Schicksalspfade
ist eventuellen cardassianischen Angriffen völlig hilflos ausgeliefert. Beunruhigt Sie das nicht?«
»Natürlich bin ich besorgt. Deshalb halte ich das Konzept einer entmilitarisierten Zone grundsätzlich für falsch. Die Cardassianer werden sich nicht an die Vereinbarung halten –
bestimmt stoßen sie nach dem Abzug von Starfleet sofort in den entsprechenden Raumbereich vor und versuchen, unsere Siedler zu vertreiben. Es wäre viel besser gewesen, eine klare Grenze festzulegen und anschließend alle notwendigen
Maßnahmen zu ergreifen, um unser Territorium und seine Bewohner zu verteidigen.«
»Vielleicht sind Sie unfair den Cardassianern gegenüber.
Bisher haben sie Wort gehalten. Der Planet, zu dem wir unterwegs sind – Bajor – war über fünfzig Jahre lang von ihnen besetzt.« Gordons Locken tanzten, als sie voller Nachdruck nickte. »Die Cardassianer haben ihn verlassen und den Bajoranern ihre Autonomie zurückgegeben.«
»Nach der Zerstörung ihrer Kultur und Infrastruktur.
Und nach der Dezimierung der bajoranischen Bevölkerung.«
»Wie dem auch sei: Jetzt sind sie fort und auf Bajor hat der Wiederaufbau begonnen.«
»Ich bin sicher, dass wir die entmilitarisierte Zone alle noch bedauern werden, Captain. Sie ist ein Beispiel für schlechte Politik und eine miserable militärische Taktik. Denken Sie daran, dass Sie diese Worte hier und heute gehört haben, von mir.« Chakotay lächelte und Gordon erwiderte das Lächeln, mit funkelnden grauen Augen. Sie brachten einander echte Zuneigung entgegen und führten ihre verbalen Duelle vor allem als intellektuelle Unterhaltung. Oft wechselten sie dabei zum Spaß die Seiten.
Als Chakotay nach Bajor kam, verhärteten sich seine
Gefühle. Während des Krieges war er Zeuge grässlicher Gräueltaten geworden und jene Erlebnisse hatten ihm sicher Schaden zugefügt, aber er glaubte, sich inzwischen davon erholt zu haben. Bajor zu besuchen… Er verglich es damit, eine alte Kruste von der Haut zu kratzen und festzustellen, dass die Wunde darunter nie richtig verheilt war.
Die Cardassianer hatten eine Politik der verbrannten Erde verfolgt, bevor sie abgezogen waren. Nur noch Ruinen
erinnerten an einst schöne, einladende Städte. Wohnhäuser waren verheert, öffentliche Gebäude dem Erdboden
gleichgemacht und Tempel niedergebrannt. Den Cardassianern gereichte all dies nicht zum Vorteil. Sie hätten ebenso gut ihre Sachen packen und die Städte intakt lassen können. Stattdessen verwüsteten sie alles.
Spelunken schienen sich immer mehr auf Bajor auszubreiten und gute Geschäfte zu machen. Sie waren ursprünglich von den Cardassianern eingerichtet worden und erfreuten sich immer größerer Beliebtheit bei den Bajoranern, die den Schrecken ihrer Existenz entkommen wollten. Nach einer deprimierenden Tour über den einst schönen Planeten suchte Chakotay nach der gleichen Linderung. Er betrat einen dunklen, sonderbar geschmückten Raum, verziert mit
Girlanden und Transparenten, die verblasste Eleganz zeigten.
Sie hoben Chakotays Stimmung nicht, sondern drückten sie noch mehr. Er ging zur Theke und bestellte Bier.
Der Barkeeper stellte ein Glas auf den Tresen und eine dunkle, beschlagene Flasche daneben. Sie wirkte wundervoll kalt und Chakotay hob sie an die Wange, bevor er sie öffnete und das Glas füllte. Der erste Schluck war der erste angenehme Moment dieses Tages. Das Bier schmeckte köstlich, war stark und ein wenig süß, hinterließ aber einen herben
Nachgeschmack. Chakotay hatte nie viel getrunken; sein Volk ächtete den Alkohol, aber jetzt war er froh, sich nicht an jenes Verbot gehalten zu haben. Auf dieses Erlebnis hätte er kaum verzichten wollen: ein so gutes Bier am Ende eines so schlechten Tages.
Die Flasche war halb leer, als er eine Bewegung an seiner Seite spürte. Bevor er den Kopf drehen konnte, hörte er eine seidene Stimme ganz dicht am Ohr, so kühl wie ein
Gebirgsbach. »Hallo, Chakotay. Es ist eine Weile her.«
Er erkannte die Stimme sofort, drehte sich um und sah, dass Sweta neben ihm saß, die Eisfrau aus Russland. Sie wirkte noch immer unirdisch und fern, gelassen und zuversichtlich.
Chakotay spürte, wie sein Herz schneller schlug.
»Sweta!«, brachte er hervor. »Was… warum bist du… Ich kann nicht glauben, dass du hier bist!«
Sie lächelte ruhig und legte ihm eine zierliche Hand auf den Arm. »Ich bin hier, weil du hier bist«, sagte sie und scheuchte den Barkeeper davon, der sich mit einem fragenden Blick genähert
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