicksalspfad Roman
ihn sehr müde.
Er sah Grace noch einmal an und schloss dann die Augen. Vor seinem inneren Auge blieb ein Bild von ihr bestehen, ehe er einschlief.
22
J oanne machte sich nach der Schicht gerade fertig, um sich mit Donny zu treffen, als sich die Neuigkeit im Schwesternzimmer verbreitete, dass Matt Conner aus dem Koma aufgewacht war.
»Oh, mein Gott«, rief Dawn, die gerade mit ihrer Mutter telefonierte. »Matt ist wach gworden, Mom. Ich muss gehen. Ja, ich werde ihm einen Kuss von dir geben. Tschüss!«
»Du brichst hier sämtliche Regeln über Vertraulichkeit«, sagte Joanne zu ihr, auch wenn sie selbst am liebsten sofort Donny angerufen hätte, um es ihm mitzuteilen.
»Regeln?«, fragte Dawn verschmitzt, aber mit leichter Schärfe. »Denkst du etwa, ich weiß nicht, was du manchmal so treibst?«
Joanne erstarrte. Hatte Dawn sie an dem Abend beobachtet, als sie das Morphium mitgehen ließ?
»Na«, meinte Dawn und deutete damit an, dass sie Besseres zu tun hatte, als sich um Joannes illegale Aktivitäten zu kümmern, »das kann schließlich kein großes Geheimnis sein. Michael hat schon verbreitet, dass er als Erstes alle Medien unterrichten wird, denn er will natürlich, dass alle Welt erfährt, wenn sein wichtigster Klient wieder bei Verstand ist. Über Vertraulichkeit würde ich mir daher keine Gedanken machen.«
»Michael?«, fragte Joanne ungläubig. »Meinst du etwa Mr. Lavender? Ich wusste nicht, dass ihr euch so gut kennt.«
»Wahre Frauen sind diskret«, meinte Dawn, warf die Haare zurück über die Schulter, kramte ihr Handy aus der Tasche, tippte eine Nummer ein und sagte: »Michael? Ja, Dawn hier. Matt ist aufgewacht. Komm rasch rüber. Ja, er ist wieder wach und redet. Schnell, Baby!« Dann klappte sie das Telefon zu und warf Joanne einen superzickigen Blick zu. »Na, jetzt weißt du, wo Michael in den letzten paar Tagen gewesen ist«, flötete sie. Damit ging sie in Richtung Pavarotti-Suite und wackelt dabei bedeutsam mit den Hüften.
»Krass!«, murmelte Joanne.
Dann suchte sie ihr Handy, um Donny anzurufen.
»Donny«, flüsterte sie. »Kann ich dir etwas sehr Wichtiges anvertrauen?«
»Kommst du jetzt oder was?«, entgegnete Donny. »Ich habe Hunger.«
»Matt Conner ist aus dem Koma aufgewacht.«
»Was?«
»Matt ist aus dem Koma. Ist das nicht großartig?«
»Großartig? Es wäre großartig, wenn mein Arm nicht mehr so schmerzen würde. Kannst du dich überhaupt an mein kleines Problem erinnern? Ich konnte gestern meinen letzten Kunden nicht zu Ende bedienen. Das ist eine verdammte Katastrophe.«
Joanne fühlte sich von seiner Reaktion sehr verletzt. »Es tut mir leid, Donny. Ich dachte, du würdest dich darüber freuen. Ein Typ liegt im Koma und wird wieder wach. Ich hatte gedacht, dass du dich auch freuen würdest.«
»Dieses Würstchen hätte seine Stunts nicht selbst machen sollen«, meinte Donny. »Ich sorge mich lieber um Leute, die unschuldig als Tote oder Krüppel enden. Wann bist du denn endlich hier?«
»Ach, weißt du«, erwiderte Joanne, »ich gehe lieber heim. Ich bin echt müde. Es war ein langer Tag und ich habe einiges zu erledigen.«
»Jesus, Jo, jetzt bist du sauer auf mich!« »Nein, nein, ich bin nicht sauer«, meinte Joanne. Das stimmte zwar nicht ganz, aber vielleicht war es auch zu viel verlangt, dass Donny sich über Matt freute, wenn man an dessen eigene Beschwerden dachte. »Wie ist denn dein Arm jetzt?«
»Grauenhaft«, antwortete Donny. »Kommst du nun oder nicht?«
Joanne blieb fest. »Vielleicht morgen«, sagte sie.
»Matt!«, rief Michael Lavender atemlos schon in der Tür der Pavarotti-Suite. Dann sank er neben Matts Bett auf die Knie.
»Er schläft«, sagte Grace leise. »Sie stören ihn jetzt besser nicht.«
»Ist er nun aufgewacht oder nicht?«
»Ja. Und nun ruht er sich aus.«
Lavender starrte traurig in das Gesicht des Mannes, mit dessen Schicksal sein Leben so eng verknüpft war.
Matt Conner öffnete die Augen.
»Matt!«, rief Lavender. Er hielt die Hand vor den Mund, wie angesichts eines Wunders.
Matt sah Lavender ausdruckslos an. Dann wandte er sich zu Grace. Grace erwiderte seinen Blick.
»Grace«, sagte er.
»Ja?«, sagte Grace.
»Hi, Grace.«
»Hi, Matt. Wie geht es Ihnen?«
»Gut.« Matt sprach langsam und schläfrig, wie verträumt. »Und Ihnen?«
Michael Lavender, der immer noch auf dem Boden kniete, verfolgte diesen Dialog mit den Augen.
»Mir geht es auch gut«, antwortete Grace. »Möchten Sie Ihrem Besucher
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