Schicksalspfade
schluckte und atmete tief durch.
Und nahm vagen Brandgeruch wahr.
»Riechen Sie das?«, wandte sich Neelix erneut an Tixil. »Es riecht verbrannt. Aus gutem Grund. Die Füße und Beine des Mannes waren verkohlt.«
Sein Vater und Tixil schnupperten, aber offenbar nahmen sie den scharfen Geruch nicht wahr. Vielleicht bemerkte ihn Neelix nur deshalb, weil er zuvor so stark gewesen war. Beide Männer wirkten ein wenig verlegen und wiesen darauf hin, dass sie nichts rochen.
Sein Vater legte ihm den Arm um die Schultern und führte ihn nach draußen. Tixil folgte ihn und ließ noch einmal den Blick durch den Raum schweifen.
Sie schwiegen, als sie durch den Wald heimkehrten.
Tixil setzte sie zu Hause ab und versprach, sich am nächsten Tag mit ihnen in Verbindung zu setzen. Neelix sah ihm nach und beobachtete, wie Macht und Autorität in der Ferne verschwanden.
Er fühlte sich allein und hilflos. Der Appetit war ihm gründlich vergangen und er entschuldigte sich, suchte sein Zimmer auf. Dort kroch er unter die Bettdecke und kauerte sich wie ein kleines Kind zusammen, das in der Dunkelheit lauernde Ungeheuer fürchtete.
Noch immer hatte er den Geruch von verbranntem Fleisch in der Nase. Er wusste, dass es sich nur um eine Erinnerung handelte – den Unterschied zwischen Realität und Einbildung kannte er sehr wohl –, aber trotzdem reagierte er mit Übelkeit darauf. Selbst hier, im Bett seiner Kindheit, gab es keinen Frieden für ihn.
Er wusste nicht, wie viel Zeit verstrichen war, als es an der Tür klopfte. Es war Nacht geworden und Neelix’ Selbst befand sich irgendwo zwischen Schlafen und Wachen. Als er das Klopfen hörte, versteifte er sich unwillkürlich.
»Neelix?«, fragte sein Vater. Er stand auf, ging zur Tür und öffnete sie.
Sein Vater stand dort mit einem Mann, der vage vertraut wirkte, den Neelix jedoch nicht sofort identifizieren konnte.
»Erinnerst du dich an Uxxin?«, fragte sein Vater. »Du bist ihm begegnet, als wir zum ersten Mal den Schießplatz
aufsuchten.«
Neelix erinnerte sich tatsächlich: ein hoch gewachsener, korpulenter Mann, dessen Flecken fast schwarz waren,
Zeichen hohen Alters. Er hatte damals auf die Notwendigkeit bewaffneter Bürger hingewiesen.
Diesmal brachte Uxxin Neuigkeiten, die weitaus
erschreckender waren als eine noch nicht konkrete Gefahr, die von den Haakonianern ausging.
Neelix nahm mit den beiden Männern am Esstisch Platz, an dem er im Lauf der Jahre so viel Spaß gehabt hatte. Von diesem Abend an stellte der Tisch kein Symbol für Freude und Glück mehr dar, sondern erinnerte Neelix an die grässlichen Dinge, von denen Uxxin berichtete.
»Der Junge muss Rinax noch heute Nacht verlassen. Falls er noch hier ist, wenn Tixil morgen zurückkehrt, werden Sie ihn nie wiedersehen. Ich habe Vorbereitungen dafür getroffen, ihn nach Talax bringen zu lassen. Dort gibt es Freunde, die ihn verstecken.«
Neelix glaubte, seinen Ohren nicht trauen zu können. Wovon redete Uxxin da? Warum musste er seine Heimat verlassen?
Sein Vater richtete einen ernsten Blick auf ihn. »Uxxin gehört zu einer Gruppe, die versucht, einen Krieg gegen Haakon zu vermeiden. Aber es gibt starke Kräfte, die einen solchen Krieg wollen und Personen, die eine gemäßigte Einstellung vertreten, für eine Bedrohung halten. Die ganze Angelegenheit ist ziemlich scheußlich geworden.«
»Ich glaube, der Mann in der Hütte gehörte zu unserer Gruppe«, sagte Uxxin. »Er verschwand vor einigen Tagen.
Tixil und seine Leute haben ihn vermutlich gefoltert, um Informationen über uns zu bekommen.«
»Tixil?« Neelix konnte kaum glauben, was er hörte. »Aber er gehört zum Zivilschutz…«
»Ich fürchte, bei dieser Organisation gibt es viele Leute wie ihn: Sie wollen den Krieg und sind bereit, alle Mittel zu nutzen, um die Opposition zu unterdrücken.«
Vor Neelix drehte sich alles. Was wurde aus dem Leben, wenn man nicht einmal den zivilen Einrichtungen trauen konnte, jenen Leute, die geschworen hatten, alle Bürger zu schützen und zu verteidigen?
»Tixil weiß, dass du jemanden gesehen hast, der gefoltert wurde. Er kann es sich nicht leisten, dass du von diesem Erlebnis berichtest. Es grenzt an ein Wunder, dass er dich nicht sofort zu einem Verhör mitnahm.« Uxxin legte eine
bedeutungsvolle Pause ein. »Du hättest bestimmt nicht überlebt.«
Vor dem inneren Auge sah Neelix die verbrannten Füße des Mannes und versuchte, diese Schreckensbilder zu vertreiben.
Erwartete ihn ein solches
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