Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
Vom Netzwerk:
Euch finden.«
    »Was ist, wenn ich wirklich aus Vordingborg geflohen bin?«
    »Claas sucht nach Eurer Familie, nicht nach möglichen Verfolgern. Hört auf, Euch derartige Sorgen zu machen. Wenn man zu lange eingesperrt ist, kommen einem die unsinnigsten Gedanken und erfüllen die Seele mit Schrecken. Bei Tageslicht betrachtet ist alles halb so schlimm.«
    Die Art, wie Hinrich mit ihm sprach, nahm ihm tatsächlich einen Teil seiner Sorgen, wenn auch nicht die letzte Furcht. Die frisch verheilte Schwertwunde in seiner Brust war keine Einbildung.

7. Kapitel
    N  a, fühlt Ihr Euch jetzt wieder menschlich?«, fragte Hinrich, als Erik in die gute Stube kam.
    »Das kann man wohl sagen.« Erik fuhr sich mit den Fingern durch die noch feuchten Haare, bevor er am Kamin Platz nahm.
    Brida war erleichtert, dass ein Bad, frische Kleidung und eine Rasur genügt hatten, ihm sein altes Selbstbewusstsein zurückzugeben. Sein Anblick nach der Freilassung hatte sie erschüttert. Es war nicht der ungepflegte Vollbart, durch den sein Gesicht seltsam fremd wirkte. Auch nicht die streng riechende Kleidung, die er dringend zu wechseln wünschte. All das kannte sie von den Männern auf See.
    Es waren seine Augen. Dieser gehetzte, angespannte Blick, wie ein Raubtier, das in die Enge getrieben wird und gleich zubeißen könnte. Zudem fiel ihr auf, dass seine Hände zitterten. Er versuchte es zu verbergen, verschränkte sie hinter dem Rücken, als er ihren Blick bemerkte, aber gerade das machte es für sie noch schlimmer.
    Jetzt lagen seine Hände ruhig auf den Armlehnen des Stuhls, und sein Blick war wieder klar.
    »In den nächsten Tagen erwarten wir die Adela «, sagte Hinrich. »Ich denk, es wär gut, wenn Ihr Käpt’n Cunard kennenlernt. Der Mann ist weit herumgekommen, vielleicht hat er das eine oder andere aufgeschnappt, das uns nützlich sein könnte.«
    »Was meint Ihr damit?«, fragte Erik.
    »Euer Schiff wird ein Ziel gehabt haben. Irgendwer wird’s vermissen, was meint Ihr?«
    »Ihr glaubt immer noch, es sei mein Schiff? Was, wenn ich nur als Reisender an Bord war?«
    »Das scheint ja ’ne fixe Idee von Euch geworden zu sein.«
    »Ist es so abwegig?«
    »Ihr hattet Handelsabschlüsse dabei, die das private Siegel des dänischen Königs trugen.«
    »Woher wissen wir, ob es tatsächlich Handelsabschlüsse waren? Es ließen sich nur noch vier Worte erkennen«, stieß Erik hervor.
    Brida wunderte sich, wie gereizt seine Stimme klang.
    »Irgendetwas passt nicht zusammen!« Er wurde noch lauter. »Wir haben nur eine Möglichkeit in Erwägung gezogen. Die einfachste. Was aber, wenn es genau andersherum ist?«
    »Was meint Ihr damit?«
    »Claas konnte sich vorstellen, dass ich eine deutsche Mutter habe. Es sei in Vordingborg früher nicht ungewöhnlich gewesen, in Lübecker Patrizierfamilien einzuheiraten. Allerdings würden mir deutsche Verwandte derzeit nichts nützen, sofern ich den Namen einer einflussreichen dänischen Familie trage. Wenn aber meine Mutter Dänin ist? Wenn es der Hof ihres Vaters ist, an den ich mich erinnere? Wenn mein Vater aus Lübeck stammt? Dann wäre ich für die Dänen ein Deutscher.«
    Es war so still geworden, dass Brida nur das Prasseln des Feuers und das Knacken der Holzscheite im Kamin hörte.
    »Was hättet Ihr dann in Vordingborg gewollt?«, fragte sie.
    »Vielleicht hat es mit dieser Frau zu tun, von der ich immer wieder träume. Vielleicht bin ich ihretwegen zurückgekommen.«
    »Aber Ihr habt immer noch keine Erinnerungen, wer sie sein könnte.« Hinrich sah ihn aufmerksam an.
    »Nein, überhaupt keine. Ich weiß nur, dass etwas Furchtbares geschehen wird, wenn ich sie loslasse. Aber der Traum endet jedes Mal, bevor es geschieht. Ich weiß nicht, ob ich sie losgelassen habe.«
    »Und die Dokumente mit dem königlichen Siegel?«, fragte Brida. »Wie passen sie dazu?«
    Erik schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht.« Seine Stimme war leise geworden. Er zeigte wieder diesen nach innen gerichteten Blick, und zum ersten Mal fragte Brida sich, welch ein Mensch er wohl wäre, wenn er sein Gedächtnis nicht verloren hätte. Sie würde ihn gewiss immer noch mögen, aber hinter seiner Freundlichkeit, seinem angenehmen Wesen gäbe es noch einen anderen Erik. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie geschickt er Seyfried und den zweiten Angreifer vor dem Wirtshaus Zur Seejungfrau niedergeschlagen hatte. Da hatte es kein Zögern, keine Schwäche gegeben, obwohl er sich wenig später kaum mehr auf den Beinen hatte

Weitere Kostenlose Bücher