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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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Mutter beanspruchen durfte. Etwas an ihr strahlte Autorität aus.
    Tuvok richtete einen neugierigen Blick auf sie und erweiterte sein Selbst, um ihre Gedanken zu berühren, traf jedoch auf einen mentalen Schild. »Nein, Tuvok«, hörte er die gedankliche Stimme seiner Mutter. »Ich gebe dir jetzt keine Auskunft. Zieh dich an und komm zum Tisch. Dort werden deine Fragen beantwortet.«
    Er nickte, während seine Verwunderung zunahm. Seine
    Mutter verhielt sich auf eine sehr seltsame Weise. Welche Bedeutung verbarg sich hinter ihrem ungewöhnlichen
    Gebaren? Tuvok dachte über verschiedene Möglichkeiten nach und verwarf sie sofort wieder. Über zwanzig Jahre hinweg hatte er Erfahrungen mit seiner Mutter sammeln können, ohne auf so etwas vorbereitet zu sein.
    Er badete und kleidete sich rasch an. Als er kurze Zeit später das Erdgeschoss des Hauses aufsuchte, ließ Vulkans primäre Sonne – die anderen beiden Sonnen, ein weißer und ein roter Zwerg, umkreisten sie wie funkelnde Edelsteine – die Wüste rot erglühen. Ihr Licht erhellte die Zimmer des Gebäudes.
    Tuvoks Mutter saß am Tisch, ebenso sein Vater Sunak, was fast ebenso erstaunlich war wie der Beginn dieses Tages.
    Normalerweise befand sich sein Vater um diese Zeit im Tempel und meditierte. In einem Jahr würde Tuvok ihn
    begleiten können, wenn er die Prüfungen des Mannesalters hinter sich hatte und mit den Erwachsenen das Sanktuarium des Tempels aufsuchen durfte.
    Seine Mutter deutete auf einen Stuhl und Tuvok nahm Platz, legte die Hände auf den polierten Marmor des Tisches. Es handelte sich um einen seltenen, von grünen Adern
    durchzogenen Stein, der auf Vulkan sehr geschätzt wurde – ein Erbstück, das sich seit mindestens elf Generationen im Besitz der Familie befand. Er vermittelte ein Gefühl von kühler, unnachgiebiger Präzision, was Tuvok immer als sehr
    angenehm empfunden hatte. Er erinnerte sich daran, ihn als kleines Kind mit den Fingerkuppen berührt zu haben. Der Stein fühlte sich immer genau gleich an und seine
    Unveränderlichkeit wirkte beruhigend.
    Als er den Marmor nun unter den Händen spürte, wich die Verwirrung allmählich aus ihm. Der Stein war so beschaffen wie immer, bot ihm dadurch inneren Halt.
    »Guten Morgen, Tuvok«, sagte sein Vater mit einer sanften Stimme, die Trost gewährte. Sunak war kein typischer
    Vulkanier, obgleich diese Erkenntnis erst viel später in Tuvok heranreifte. Zum damaligen Zeitpunkt wusste er nur: Die Präsenz seines Vaters vertrieb den Rest von Unruhe aus ihm.
    Er war froh, dass sich Sunak an diesem Morgen nicht im Tempel befand, sondern am Tisch saß.
    Tuvok blickte zu seiner Mutter und ein eigenartiges
    Empfinden regte sich in ihm. Wie konnte man es beschreiben?
    Vielleicht als einen Mangel an Ausgeglichenheit, als vages Unbehagen. Sonderbarerweise manifestierte es sich in seiner Magengrube, in Form eines sehr unangenehmen Prickelns. Er beschloss, das Gefühl später in seinem Tagebuch zu notieren, um es zu objektivieren und zu kontrollieren.
    Derzeit gab es keine Kontrolle. Das Empfinden verharrte in seiner Magengrube, vergleichbar mit einem Fischschwarm, der hierhin und dorthin glitt.
    Er hoffte, dass seine Mutter nicht weiterhin im förmlichen Ton zu ihm sprach.
    »Deine erste Ausbildung geht in vier Monaten zu Ende«, sagte T’Meni ohne Einleitung. Tuvok nickte – seine Mutter brachte Offensichtliches zum Ausdruck. Sie zögerte kurz, fügte dann mit fester Stimme hinzu: »Anschließend wirst du Vulkan verlassen.«
    Der Fischschwarm in Tuvoks Bauch schien plötzlich in einen Strudel zu geraten. Er sollte Vulkan verlassen? So etwas lag nicht in seiner Absicht, war bisher nie erwähnt worden.
    Er sah zu seinem Vater und versuchte, Sunaks Miene zu deuten. Was zeigte sie? Mitgefühl? Schmerz? Nichts davon ergab einen Sinn. Er atmete tief durch und wandte sich wieder an seine Mutter, deren Blick ihn festzuhalten schien.
    »Könntest du das bitte erklären, Mutter?«, fragte er so ruhig wie möglich. »Ich habe nicht in Erwägung gezogen, Vulkan zu verlassen.«
    In den Augen seiner Mutter flackerte etwas, das er dort nie zuvor gesehen hatte, und nach einem Sekundenbruchteil war es wieder verschwunden. »Du hast einen Platz an der Starfleet-Akademie bekommen, auf Terra«, sagte sie.
    Tuvok presste die Finger ganz fest an den kühlen Marmor, der natürlich nicht nachgab – es existierte noch Stabilität im Universum. Die Fische in seinem Bauch tanzten umher,
    stießen gegeneinander, prallten

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