Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)
immer.
»Ja«, antwortete Simon mit fester Stimme.
»Die Frage einer Eheschließung ist zu ernst, als dass man sich närrischen Schwärmereien hingeben darf. Kathrin von Oldesloe ist eine tugendhafte, liebenswerte Jungfer aus bester Familie. Sie wird dir eine gute Frau sein.« Die Hände seines Vaters zitterten stärker. Zu seinem Ärger merkte Simon, dass es ihm genauso erging.
»Das wäre Brida auch«, sagte er leise, während er die Finger ineinander verschränkte und seine Hände so zur Ruhe zwang.
»Was spräche denn dagegen, es ihm zu erlauben, Vater?«, fragte Jannick plötzlich. »Ich meine, nach allem, was wir gehört haben, stammt sie aus einer ehrbaren Familie, und ihr Vater ist ein angesehener Kapitän.«
»Fängst du nun auch noch an?«
»Ich möchte nur zu bedenken geben, dass Simon sich keiner dahergelaufenen Hafendirne an den Hals werfen möchte, sondern sein Herz einer ehrbaren Jungfer geschenkt hat, der wir genauso viel verdanken wie er, da sie dafür sorgte, dass er überhaupt zu uns zurückkehren konnte.«
»Du hast dich damals sofort in die Ehe mit Elisabeth gefügt.«
»Ja, weil mein Herz frei war. Wäre es anders und wäre die Betreffende eine standesgemäße Braut gewesen, dann hätte ich mich ebenfalls gewehrt.«
Ulrich von Wickede schwieg eine Weile. »Lasst mich allein!«, verlangte er schließlich. »Ich muss nachdenken.«
Beim Hinausgehen klopfte Jannick Simon einmal kurz auf die Schulter und zwinkerte ihm zu. Eine warme Welle der Zuneigung durchströmte Simon. Er konnte sich immer noch auf seinen Bruder verlassen. Genau wie damals, als er noch ein Kind war.
15. Kapitel
O bwohl Simon seine Schwester Barbara gebeten hatte, sich um Brida und Kalle zu kümmern, war Elisabeth ihnen nicht von der Seite gewichen. Inzwischen konnte Brida sich mühelos vorstellen, wie sich diese Frau fünfzehn Jahre zuvor verhalten hatte, als Simon kurz vor ihrer Hochzeit die Maus entwischt war. Humor schien nicht ihre starke Seite zu sein, und die strenge Falte um ihren Mund wurde immer tiefer, je mehr Fragen Barbara stellte. Harmlose Fragen – wie sie Simon gefunden hatten und was dann geschehen war. Elisabeth schien jede dieser Fragen für ungehörig zu halten. Kalle war deutlich anzusehen, wie unwohl er sich in der Gegenwart von Jannicks Frau fühlte.
»Ich glaub, ich geh noch mal zum Hafen«, sagte er. »Wir haben Kapitän Cunard doch recht schnell verlassen, und ich denk, er hat ein Recht auf die Vorgeschichte.«
»Kapitän Cunard?« Es war die erste Frage, die Elisabeth von sich aus stellte. »Ich halte es für höchst unpassend, wenn Ihr Vertrauliches überall herumerzählt. Mein Schwager Simon hat schließlich sein Leben zum Wohl der Hanse eingesetzt.«
»Cunard ist ’n Ehrenmann«, entgegnete Kalle. »Dem vertrau ich blind. Er hat uns oft geholfen. Und außerdem will er Fräulein Brida heiraten.«
Brida zuckte zusammen. Woher wusste Kalle davon? Der Schmuggler deutete ihren Blick richtig.
»Dein Vater hat’s mir gesteckt«, erklärte er. »Der würd sich doch so freuen, wenn er den Cunard zum Schwiegersohn bekäm.«
Zum ersten Mal sah Brida Elisabeth lächeln. »Wenn das so ist, solltet Ihr den Kapitän zum Essen einladen. Wir speisen kurz nach dem Abendläuten.«
»Vielen Dank, ich werd’s ihm ausrichten.« Kalle erhob sich und ging. Ein wenig beneidete Brida ihn darum, Elisabeth entkommen zu sein. Und zugleich fragte sie sich, wie Simons Bruder es mit dieser steifen Frau wohl aushielt. Oder war sie nur Fremden gegenüber so abweisend?
Kaum hatte Kalle die Stube verlassen, da wurde die Tür abermals geöffnet, und eine Magd steckte den Kopf herein. »Frau Elisabeth, Herr Ulrich wünscht Euch zu sprechen.«
Mit einem Seufzer erhob Elisabeth sich und folgte der Magd.
»Na endlich.« Barbara zwinkerte Brida zu. »Jetzt können wir offen reden. Also, Simon hatte tatsächlich sein Gedächtnis verloren?«
»Ja«, bestätigte Brida noch einmal.
»Und wie war er so ohne Erinnerung?« Barbaras Augen blitzten. »Noch immer so vorlaut und überheblich?«
Simon sollte vorlaut und überheblich sein? Das konnte Brida sich überhaupt nicht vorstellen.
»Nein, im Gegenteil, er war freundlich und zurückhaltend.«
»Oh.« Barbaras Nase kräuselte sich. »Er kann auch zurückhaltend sein? Es geschehen noch Zeichen und Wunder.«
»Ich verstehe nicht ganz …«
»Könnt Ihr ja auch nicht.« Barbara lächelte. »Nicht, dass Ihr mich falsch versteht, ich liebe meinen Bruder. Ich liebe ihn
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