Schicksalspfade
wehte durchs Fenster herein, als sich draußen in der Nacht der für San Francisco typische Nebel verdichtete. B’Elanna war wieder ruhig und frei von Benommenheit. Sie begriff, dass sie im Schlaf eine Entscheidung getroffen hatte, und dadurch war die Bürde des Kummers von ihr gewichen.
Sie wollte die Akademie verlassen. Sie würde fortgehen, einen weit entfernten Raumsektor aufsuchen, vielleicht sogar einen anderen Quadranten – einen Ort, an dem ihr Vater sie nicht finden konnte.
»Energie! Mehr Energie! Was machen Sie da unten? Ich
brauche mehr Energie!«
B’Elanna seufzte, strich sich das Haar aus den Augen und hinterließ einen Fleck auf den Stirnhöckern. Es war
unerträglich heiß im Maschinenraum. Die Kleidung klebte an ihrem schweißnassen Leib. »Ich gebe mir alle Mühe, Mesler.
Es nützt nichts, mich anzuschreien.«
Die Stimme des Bolianers tönte schrill und blechern aus dem Kom-Lautsprecher. »Ich muss einen Termin einhalten! Unsere Fracht muss den Bestimmungsort bis siebzehn Uhr erreicht haben! Wir schaffen es nicht, wenn wir weiterhin so langsam sind!«
Mesler bereitete B’Elanna Kopfschmerzen. »Wenn Sie das Triebwerk so gewartet hätten, wie es sich gehört, wären wir jetzt nicht in Schwierigkeiten. Ich kann keine Wunder vollbringen.«
»Klingonische Närrin! Sie haben behauptet, eine Technikerin zu sein. Man hat mich hereingelegt!«
Ärger verwandelte sich in Zorn. B’Elanna verließ den
Maschinenraum des bolianischen Frachters, kletterte vier Leitern hoch und erreichte die kleine Brücke. Daraus bestand das Schiff: aus Brücke, Maschinenraum und vier Frachtdecks.
Außer B’Elanna und dem Piloten Mesler befanden sich keine anderen Besatzungsmitglieder an Bord, ein Umstand, den sie begrüßte. Noch lieber wäre es ihr gewesen, das einzige Crewmitglied eines Schiffes zu sein und sich ganz den technischen Systemen widmen zu können.
Sie platzte in den Kontrollraum und stellte zufrieden fest, dass der dickliche, blauhäutige Bolianer erschrocken
zusammenzuckte, als er sie sah. B’Elanna näherte sich mit erhobenen Fäusten und daraufhin wuchs Meslers Besorgnis.
Sein Gesicht gewann einen grünlichen Ton, als er zu ihr aufsah. »Bleiben Sie ganz ruhig, Torres…«, begann er, aber B’Elanna ließ ihn nicht zu Wort kommen.
»Fühlen Sie das?« Sie griff nach dem Nacken des Bolianers und übte mit den Fingern Druck auf die Seiten des Halses aus.
»Das sind Druckpunkte. Merken Sie, wie sich Ihr Mund
öffnet? Ich könnte jetzt hineingreifen, ihre dicke Zunge herausziehen und sie verspeisen. Und genau das werde ich tun, wenn Sie meine Abstammung noch einmal verspotten.«
»Schon gut, schon gut«, krächzte Mesler. Er wand sich hin und her. »Aber sorgen Sie dafür, dass der Warpantrieb mit maximaler Leistung arbeitet. Wir können es uns nicht leisten, noch mehr Zeit zu verlieren.«
B’Elanna ließ die Hand sinken und drehte sich abrupt um.
»Sie bekommen maximales Warppotenzial, wenn es soweit ist«, knurrte sie und kehrte in den Maschinenraum zurück.
Alter und Abnutzung des Warptriebwerks stellten ein Problem dar. B’Elanna brauchte ihre ganze technische Kreativität, um den Frachter auch weiterhin auf Kurs zu halten. Sie wusste nicht genau, wie sie die Plasmainjektoren rekonfigurieren sollte, um das Warppotenzial des Schiffes wiederherzustellen.
Eine vage Idee formte sich hinter ihrer Stirn, gewann immer mehr Konturen und Details – bis B’Elanna sie hin und her drehen, auf Schwachstellen überprüfen konnte.
Der Zyklus, in dem sich die Injektoren öffneten und
schlossen, ließ sich variieren, von fünfundzwanzig bis fünfzig Nanosekunden. Jedes Feuern eines Injektors schickte einen Energieschub zur betreffenden Warpspule; die Energie wurde dann umgewandelt und dem Warpfeld hinzugefügt. Bei den Warpfaktoren eins bis vier feuerten die Injektoren mit niedrigen Frequenzen, zwischen dreißig und vierzig Hz, und blieben nur für kurze Zeit geöffnet. Wenn B’Elanna nicht versuchte, die ganze Zyklus-Bandbreite wiederherzustellen, wenn sie sich mit niedrigen Feuerungsfrequenzen begnügte…
Dann konnte der Frachter wenigstens mit Warp vier fliegen.
Damit musste sich Mesler zufrieden geben.
B’Elanna wollte gerade die letzten Modulationen an den Injektoren vornehmen, als ein gedämpfter Schrei aus dem Kom-Lautsprecher drang und sie abrupt den Kopf heben ließ.
Plötzlich geriet die Luft im heißen Maschinenraum in
Bewegung und ein Mann materialisierte.
Ein
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