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Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Schicksalsstürme: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Metzenthin
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konnte sich nicht gegen die Wünsche seiner Familie stellen. Das war undenkbar. Umso sehnlicher wünschte sie sich, endlich mit ihm zu sprechen.
    Sie sah Simon erst kurz vor dem Abendmahl wieder. Auch er hatte sich umgekleidet. Beinahe sah er wieder so aus wie an jenem Morgen nach dem Sturm, als man ihn bewusstlos zu ihr gebracht hatte. Ein junger Mann aus reichem Haus. Nur dass er über dem weißen Hemd nun ein schlichtes Wams aus fein gegerbtem hellbraunem Wildleder trug. Ob er ein derartiges Kleidungsstück auch getragen hatte, als er verwundet wurde? Hätte das weiche Leder tatsächlich den Schwerthieb abzuhalten vermocht?
    Ihre Blicke trafen sich. Er lächelte sie an und wollte gerade einen Schritt auf sie zugehen, als sein Vater erschien.
    »Simon, ich muss noch einmal mit dir sprechen.«
    Simon nickte, das Lächeln verschwand. Dann folgte er seinem Vater, und Brida hatte das unbestimmte Gefühl, dass die Zeiten, da sie mit Simon allein sprechen konnte, unwiederbringlich vorbei waren.
    Kalle und Cunard kamen als Erste. Dass Cunard in angemessener Kleidung erschien, war für Brida eine Selbstverständlichkeit, aber wo um alles in der Welt hatte Kalle das gute Hemd aufgetrieben? So vornehm hatte Brida den Schmuggler noch nie gesehen.
    Cunard bekam große Augen, als er Brida in Barbaras Kleid erblickte.
    »Du bist wunderschön«, stammelte er und schien unfähig, etwas Geistvolleres zu sagen. Kalle zwinkerte ihr zu. Wenigstens er war der Alte geblieben und ließ sich nicht so leicht durch das vornehme Umfeld in Verlegenheit bringen.
    Elisabeth war eine erstaunlich liebenswürdige Gastgeberin, die alle Ankömmlinge bereits an der Tür begrüßte. Es war deutlich zu spüren, dass sie diese Rolle schon seit Jahren ausfüllte. Kurz nach Cunard und Kalle erschien die Familie Oldesloe. Jacob von Oldesloe war ein unscheinbarer Mann um die sechzig mit schneeweißem Haar und einem kurzen, ebenso weißen Bart. Seine Gattin Franziska war kaum jünger als er, aber sie strahlte dieselbe alterslose Lebendigkeit aus, die Brida von ihrem eigenen Vater kannte. Der Anblick von Kathrin von Oldesloe verschlug Brida geradezu den Atem. Kathrin war eine außergewöhnlich schöne junge Frau mit einem liebreizenden Lächeln und langem goldschimmerndem Haar, das ihr weit über den Rücken fiel. Noch dazu trug sie ein dunkelrotes Kleid, durchwirkt mit Hunderten von Gold- und Silberfäden, in dem sie wie ein Stern am Firmament leuchtete. Auf einmal kam Brida sich plump und ungelenk vor. Simon begrüßte Kathrin und ihre Eltern höflich, aber seinem Lächeln fehlte die Wärme, die sie von ihm gewohnt war.
    Ihre Blicke trafen sich, und plötzlich war die Wärme wieder da. Während Elisabeth die Gäste in die gute Stube führte, in der die Tafel schon gedeckt war, schob Simon sich neben Brida.
    »Ihr seht bezaubernd aus, Jungfer Brida«, raunte er ihr zu. »Ich könnte Euch stundenlang ansehen, ohne dass ich befürchten müsste, von dem Funkeln übertriebener Goldfäden Kopfschmerzen zu bekommen wie beim Anblick manch anderer Kleider hier.« Er zwinkerte ihr aufmunternd zu, und plötzlich schwand ihre Unsicherheit. Sie war nicht plump und ungelenk. Sie war die Frau, die Simon begehrte. So sehr wie sie ihn. Zu dumm nur, dass keiner nach ihren Wünschen fragte.
    Die Sitzordnung bei Tisch sprach für sich. Brida neben Cunard, Simon neben Kathrin. Selbstverständlich die Ehepaare beieinander, Barbara saß zwischen ihrem Vater und Kalle.
    Irgendwo im Hintergrund war eine weibliche Stimme zu hören, die den kleinen Thomas ins Bett scheuchte, der sich im Nachthemd noch einmal die Stufen bis zum Speisesaal heruntergeschlichen hatte.
    Brida sah, wie Simon still vor sich hin lächelte. Kein Wunder, dass er so gut mit Hans umzugehen verstand. Er schien viel Zeit mit seinem kleinen Neffen verbracht zu haben.
    »Stimmt es, dass Ihr ein Nowgorodfahrer seid?«, hörte sie Jacob von Oldesloe Kapitän Cunard leise fragen.
    »Ja.«
    »Ihr handelt überwiegend Pelze?«
    »Zobel«, bestätigte Cunard.
    »Der bringt in Lübeck hohe Preise. Ihr müsst einen beachtlichen Gewinn machen.«
    »Es reicht für unser Auskommen.«
    »Meine lieben Gäste!« Ulrich von Wickede ergriff das Wort. »Ich freue mich, gemeinsam mit Euch die unversehrte Rückkehr meines Sohns Simon feiern zu können. Ihr alle wisst, dass er sich großen Gefahren aussetzte, um im Auftrag der Hanse Nachrichten aus Dänemark herauszuschmuggeln. Doch der heutige Abend sei nicht dem Krieg gewidmet,

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