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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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ich dich etwas frage, so antwortest du mit ›Ja, Maje‹.
    Etwas anderes will ich nicht von dir hören, verstanden?«
    »Ja, Maje«, flüsterte Kes. Es fiel ihr schwer, diese beiden Worte zu formulieren, während sie nach wie vor gegen die Schmerzen in Ohr und Schienbein ankämpfte. Sie wurde jäh auf die Beine gerissen und bemühte sich, nicht wieder zu Boden zu sinken.
    »Schon besser. Du bist ein hübsches kleines Ding und ich möchte dein Gesicht nicht entstellen. Wenn du dich benimmst, kommen wir gut miteinander zurecht, glaubst du nicht?«
    Er bedachte sie mit einem durchdringenden Blick und Kes wusste, worauf er wartete. »Ja, Maje«, sagte sie heiser.
    Jabin strahlte. »Sehr gut. Ausgezeichnet. Bring mir etwas Brot vom Tisch und anschließend führen wir ein nettes, langes Gespräch. Ich möchte alles über dich wissen; vor allem geht es mir dabei um eine Antwort auf die Frage, wie du die
    Oberfläche erreicht hast. Du, meine kleine Ocampa, wirst uns die Möglichkeit geben, das Wasser zurückzubekommen, das uns gehört.«
    Voller Entsetzen ging Kes zum Tisch und wünschte sich zum ersten Mal in ihrem Leben, dass sie auf die anderen Ocampa gehört hätte, anstatt ihrer Abenteuerlust nachzugeben.
    Drei Wochen später erinnerte sich Kes kaum mehr an ihr Leben im Innern des Planeten. Nur das Jetzt zählte, das Elend der Gegenwart. Sie verbrachte lange Tage damit, auf Jabin zu warten und Mahlzeiten für ihn zuzubereiten, die er innerhalb weniger Minuten und mit einem eklatanten Mangel an guten Manieren verschlang, was ihr den eigenen Appetit verdarb.
    Wenn sie nicht damit beschäftigt war, seine Wünsche zu erfüllen, ließ er sie Cormalinbrocken zuschlagen – eine grässliche Arbeit. Die Splitter schufen winzige Schnittwunden in der Hand und es dauerte eine Ewigkeit, bis sie heilten. Jabin erklärte nie den Zweck dieser Tätigkeit und Kes ahnte, dass es ihm nur darum ging, sie beschäftigt zu halten.
    Des Nachts, wenn sie endlich zu einer schlichten Matte in einem Nebengebäude kriechen und einige Stunden schlafen durfte, versuchte sie manchmal, sich an ihre Eltern zu erinnern.
    Doch die Bilder von Vater und Mutter blieben vage, so als existierten sie nur in ihren Träumen.
    Sie konnte nicht mehr weinen. Zuerst hatte sie ständig geschluchzt, doch dann schlug Jabin sie heftig, und schließlich wagte sie es nicht mehr, Tränen zu vergießen. Ihr Selbst schien zwischen Leben und Tod gefangen zu sein. Tagsüber bewegte sie sich ganz mechanisch und versuchte, auf keinen Fall Jabins Jähzorn zu wecken.
    Nur ein Triumph blieb ihr und verzweifelt klammerte sie sich daran fest. Um nichts in der Welt wollte sie ihn preisgeben, denn er hatte sie zu viele Schmerzen gekostet.
    Sie hatte Jabin nicht den Ort gezeigt, an dem sie zur Oberfläche gelangt war.
    Kes entsann sich daran, von Jabin dorthin gebracht worden zu sein, wo seine Männer sie gefunden hatten. Bei jener Gelegenheit kletterte sie über einzelne Ansammlungen von Felsen hinweg und meinte, sie könnte den Tunnelzugang nicht finden, weil alles gleich für sie aussah. Glücklicherweise war sie geistesgegenwärtig genug gewesen, ihn unmittelbar nach ihrer Ankunft an der Oberfläche zu tarnen.
    Jabin nahm seine Enttäuschung zum Anlass, sie erneut zu schlagen, aber Kes behauptete trotzdem, den Tunnel nicht finden zu können. Die Männer des Maje suchten überall, ohne etwas zu entdecken. Einmal dachte Kes an die Möglichkeit, dass er vielleicht gar nicht existierte, dass die vagen Erinnerungen an die Vergangenheit tatsächlich einem Traum entsprangen und sie schon immer in diesem Elend gelebt hatte.
    Schließlich gab Jabin die Suche auf. Kes bekam für den Rest des Tages weder etwas zu essen noch zu trinken.
    Sie war ständig durstig. Wasser wurde in kleinen Tassen ausgegeben und sie musste warten, bis alle anderen getrunken hatten. Wenn sie an die Reihe kam, waren manchmal nur noch wenige Tropfen übrig. Sie versuchte, sich an die rauschenden Wasserfälle am Rand der Stadt zu erinnern, als genügten solche Vorstellungsbilder, um ihren Durst zu stillen. Aber auch jene Reminiszenzen erschienen ihr irgendwie unwirklich.
    Die schlimmsten Zeiten erlebte Kes, wenn Jabin Gannit trank, ein starkes, schrecklich riechendes Getränk, das er zum Glück nicht sehr oft genoss, weil es ihm die Kehle ausdörrte und einen Durst schuf, der sich mit den begrenzten Rationen nicht löschen ließ. Es wäre besser gewesen, wenn er ganz darauf verzichtet hätte, aber dazu schien er nicht

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