Schicksalspfade
am Rand der Stadt.
Kes befand sich in einer Höhle und die Oberfläche konnte nicht mehr weit entfernt sein.
Weiter vorn bemerkte sie ein vages Glühen; es wurde heller, als sie sich ihm näherte. Es dauerte nicht lange, bis sie vor dem Phänomen stand, von dem sowohl das Glühen als auch das summende Geräusch stammten: Eine knisternde grüne
Energiebarriere reichte von einer Höhlenwand zur anderen. Sie waberte und zischte vor Kes, wirkte gefährlich, sogar tödlich.
Ein beißender Geruch ging davon aus und verstärkte die Aura der Gefahr.
Dies musste die Barriere sein, die der Beschützer errichtet hatte, um die Kazon fern zu halten. Sie existierte noch immer, nach all den Generationen. Bedeutete es, dass sich nach wie vor Kazon auf der Oberfläche befanden? Würde der
Beschützer die Barriere auch dann bestehen lassen, wenn es keine Kazon mehr gab?
Und was noch wichtiger war: Wie sollte sie auf die andere Seite gelangen? Kes beabsichtigte nicht, jetzt aufzugeben, nachdem sie einen so weiten Weg zurückgelegt hatte.
Andererseits… Die zischende Energiebarriere wirkte sehr abschreckend. Sie hob einen Stein auf und warf ihn nach der Barriere. Er blieb in dem Wabern haften, ging eine halbe Sekunde später in Flammen auf, fiel zu Boden und
verwandelte sich in Asche.
Kes setzte sich, sah zur Barriere und wollte sich nicht geschlagen geben. Aufmerksam beobachtete sie die Energie und suchte nach einer Möglichkeit, die andere Seite zu erreichen. Langsam glitt ihr Blick über die energetische Barriere und nach einer Weile fiel ihr etwas auf: Die Energie schien ungleichmäßig verteilt zu sein. Hier und dort zeigten sich gelbe Schlieren im Grün, hervorgerufen vielleicht von Temperaturunterschieden, die auf weniger starke Energie hinwiesen. An der rechten Seite bemerkte Kes einen langen Streifen aus blassem Gelb. Wenn es dort eine schwache Stelle gab – ließ sich die Energiestruktur irgendwie noch weiter schwächen?
Kes ergriff weitere Steine, größere, und warf sie nach dem gelben Streifen. Sie verdampften und verbrannten, aber jeder Kontakt sorgte dafür, dass der gelbe Bereich noch blasser wurde.
Sie warf einen Stein nach dem anderen, bis schließlich eine Lücke in der Barriere entstand. An der Höhlenwand gab es nun einen Bereich ohne zischende Energie. Wenn sie es schaffte, die Lücke ein wenig zu verbreitern…
Einige Zeit und viele Steine später glaubte Kes, dass die Lücke groß genug war, um sie passieren zu lassen. Sie näherte sich der Barriere, in der sie inzwischen eine böswillige Entität sah, die wütend zischte, weil man sie schlecht behandelt hatte.
Mit dem Rücken an die Höhlenwand gepresst schob sich Kes Zentimeter und Zentimeter durch die Lücke. Hitze ging von der Barriere aus, versengte ihr fast die Haut, und der beißende Geruch ließ Übelkeit in ihr entstehen, während sie sich vorsichtig weiterschob.
Und dann befand sie sich auf der anderen Seite! Sie spürte prickelnde Aufregung und der Instinkt teilte ihr mit, dass sie nicht mehr weit vom Ziel ihrer Reise entfernt sein konnte.
Rasch lief sie durch den Tunnel. An einer Stelle bemerkte sie Licht, das durch Risse in der Wand fiel – eine Öffnung.
Innerhalb weniger Sekunden war sie dort, stieß Felsbrocken und Erde beiseite. In kurzer Zeit schuf sie ein Loch, groß genug, um sie passieren zu lassen. Sie kroch nach draußen…
… und Sonnenlicht gleißte ihr entgegen.
Völlig ungewohnte Helligkeit blendete sie, brannte in den Augen. Aus einem Reflex heraus senkte sie die Lider, doch dann hob sie sie wieder, ganz vorsichtig. Kes wollte unbedingt feststellen, wie die Oberfläche aussah.
Vor ihr erstreckte sich eine große Ebene, ein rötliches Ödland. In der Ferne ragten einige Felsen empor. Allmählich gewöhnten sich ihre Augen an die Helligkeit und daraufhin hob sie die Lider noch etwas mehr, um die gewaltigen
Ausmaße dieses Ortes zu bestaunen. Nie zuvor in ihrem Leben hatte ihr Blick über eine so große Distanz gereicht. Über ihr erstreckte sich nicht das Felsgestein einer Höhle, sondern weites Blau, »Himmel« genannt. Und an diesem Himmel hing die Sonne, strahlte viel zu hell, als dass sie sie direkt hätte betrachten können. Ein weiteres Wunder kam hinzu: helle Blitze, die über den Himmel rasten, auf einen fernen
Berggipfel zu – die Energietransporter des Beschützers.
Während der fast zwölf Monate ihres Lebens hatte Kes das von ihnen verursachte dumpfe Pochen gehört, stetig und
beruhigend.
Sie sah
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