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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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hervor.
    »Wer bist du?«
    Wie schnell ihn doch die unschuldige Frage eines Kindes in Verlegenheit bringen konnte! Zum Glück sprang Marieke ihm bei.
    »Das ist der Herr Erik. Und du solltest nicht so neugierig sein, das ziemt sich nicht.«
    »Aber meine Pferde kann ich ihm zeigen, oder?« Ohne die Antwort abzuwarten, verschwand der Junge wieder unter dem Tisch und kam mit drei kunstvoll geschnitzten Holzpferdchen zurück.
    »Die hat mir mein Papa geschenkt«, sagte er stolz und stellte die Figuren auf den Tisch. Einen Rappen, einen Braunen und einen Schimmel.
    »Hast du schon mal so schöne Pferde gesehen?«
    »Nein, so schöne habe ich noch nie gesehen.«
    »Wart mal, ich habe auch Reiter dafür.« Hans kroch wieder unter den Tisch und holte drei bemalte Gliederpuppen hervor, die wie Ritter aussahen.
    »Guck mal, Erik, die haben alle ein Wappen.« Der Junge hielt sie ihm vor die Nase. »Der ist aus Lübeck, der ist aus Hamburg, und den da … das vergess ich immer, das ist so’n komischer Name.«
    Eine stilisierte Burg mit einem Turm, die über Wellen stand.
    »Vordingborg«, entfuhr es ihm, noch ehe er nachgedacht hatte.
    »Ja, genau, Vordings … burg«, jubelte Hans. »Das ist einer von den Dänen, deshalb ist er auch der schwarze Ritter.«
    »Hans, jetzt ist gut«, mischte sich Marieke ein. »Du hast deine Pferdchen gezeigt, nu spiel mal schön wieder allein.«
    Er hörte kaum, wie Hans quengelte und Marieke unerbittlich blieb. Irgendetwas an diesem Wappen war ihm so unendlich vertraut vorgekommen, doch wieder gelang es ihm nicht, das Bild zu fassen.

3. Kapitel
    B rida war froh, dass der Besuch bei Anna nicht zu lange gedauert hatte. Die Zeiten, da Claas’ Frau sich auf den neuesten Klatsch gefreut hatte, waren vorbei. Ganz gleich, was Brida auch erzählte, Anna hatte Mühe, ihr zu folgen. Mehr als einmal fielen der Kranken die Lider zu. Nicht aus Langeweile, sondern vor Schwäche. Nichts erinnerte an die tatkräftige Frau, die den großen Haushalt und die Bücher mit dem Geschick eines Handelsherrn geführt hatte. Ihr Gesicht war schmal geworden, bleicher als das Laken, auf dem sie ruhte, mit eingefallenen Augen, aus denen schon der Tod leuchtete. Brida hasste dieses Siechtum, aus dem es keine Rückkehr gab. Das langsame Sterben, das den Tod nur hinauszögerte, der als Feind oder als Erlöser kommen mochte. Sie sehnte sich nach der Ruhe ihres eigenen Heims, nach einem Becher warmer Milch mit Honig, fernab der Verzweiflung, die sie in Claas’ Haus verspürte. Kein Wunder, dass der Stadtrat in den letzten Tagen so gealtert war.
    »… nein, der ist der Schnellere«, hörte sie Hans’ helle Kinderstimme, als sie das Haus betrat. »Der Weiße ist immer schneller.«
    »Aber jetzt ist Nacht, und der Schwarze hat sich hier versteckt.« Das war Vaters Stimme. Brida lächelte. Sie wusste, wie gern ihr Vater den kleinen Hans mochte.
    »Ha, aber ihr habt nicht mit mir gerechnet!« Ein seltsames Klappern ging über den Tisch. »Jetzt schlagen wir den schwarzen Ritter!« Brida zuckte zusammen. Das war doch Eriks Stimme!
    Marieke kam ihr entgegen und nahm ihr den Umhang ab.
    »Mannsvolk«, seufzte die Magd und verdrehte die Augen. »Hans hat zwei Spielgefährten gefunden.«
    »Vater und Erik?«
    Marieke nickte. »Der junge Herr wollte unbedingt aufstehen, und ich war so dumm, ihn in die Küche zu bitten. Seither hat Hans ihn in Beschlag genommen. Und als der Herr Käpt’n kam, hat er gleich mitgemacht.«
    So war ihr Vater. Er liebte Kinder und begegnete ihnen mit der gleichen Zuneigung, die er ihr schon immer geschenkt hatte.
    Dass Erik ihm darin ähnlich war, erfüllte Brida mit einer unerklärlichen Freude.
    »Und ich muss drunter leiden.« Marieke seufzte. »Seit einer Stunde höre ich mir Geschichten von Raubrittern und Helden an, die mit ihren Holzpferden über den Tisch galoppieren.«
    »Du weißt, dass Vater den Kleinen liebt.«
    »Ich weiß. Alte Männer werden wieder wie Kinder. Aber der Erik ist ja nun weiß Gott nicht alt. So ’n hübscher junger Kerl, und dann spielt er wie ein Kind, anstatt dahin zu schauen, wohin ein ordentliches Mannsbild schauen sollte.«
    Brida lachte. »Das spricht doch eher für ihn, dass er sich auch mit den Früchten derartiger Blicke zu beschäftigen weiß.«
    »Aber Fräulein Brida!«, kam es empört aus Mariekes Mund. »An solche Dinge habe ich nun wirklich nicht gedacht.«
    »An die Früchte?« Brida zwinkerte ihrer Magd zu und ging in die Küche.
    Ihr Vater hob den

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