Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)
mit der Luft. Aber so, als wäre er nicht allein. Als ich kam, schwieg er sofort, als sei es ihm unangenehm, bei seinem Selbstgespräch ertappt zu werden.«
»Und du bist sicher, dass da nicht doch irgendjemand war?«
Magnus schüttelte entschieden den Kopf. »Ganz sicher war er allein.«
»Nein, verrückt war er nie.« Bridas Vater runzelte die Stirn. »Das hätt ich merken müssen. Obwohl, seit die Anna so schwer krank war, da war er manchmal schon recht in sich gekehrt. Aber seine Pflichten hat er immer erfüllt.«
Simon erinnerte sich an die Art, wie Claas ihn, Kalle und Hauptmann Willem übertölpelt hatte und geflohen war. Das sprach nicht für einen Mann, der den Verstand verloren hat. Andererseits hatte Magnus keinen Grund zu lügen. Je länger Simon darüber nachdachte, umso zwielichtiger erschien ihm der Stadtrat. Er selbst hatte ihm vertraut, hatte geglaubt, Claas wolle ihm wirklich helfen. Und dabei hatte der ihm längst einen Mordbuben auf den Hals gehetzt.
»Wir werden das wohl kaum klären können«, sagte Jannick in seiner ruhigen Art. »Viel wichtiger ist die Ergreifung der dänischen Spione. Magnus, du stehst zu deinem Wort?«
»Das habe ich dir versprochen. Ihr fasst die beiden, und ich überbringe die Botschaft erst morgen Abend. Mehr kann ich nicht tun, ohne unglaubwürdig zu werden. Sven meinte zwar, es dauere drei Tage, die Flotte gefechtsklar zu machen, aber ich trau ihm nicht. Ich habe die Schiffe gesehen. Rechnet mit einem schnellen Angriff. Ich glaube nicht, dass ihr mehr als einen Tag habt, nachdem ich meine Meldung gemacht habe.«
Jannick wandte sich an Simon.
»Braucht ihr noch Unterstützung, oder werdet ihr allein mit den beiden Spionen fertig?«
»Wir schaffen das zu zweit«, antwortete Simon. »Je mehr Mitwisser es gibt, umso schwerer wird es für Magnus, unerkannt zu entkommen.«
Jannick nickte, aber Simon bemerkte die schmale Sorgenfalte zwischen den Brauen seines Bruders. Ob er Magnus misstraute? Simon wurde erneut unsicher. Sein eigenes Misstrauen war inzwischen deutlich in den Hintergrund getreten. Magnus war zu offen gewesen. Und zu ehrlich. Er war schon immer ein schlechter Lügner gewesen, aber Simon hatte ihn zuletzt vor vier Jahren gesehen. Da war er fast noch ein Kind gewesen. In der Zwischenzeit konnte viel geschehen sein.
»Krieg ich mein Messer wieder?«, fragte Magnus.
Simon zuckte innerlich zusammen.
»Warum?«
»Weil es Sven auffällt, wenn ich plötzlich unbewaffnet vor ihm stehe. Oder hast du Angst, ich könnte dir die Kehle durchschneiden?«
»Das würdste wohl nicht überleben, Jung«, antwortete Kalle. »Ich hab noch nie jemanden gesehen, der so geschickt mit’m Messer ist wie Simon.«
»Dann spricht ja nichts dagegen, oder?« Magnus blickte Simon herausfordernd an.
»Nein«, antwortete Simon. »Es ist noch auf der Elisabeth . Aber da kommen wir ohnehin vorbei.«
»Vielleicht wäre es besser, ihr brecht sofort auf«, schlug Jannick vor. »Dann habt ihr noch Zeit, euch einen Eindruck von der Umgebung zu verschaffen. In der Dunkelheit kann das von Vorteil sein.«
Es war der gleiche Platz, an dem sie Magnus in der vergangenen Nacht überwältigt hatten. Ganz in der Nähe lag noch etwas trockenes Holz, das Magnus aufschichtete und entzündete. Kalle und Simon hielten sich im Hintergrund. Obwohl Kalle nichts weiter gesagt hatte, spürte Simon die Anspannung des Schmugglers beinahe körperlich.
»Was, wenn er uns betrügt?«, raunte Kalle ihm zu.
»Das glaube ich nicht«, entgegnete Simon. Irgendetwas hatte sich verändert, aber er konnte es selbst nicht benennen. War es in Hinrichs Haus gewesen, als Magnus gleichberechtigt bei ihnen gesessen hatte? Oder war es schon davor geschehen? Gewiss, Magnus war noch immer wütend auf ihn, aber der tödliche Hass war geschwunden. Er war kein Feind mehr, sondern einfach nur ein zorniger junger Mann. Und er hatte Grund, zornig zu sein. Während Simon Magnus beobachtete, wie der das Feuer entfachte, fragte er sich, wie er selbst wohl gehandelt hätte, wenn Jannick durch das Verschulden eines Angehörigen in eine Lage wie Christian geraten wäre. Vermutlich hätte er seinen Hass nicht so schnell beherrschen können. Der junge Mann hatte wohl doch mehr von Christians Ruhe geerbt als vermutet.
Kurz nachdem das Feuer hell in den Nachthimmel loderte, waren Ruderschläge zu hören. Simon und Kalle versteckten sich an der Stelle, wo sie auch in der Nacht zuvor gelauert hatten. Magnus hockte sich auf den
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