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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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Schicksal? Kaltes Entsetzen breitete sich in ihm aus, kroch durch Leib und Gliedmaßen, Sein Vater ließ so etwas gewiss nicht zu. Er war klug und stark, würde ihn beschützen.
    Aber sein Vater sprach jetzt mit Uxxin und traf
    Vorbereitungen für Neelix’ heimliche Reise nach Talax. Der Junge wurde aufgefordert, rasch die nötigsten Sachen zu packen. Fünfzehn Minuten nach Uxxins Ankunft stand Neelix bei seiner Mutter und den Schwestern Xepha und Melorix, den beiden, die noch zu Hause wohnten. Tränen strömten über ihre Gesichter. Am liebsten hätte Neelix ebenfalls geweint, aber er zwang sich, zuversichtlich zu wirken, um es für die Familie nicht noch schlimmer zu machen.
    »Ich kehre so bald wie möglich zurück«, versprach er und küsste ihre feuchten Wangen, woraufhin sie noch
    hingebungsvoller weinten.
    Seine Mutter umarmte ihn und auch ihre Augen glänzten feucht, aber sie blieb gefasst, wollte dem Kummer nicht nachgeben. Sein Vater drückte ihn kurz und fest an sich, ohne ein Wort zu sagen. Und dann war Neelix fort, floh wie ein Verbrecher durch die Nacht.
    Er sah seine Familie nie wieder.
    Der Krieg brach aus. Talax führte den ersten Angriff – die kriegerische Fraktion ihres Volkes hatte sich durchgesetzt.
    Anschließend spielte es kaum mehr eine Rolle, wer
    angefangen hatte. Grausame, erbarmungslose Kämpfe fanden an vielen Fronten statt: im All, auf der haakonianischen Heimatwelt, auch auf Talax. Die Verluste auf beiden Seiten waren enorm. Das ganze ökonomische Potenzial wurde in die Kriegsanstrengungen investiert, was zu einer starken
    Verknappung der Nahrungsmittel führte. Die Winter waren schlimm, da es an Treibstoff und Heizmaterial mangelte.
    Medizinische Zentren konnten kaum mehr gewöhnlichen
    Patienten helfen, da sie vor allem Verwundete aus dem Krieg aufnahmen.
    Haakon litt ebenso. Die Ressourcen schwanden immer mehr und in den haakonianischen Außenposten kam es zu
    Aufständen. Haakons Regierung geriet immer mehr unter Druck – die Bürger wollten so schnell wie möglich ein Ende des Krieges.
    Zwei Jahre lang arbeitete Neelix in einem geheimen Asyl für Deserteure. Den leidenschaftlichen Eifer der eingeschworenen Pazifisten teilte er nicht und mehrmals überlegte er, ob er das Versteck verlassen sollte, um Soldat zu werden. Aber er wusste, dass es dafür zu spät war. Den obligatorischen Kriegsdienst hatte er nicht geleistet und daher galt er ebenfalls als Deserteur. Wenn man ihn fasste, musste er damit rechnen, sofort hingerichtet zu werden.
    Und so schützte er jene, die vor den Kämpfen geflohen und davon überzeugt waren, dass die Regierungen beider Seiten den Krieg nur fortsetzten, um sich zu bereichern. Die Veteranen erzählten Geschichten von unglaublichem Entsetzen an den Fronten und sprachen voller Verachtung über die eigennützigen Motive derjenigen, die es zuließen, dass ein derartiges Grauen andauerte.
    Neelix wusste nicht, was er glauben sollte. Er war in diese Situation weder durch eine Ideologie noch aufgrund freier Wahl geraten. Das Schicksal hatte für ihn entschieden. Er war so hilflos wie ein welkes Blatt im Wind. Er hielt es für besser, philosophische Überlegungen zu vermeiden und der Sache, die ihn geschützt, vor Tixil gerettet und ihm zwei Jahre lang Sicherheit gewährt hatte, nach besten Kräften zu helfen.
    Er musste zugeben: Als er die furchtbaren Geschichten von der Front hörte, war er froh, nicht am Krieg beteiligt zu sein.
    Es klang alles so sinnlos. Manchmal wurde wochenlang um einen mehrere hundert Meter breiten Streifen Land gekämpft.
    Talaxianische und haakonianische Soldaten eroberten ihn, verloren ihn wieder, eroberten ihn erneut, bis tausende von Leichen herumlagen und sich niemand mehr daran erinnern konnte, warum jener Streifen Land so wichtig war.
    Sie hörten Gerüchte, nach denen die haakonianische
    Bevölkerung außer Kontrolle geraten war und damit drohte, die Regierungsgebäude zu stürmen, wenn der Krieg nicht sofort beendet wurde. Hoffnung entstand in vielen Herzen.
    Vielleicht war das Grauen bald vorbei.
    Der Krieg fand tatsächlich ein Ende.
    Zu dem entscheidenden Ereignis kam es an einem warmen Frühlingsabend und es dauerte nicht länger als vier Minuten.
    Neelix saß draußen, auf dem von einer Mauer umgebenen Hof ihres Verstecks. Das Trillern eines Yute-Vögels erklang und erinnerte ihn an die Heimat. Irgendwo spielte jemand eine sanfte Melodie auf einer Ixxel. Für einige Sekunden fiel es ihm leicht zu glauben, dass sich das

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