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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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hast du verstanden?«
    Ein bestimmter Klang in Eriks Stimme brachte den Jungen zum Verstummen. Er war nicht eingeschüchtert, aber auf eine Weise betroffen, die Brida noch nie bei diesem lebhaften Kind gesehen hatte.
    In der Diele waren die Schritte und die Stimmen mehrerer Männer zu hören. Erik setzte Hans ab und erhob sich. Brida sah die Anspannung, die ihn ergriffen hatte. Er fürchtete, dass man ihn wieder einsperren würde. Aber da lag noch etwas anderes in seinem Blick. Entschlossenheit. Er würde gewiss nicht freiwillig mitgehen.
    Ihr Vater betrat die Küche, gefolgt von Claas und Willem, dem Hauptmann der Stadtwache. Erik stand stocksteif neben dem Tisch.
    »Marieke, geh doch mit Hans nach draußen«, sagte Hinrich. »Wir andern wollen uns ein bisschen unterhalten.« Dann setzte er sich an den Tisch und wies die Übrigen an, es ihm gleichzutun. Erik zögerte kurz, dann setzte er sich auch.
    »Das ist Hauptmann Willem von der Stadtwache«, stellte Hinrich Erik seinen Begleiter vor. Erik sagte noch immer kein Wort. Seine Hände ruhten unsichtbar unter dem Tisch.
    »Ihr wurdet angegriffen, wie ich hörte?«, fragte Willem.
    »Ja«, bestätigte Erik knapp.
    »Ich habe mir den Toten angesehen. Der ist nicht von hier. Kanntet Ihr ihn?«
    »Nein. Oder zumindest kann ich mich nicht an ihn erinnern.«
    Erik legte die Hände auf den Tisch. Zu Bridas Erleichterung waren sie vollkommen ruhig.
    »Könnte es sein, dass Ihr Feinde habt?«, fragte Claas weiter. »Hatte der Mann möglicherweise schon länger Händel mit Euch?«
    »Das ist nicht auszuschließen«, antwortete Erik. »Aber ich halte es für unwahrscheinlich.«
    »Warum?«
    »Ich weiß selbst nicht, wer ich bin. Wie hätte einer meiner Feinde wissen können, wo ich zu finden bin?«
    »Die Begründung ist nicht von der Hand zu weisen«, räumte Willem ein. »Was denkt Ihr, warum der Mann Euch töten wollte?«
    »Ich …« Eriks weitere Worte erstarben im Lärm auf der Diele.
    »Sodom und Gomorrha! Ich habe es gewusst!« Pfarrer Clemens stürzte in die Küche herein. »Hinrich, ich habe dich gewarnt! Dieser Mann bringt dir nichts als Unglück!«
    Brida sah, wie Eriks Körper sich erneut anspannte.
    »Willem, ich bestehe darauf, dass Ihr diesen Mann erneut in Gewahrsam nehmt. Er ist eine Gefahr für uns alle. Kaum gewährt man ihm die kleinste Gnade, da sticht er munter drauflos, wie es die Dänen zu tun pflegen. Hinrich kann die Verantwortung für ihn nicht länger tragen.«
    »Was ich tragen kann, hast du nicht zu entscheiden!« Hinrichs Stimme donnerte durch die Küche. Alle außer Brida zuckten zusammen. Es war lange her, dass jemand Vaters gerechten Zorn gespürt hatte. »Ich hab gesehen, was vorgefallen ist. Und Brida hat’s auch gesehen. Erik trifft keine Schuld. Er war mit Hans im Garten, als der Fremde kam und ihn aus heiterem Himmel angriff. Und Gott sei’s gedankt, dass Erik die Kraft hatte, den Meuchler zu hindern. Wer weiß, wen’s sonst noch getroffen hätte? Ich sah aus dem Fenster, als ich hörte, wie jemand nach mir fragte. Womöglich galt der Angriff gar nicht Erik allein, sondern uns allen. Es war Notwehr, sonst nichts.«
    »Das glaubst du doch wohl selbst nicht!« Auch der Pfarrer hatte die Stimme erhoben. »Dieser Mann belügt dich. Er hat seine Erinnerung gar nicht verloren. Das ist kein harmloser schiffbrüchiger Kaufmann! Er war der Einzige, der eine Verwundung hatte. Keiner der toten Seeleute war versehrt.«
    »Das bringt mich auf eine andere Frage«, sagte Willem. »Wie konntet Ihr den Mann daran hindern, Euch zu töten, Erik? Ihr wart doch nicht bewaffnet, oder?«
    »Ich richtete sein Messer gegen ihn selbst«, erwiderte Erik leise.
    »Wollt Ihr mir einmal zeigen, wie Ihr das gemacht habt?«
    »Wozu? Ihr habt doch Kapitän Hinrichs Worte gehört. Ich hatte keine Wahl.«
    »Ich wüsste es trotzdem gern. Zeigt Ihr es mir?«
    Erik atmete tief durch. Da war wieder dieser Blick, der Brida unmittelbar nach seiner Freilassung so erschüttert hatte. Er fühlte sich in die Enge getrieben. Dennoch stand er auf und nickte.
    »Dann lasst uns vor die Tür gehen«, schlug der Hauptmann vor.
    Brida musterte ihren Vater. Die tiefe Falte zwischen seinen Brauen verhieß nichts Gutes. Zumal Pfarrer Clemens auf einmal sehr zufrieden wirkte.
    Brida folgte den Männern nach draußen. Irgendwer hatte den Toten in der Zwischenzeit fortgeschafft.
    Willem zog sein Messer.
    »Nein«, wehrte Erik ab. »Nicht mit der scharfen Waffe.«
    »Habt Ihr Furcht, Euch

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