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Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry

Titel: Schieß, wenn du kannst Kommissar Morry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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Atmen, mit dem er die Gesprächspausen ausfüllte, war fast ebenso laut wie seine Stimme.
    „Keine Beschreibung der in den letzten zwei oder drei Tagen verschwundenen Personen paßt auf diese Tote", fuhr er fort. „Der Arzt hat festgestellt, daß sie etwa vierzig Stunden tot ist."
    „So ist es", bestätigte der Arzt.
    Er war ein noch junger Mann, der Breeches und Reitstiefel trug. Anscheinend war er auf dem Weg zu einer Reitstunde gewesen und dabei von dem dienstlichen Anruf überrascht worden.
    „Erdrosselt, was?" fragte Morry, der den blau unterlaufenen Hals der Toten betrachtete.
    „Ja . . . das heißt: nein", meinte der Doktor. „Der Tod ist nicht durch Strangulation eingetreten, sondern durch den Bruch der Wirbelsäule. Alle Merkmale deuten darauf hin, daß sich die Tote erhängt hat."
    Morry betrachtete die Tote wiederum. Sie sah aus wie eine Frau, die ein arbeitsreiches, aber keineswegs übermäßig sorgenvolles Leben geführt hat. Zu ihren Lebzeiten hatte sich wahrscheinlich niemand nach ihr umgedreht, so durchschnittlich sah sie aus. Jetzt aber war sie der Mittelpunkt vieler grübelnder Blicke.
    „Hat Hank die Wagennummer notiert?" fragte Morry.
    „Nein, aber er erinnert sich, daß das Auto eine Londoner Zulassung trug."
    „Hat er den Kombi beschreiben können?"
    „Ziemlich genau sogar."
    May schaltete sich in das Gespräch ein und drückte aus, was die Männer im Raum dachten.
    „Was kann Crane wohl mit der Toten vorgehabt haben?"
    Niemand antwortete.
    „Er hat sie nicht ermordet, das steht für mich fest", meinte der Arzt, der ab und zu nervös auf seine Armbanduhr blickte. Anscheinend hatte er eine Verabredung und wünschte, endlich gehen zu können. „Es sei denn, Crane hat die Ärmste gezwungen, sich selbst aufzuhängen. Das wäre eine Möglichkeit . . ."
    May schaute den Kommissar an und konnte sich nicht enthalten zu bemerken:
    „Glauben Sie noch immer an die Unschuld dieses Architekten?"
    Morry gab keine Antwort.
    Nach kurzem Überlegen wandte sich der Kommissar an Hunter.
    „Dieser Fall fällt in Ihren Dienstbereich. Sie wissen, daß ich die Affäre Crane bearbeite, Hunter, und Sie würden mir einen Gefallen tun, wenn Sie das Material Ihrer Untersuchung möglichst rasch an den Yard weiterleiten würden. "
    „Das versteht sich von selbst, Morry."
    „Vielen Dank, Hunter. Darf ich mich jetzt verabschieden? Ich habe noch einige Kleinigkeiten in London zu erledigen."
    Der Doktor atmete erleichtert auf, als Morry und May sich zurückzogen.
    Der Hilfsinspektor stolperte hinter dem Kommissar zum Wagen.
    „Wollen wir wirklich schon zurück?"
    „Erraten."
    „Aber wir sind doch keinen Schritt weitergekommen."
    „Oh doch, mein Freund, steigen Sie ein."
    Als sie losfuhren, salutierten die Polizisten. Morry winkte lächelnd. Er saß selbst am Steuer des Wagens.
    „Ich möchte wissen, was die Steine für eine Bedeutung haben", meinte der Hilfsinspektor grüblerisch. „Was, zum Teufel, hatte Crane mit diesen schweren Brocken vor? Was wollte er mit den Stricken und warum war die Tote in eine Plane genäht?"
    „Das sind gute Fragen", sagte Morry. „Versuchen Sie nun, die richtigen Antworten darauf zu finden."
    „Vielleicht war es seine ursprüngliche Absicht, die Tote in der Themse oder im Meer zu versenken?"
    „Zuweilen haben Sie einen Lichtblick, May."
    „Aber warum ist er später von diesem Gedanken abgekommen?"
    „Keine Ahnung, May."
    Der Hilfsinspektor stellte noch weitere Fragen, aber Morry hüllte sich in Schweigen. Schließlich gab es May auf und grübelte nun seinerseits über den mysteriösen Fall nach. Als sie etwa eine Stunde später in Scotland Yard eintrafen, war es schon dunkel. In den meisten Büros wurde aber noch gearbeitet. Telefone klingelten, Fernschreiber rasselten, ruhige und gereizte Stimmen sprachen durcheinander . . .
    Auf Kommissar Morrys Schreibtisch lagen zwei Nachrichten. Eine von ihnen besagte, daß Mr. Graham seine junge Frau vermißte. Sie war in der vergangenen Nacht verschwunden und nicht zurückgekehrt . . .
    Außerdem, das ging aus dem anderen Zettel hervor, war offenbar Mr. Grahams Wagen gestohlen worden. Bestand zwischen beiden Nachrichten ein Zusammenhang?
    Morry pfiff leise durch die Zähne. Sein Dezernat hatte mit der Bearbeitung dieser Meldungen an sich nichts zu tun; aber der Kommissar hatte angeordnet, daß alles, was Mr. Graham betraf, zumindest abschriftlich über seinen Schreibtisch lief.
    „Lesen Sie mal, May", sagte er und reichte dem

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