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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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halten können. Das war auch keine gewöhnliche Schlägerei wie unter Seeleuten gewesen. Trotz seines angeschlagenen Zustands hatte Erik die beiden Angreifer schnell und gezielt unschädlich gemacht. Wie ein Mann, der jahrelange Erfahrung im Kampf hat. Aber bis auf die frische Schwertwunde war sein Körper unversehrt. Keine einzige Narbe, die auf frühere Kämpfe und Verletzungen hinwies.
    »Die Adela läuft regelmäßig Lübeck an«, hörte sie ihren Vater sagen. »Ein Grund mehr für Euch, Cunard kennenzulernen.«
    Erik nickte stumm. Während Brida ihn so ansah, gewann sie immer mehr den Eindruck, dass sich irgendetwas verändert hatte. Er war nicht wirklich laut geworden, nur ungeduldig und gereizt. Bei den meisten Männern wäre es ihr vermutlich nicht einmal aufgefallen. Aber für Erik war dieses Verhalten ungewöhnlich. Seine ruhige, gelassene Art hatte ihr gefallen. Nun, vermutlich war es nicht anders zu erwarten, dass ein Mann nach drei Wochen in einer engen Zelle leicht reizbar war.
    Am nächsten Tag sah sie ihn erst am Vormittag. Er hatte lange geschlafen, und es war ihm sichtlich unangenehm, dass er erst so spät erwacht war.
    »Es tut mir leid«, versuchte er sich zu entschuldigen, als er in die Küche kam. »Ich muss erst wieder mein Gleichmaß finden.«
    »Ihr könnt so lange schlafen, wie Ihr wollt, niemand wird Euch einen Vorwurf machen«, entgegnete Brida.
    »Ihr seid sehr gütig.«
    »Und Ihr sprecht, als wären wir am königlichen Hof.« Brida lachte. »Ich bin also gütig. Wie das klingt!«
    »Na, dann setzt Euch mal«, sagte Marieke und stellte ihm trotz der fortgeschrittenen Stunde das Frühstück auf den Tisch. »Wahrscheinlich hat Euch das Sonnenlicht für Euer Gleichmaß gefehlt.«
    »Nein«, entgegnete Erik, während er Mariekes Aufforderung folgte. »Durch das Oberlicht fiel genügend Sonne herein. Aber die Wächter haben immer bis in die frühen Morgenstunden gewürfelt und gezecht, als wären sie in einer Wirtsstube. Ich bin meist erst eingeschlafen, wenn die morgendliche Ablösung kam.«
    »Na, das kann ich mir vorstellen. Faules Pack, ich hab’s geahnt«, wetterte Marieke. »Sitzen nur rum, würfeln, fressen und saufen.«
    »So ungefähr.« Erik grinste und schnitt sich eine Scheibe Brot ab. Immerhin, er konnte schon wieder darüber lachen. Vermutlich wäre er in einigen Tagen wieder ganz der Alte. Jedenfalls hoffte Brida dies inständig.
    Hans kam in die Küche gelaufen. Mit einer Miene, finster wie die Nacht. Brida sah, dass der Fünfjährige tapfer gegen die Tränen ankämpfte.
    »Was ist denn los?«, fragte sie ihn und beugte sich zu ihm hinunter.
    »Der Peter hat mich weggejagt.« Er wischte sich mit dem Handrücken übers Gesicht und hinterließ eine Schmutzspur.
    »Warum hat Peter dich weggejagt?« Brida griff nach einem sauberen Lappen und wischte ihm das Gesicht ab. Hans zog unwillig den Kopf weg.
    »Ich bin zu klein, sagt er. Dabei hat er versprochen, mir ’ne Weidenflöte zu schnitzen.«
    »Und dann hält er seine Versprechen nicht?«, hörte sie Erik fragen. »Das ist nicht ehrenhaft.«
    »Peter ist doch auch erst sieben«, warf Brida ein.
    »Alt genug, um ein Versprechen zu halten. Soll ich dir zeigen, wie man eine Weidenflöte schnitzt, Hans?«
    Die Augen des Jungen leuchteten. »Au ja. Zeigst du’s mir gleich, Erik?«
    »Wenn Marieke ein scharfes Messer entbehren kann.« Er schob sein Frühstück beiseite und stand auf.
    Marieke hielt ihm eines hin.
    »Das ist zu groß«, wehrte er ab. »Wir wollen ja nicht losgehen und einer Horde Schurken die Köpfe abschneiden.«
    Hans lachte, und Marieke gab Erik ein kleineres Messer. Er reichte es weiter an Hans.
    »So, und nun lass uns in den Garten gehen. Aber pass auf deine Finger auf.«
    Brida blickte ihnen durch das Küchenfenster nach. Eriks Fürsorge für den kleinen Hans erfüllte sie mit stiller Freude. Das war wieder der alte Erik, den sie schätzte.
    Hans lief voran zur alten Weide vor dem Haus, sprang hoch, um einen Zweig herunterzuziehen und abzuschneiden. Erik kam langsam nach, hielt den Zweig fest und zeigte dem Jungen, wie er es machen musste.
    »Er kann gut mit Kindern umgehen, was, Fräulein Brida?« Marieke hatte sich neben Brida ans Fenster gestellt.
    »Ja, das kann er«, bestätigte sie. Erik erklärte Hans gerade, wie er die Rinde weich klopfen müsse, um sie vom Holz zu lösen.
    Ein Mann näherte sich dem Haus. Brida hatte ihn noch nie gesehen. Er trug die einfache Kleidung der Seeleute, ein geflicktes Hemd

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