Schicksalspfade
fortsetzen, der die Dinge nur aus einem Blickwinkel sah? Verbittert und müde schüttelte er den Kopf. »Na schön. Ich gebe dir
Bescheid, sobald ich es erkannt habe.«
»Das wirst du.« Kolopaks Stimme war noch immer so ruhig wie eine vom Mondschein erhellte Nacht, in der frisch gefallener Schnee alle Geräusche dämpfte. Nichts in ihr deutete auf Ärger, Enttäuschung oder Verurteilung hin. Das ärgerte Chakotay, denn dadurch bekam das Feuer des Zorns in ihm keinen neuen Brennstoff.
»Gute Nacht, Vater. Morgen breche ich auf. Es wird Zeit, in die reale Welt zurückzukehren.«
Kolopak nickte und sein Sohn stapfte fort. In Gedanken stritt Chakotay auch weiterhin – mit einem aggressiveren Vater, der ihm mehr Genugtuung gewährte, weil er sich schließlich geschlagen gab.
Als er am nächsten Morgen bereit war, Trebus zu verlassen, ließ sich sein Vater nicht blicken. Seine Mutter stand vor ihm, sah ihn ernst und traurig an. »Dein Vater ist im Wald«, sagte sie. »Er hielt es für besser, nicht zu versuchen, sich von dir zu verabschieden.«
Schuldgefühle regten sich in Chakotay, aber er verdrängte sie sofort. »Bitte sag ihm, dass ich nach ihm gefragt habe.«
Chakotays Mutter nickte und hob beide Hände zu seinem Gesicht. »Niemand kann deinen Weg für dich finden oder Steine forträumen, bevor du ihn beschreitest. Du musst deinen Weg selbst finden. Aber wir sind hier, um dir zu helfen, wenn du uns brauchst.«
Seine Augen brannten kurz und er blinzelte, um das Gefühl zu vertreiben. »Ich wollte euch nicht wehtun…«, begann er, aber seine Mutter hielt ihm den Mund zu.
»Du schuldest uns keine Erklärung«, sagte sie sanft. »Liebe erfordert keine.«
Chakotay nickte und klopfte auf seinen
Insignienkommunikator. »Energie«, sagte er, damit ihn das im Orbit wartende Raumschiff an Bord beamte. Die Heimatwelt löste sich vor seinen Augen auf. Er sah sie nicht zum letzten Mal, aber er wollte sie auf diese Weise in Erinnerung behalten.
Es sollte noch Jahre dauern, bis Cardassia und die Föderation eine offizielle Vereinbarung in Hinsicht auf den umstrittenen Bereich zwischen ihren stellaren Territorien trafen. Das fragwürdige Ergebnis bestand aus einer entmilitarisierten Zone, die weder der einen noch der anderen Macht gehörte und idealerweise unbewohnt gewesen wäre. Doch in jener Zone gab es Welten, die bereits besiedelt worden waren, vor allem von selbstständigen, hartnäckigen Personen, die ihre neue Heimat nicht aufgeben wollten. Zu diesen Leuten gehörte auch Chakotays Volk, das jahrelang nach einem geeigneten Planeten gesucht hatte, mit dem es in spiritueller Hinsicht eins werden konnte.
Diese Kolonisten beschlossen, auf ihren Welten zu bleiben, obgleich die Föderation sie zur Umsiedlung drängte und Starfleet darauf hinwies, keinen Schutz vor Angriffen gewähren zu können. Die Bewohner der Kolonien und
Außenposten in der entmilitarisierten Zone antworteten – mit einer Stimme –, dass sie trotz allem bleiben wollten.
Chakotay, inzwischen Lieutenant Commander an Bord der Gettysburg, fand sich in einer ungewohnten Situation wieder: Er verteidigte das Verhalten seines Volkes. Er diente unter dem Kommando von Madolyn Gordon, einer tatkräftigen,
fröhlichen Frau, deren gutmütiges Wesen über ihre Zähigkeit und außerordentlich hohe Intelligenz hinwegtäuschte. Sie hatte lockiges braunes Haar, das immer wieder wogte, weil sie ihren Worten mit ruckartigen Kopfbewegungen Nachdruck verlieh.
Chakotay und Captain Gordon verbrachten viele Stunden damit, über alle möglichen Themen zu diskutieren, und zu den neuesten zählte die Vereinbarung mit den Cardassianern.
»Es sind zu große Zugeständnisse«, sagte Chakotay, als sie im Bereitschaftsraum des Captains Kaffee tranken. »Die Föderation sollte nicht gezwungen sein, ihre eigenen
Kolonisten aufzugeben.«
»Die Kolonisten bekamen die Gelegenheit umzusiedeln.
Starfleet hätte sie zu anderen Planeten gebracht, die praktisch identisch mit den Welten sind, auf denen sie sich
niederließen.«
»Das ist leicht gesagt, wenn es sich nicht um die eigene Heimatwelt handelt. Die Siedler haben Arbeit und Mühe in ihre Kolonien investiert. Mein Volk hat in einem aufwendigen Vorgang seine spirituelle Affinität mit dem Planeten geprüft, den es schließlich besiedelte. Bürokraten fällt es leicht, von einer Umsiedlung auf ›identische‹ Welten zu sprechen, aber in Wirklichkeit bedeutet es eine enorme Veränderung für die Kolonisten.«
»Ihr Volk
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