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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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die Rundenzahl erneut erhöhte. Empörung und Zorn brodelten in ihm. Zwanzigmal um den Platz, in Uniform und Stiefeln? Mit Turnschuhen wäre alles ganz einfach gewesen, aber die schwarzen Lederstiefel eigneten sich nicht fürs Jogging. Bestimmt holte er sich Blasen. Dies war alles so willkürlich. Was sollte mit derartigen Maßnahmen bewirkt werden?
    Glücklicherweise war es nicht besonders warm – in San Francisco wurde es selten zu warm – und eine kühle Brise wehte ihm entgegen, als er den Paradeplatz verließ, den makellosen Rasen der Starfleet-Akademie hinter sich brachte und die Laufbahn erreichte. Mit der richtigen Kleidung wäre es sogar angenehm gewesen, zwanzig Runden zu laufen. Fünf Kilometer – unter normalen Umständen eine Kleinigkeit, genau die richtige Distanz, um sich aufzuwärmen.
    Doch nach der Hälfte der ersten Runde wusste Chakotay, dass es nicht leicht sein würde. Die Kadettenuniform kratzte an einigen Stellen und die Stiefel waren schwer. Früher oder später würden sie ihm wie eiserne Gewichte erscheinen.
    Er trachtete danach, seine Gedanken von allem Ballast zu befreien, konzentrierte sich nicht auf den Körper, sondern auf den Rhythmus des Laufens. Er konnte es schaffen und war entschlossen, alles ohne Klage hinter sich zu bringen – auf keinen Fall wollte er Nimembeh die Genugtuung gönnen, dass er versagte. Er stellte sich vor, auf seiner Heimatwelt Trebus zu sein, dachte an die weiten Ebenen, über die er stundenlang gelaufen war, in Versuchung geführt vom Gefühl der
    Unabhängigkeit, das er immer dann spürte, wenn er allein war und der Wind ihn streichelte. Damals war er völlig frei gewesen, von nichts und niemandem behindert. Es handelte sich um die goldenen Momente seiner Kindheit und jetzt versuchte er, sich ganz auf sie zu besinnen, sie noch einmal zu erleben.
    Zu Anfang funktionierte es. Er fand zu einem Rhythmus, den die Stiefel tolerierten, ohne ihn zu strafen. Er entdeckte auch die richtige Schrittlänge, um dafür zu sorgen, dass die Uniform möglichst wenig an den Innenseiten seiner Oberschenkel scheuerte. Er entsann sich an die Geräusche und Gerüche, die er damals als Kind bei seinen ausgelassenen Ausflügen wahrgenommen hatte. Erst jetzt wurde ihm klar, wie lieb und teuer ihm jene Erinnerungen waren.
    Zehn Runden lang blieb alles erträglich und voller Reue dachte er daran, dass er jetzt alles überstanden hätte, wenn er bereit gewesen wäre, sofort zu gehorchen. Aber er hatte erst die Hälfte hinter sich, und bestimmte Anzeichen deuteten darauf hin, dass es bald schlimmer wurde.
    Die Füße mussten in den Lederstiefeln viel aushalten und begannen zu protestieren. Die Beine sträubten sich immer mehr dagegen, so schwere Gewichte zu heben. Und was noch wichtiger war: Es entstanden wunde Stellen dort, wo sich die Reibung durch die Socken immer mehr auf die Haut auswirkte: an einem Zehengelenk, an der Ferse und an einem
    Mittelfußknochen.
    Das würde besonders schwer zu ertragen sein. Wie seltsam, dass eine kleine Läsion in den obersten Hautschichten so intensiven Schmerz verursachen konnte – ein Hinweis auf das komplexe Netzwerk aus Nerven, das sich dort erstreckte. Nun, es gab Möglichkeiten, mit Schmerzen fertig zu werden.
    Zwölf Runden. An drei Stellen hatten sich Blasen gebildet: am linken großen Zeh, an der linken Ferse und am rechten Rist. Während der letzten beiden Runden hatten die Schmerzen exponentiell zugenommen, was nichts Gutes für die nächsten acht versprach.
    Dreizehn Runden. Die Bahn schien auf schreckliche Weise länger geworden zu sein, weit länger als zweihundertfünfzig Meter. Chakotay wurde langsamer, was die Schmerzen jedoch nicht linderte. Er biss die Zähne zusammen, dazu entschlossen, alles zu ertragen.
    Vierzehn. Er zwang sich, an die Sommer auf seiner
    Heimatwelt zu denken. Damals hatten er und seine Freunde den ganzen Tag im Wald verbracht, bei fröhlichen
    Kampfspielen. In gewisser Hinsicht ähnelten sie Löwenjungen, die umhertollten und miteinander balgten, dabei jene
    Fähigkeiten herausbildeten, die sie später zum Überleben brauchten.
    Aber was stimulierte jenen Instinkt? Mitglieder der
    Föderation mussten nicht mehr ums Überleben kämpfen; ihnen drohte keine Gefahr, die besonderes Geschick erforderte.
    Welche genetische Prädisposition veranlasste Chakotay und seine Freunde, in die Rollen von Kriegern zu schlüpfen und zu kämpfen, um Heim und Familie zu verteidigen? Offenbar handelte es sich dabei um etwas, das

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