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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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schien ihm erhebliche Schmerzen zu bereiten. Neelix spürte, wie er zu zittern begann. Wie sollte er diesem Geschöpf helfen? Er fühlte sich überfordert.
    Er sah sich um und stellte fest, dass die übrigen Mitglieder der Rettungsgruppe sich um andere Überlebende kümmerten.
    Sie schienen genau zu wissen, worauf es ankam, und Neelix fragte sich kurz, wie sie angesichts einer so enormen Katastrophe ruhig bleiben konnten.
    Er erinnerte sich an die schmerzlindernden Mittel in seiner Medo-Tasche und holte sie hervor. Aber bevor er sie
    verabreichen konnte, wurde das Kind ohnmächtig und sank ihm in die Arme. Einige Fetzen der verbrannten Haut klebten an seiner Kleidung fest. Übelkeit brannte in seiner Kehle, ließ dann aber wieder nach und er spürte das Gewicht des Kindes in seinen Armen. Mühelos hob er es hoch und trug es zu den anderen – dieses arme Geschöpf sollte am Leben bleiben.
    Siebenunddreißig Personen hatten den Einsatz der
    Metreonischen Kaskade überlebt, siebenunddreißig von
    insgesamt mehr als zweihunderttausend Bewohnern des
    Mondes. Sie waren nur deshalb nicht gestorben, weil sie sich in einer unterirdischen Freizeitanlage aufgehalten hatten, viele Kilometer vom Einsatzort der Waffe entfernt. Man brachte sie zu Medo-Zentren auf Talax, wo Ärzte ihren Zustand mit Verblüffung zur Kenntnis nahmen. Die traditionelle
    Behandlung von Brandwunden erwies sich in diesem Fall als wirkungslos. Die Überlebenden siechten dahin und verloren nacheinander den Kampf gegen den Tod.
    Neelix erfuhr den Namen des Kinds: Palaxia. Zwar war sie sehr entstellt, aber ihre inneren Organe hatten weniger Schaden genommen als die der anderen. Die Ärzte gaben ihr eine echte Überlebenschance. Sie meinten, das Mädchen hätte einen ausgeprägten Überlebenswillen, und so etwas konnte durchaus den Ausschlag geben.
    Neelix verbrachte Wochen an Palaxias Seite. Sie war blind –
    die Hitze der Metreonischen Kaskade hatte ihre Augen
    geschmolzen –, und deshalb las er ihr stundenlang vor: inspirierende Geschichten von talaxianischen Helden, die schwierige Zeiten überstanden. Er hoffte, dem Mädchen auf diese Weise Mut zu machen. Aber er wusste nicht, ob es ihm gelang. Palaxia konnte nicht sprechen, denn ihr Kehlkopf war vernarbt. Aber sie hörte ihn und Neelix stellte sich vor, dass der Klang seiner Stimme ihr Trost brachte.
    Hauttransplantationen wurden durchgeführt, doch der Körper stieß das neue Gewebe ab. Drei Versuche unternahmen die Ärzte, bevor sie den Kopf schüttelten und eingestanden, nicht weiterzuwissen.
    Palaxia bekam starke schmerzstillende Mittel. Ohne sie hätte sich das Mädchen in einem Zustand ständiger Agonie
    befunden. Die Arzneien sorgten dafür, dass sie in einem
    »erträglichen Maße« litt, wie es die Doktoren ausdrückten.
    Neelix fragte sich, wie sie so etwas feststellen konnten und woher sie wussten, was für Palaxia erträglich war und was nicht. Wenigstens konnten die Ärzte die Situation des Mädchens ein wenig verbessern und dafür war Neelix dankbar.
    Palaxia lag reglos auf dem Bett, während sich ihre Brust langsam hob und senkte. Verbände bedeckten das Gesicht und den Körper. Sie musste ganz allein leiden, in einer Welt, die sie mit niemandem teilen konnte.
    Neelix saß bei ihr, Tag für Tag, las vor, sprach zu ihr, sang sogar einige der Prixin-Lieder, die ihm als Kind so sehr gefallen hatten.
    Palaxia lebte fünfeinhalb Wochen, drei Wochen länger als die anderen Überlebenden. Neelix war bei ihr, als sie immer mühsamer atmete. Viermal hörte sie auf zu atmen, um dann erneut Luft zu holen – ihr Wille schien es einfach nicht zuzulassen, dass sie starb. Die ganze Zeit über sprach Neelix Worte des Trostes und sagte ihr, dass sie bald wieder bei ihrer Familie sein würde, die auf sie wartete. Schließlich hob und senkte sich die Brust des Mädchens zum letzten Mal und dann lag es völlig reglos da. Stumm nahm Neelix seine Sachen und verließ das Medo-Zentrum, ohne sich von irgendjemandem zu verabschieden. Er vergoss keine Tränen für Palaxia, auch nicht für seine Familie und Freunde. Er trauerte nicht um sie, denn es hätte ihn zerstört.
    Zwei Jahre später lernte er Wix kennen, während eines euphorischen Trips, hervorgerufen vom Rauch verbrennender Rhuludianischer Kristalle.
    Natürlich waren es keine Kristalle, sondern getrocknete und zerriebene Kräuter mit einer stark berauschenden Wirkung.
    Der Begriff »Kristalle« ging auf die erstaunliche geistige Klarheit zurück, die

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