Schiff der tausend Träume
Rückkehr nach Hause.«
»Wo ist zu Hause?«
»Jenseits des Meeres in einer Stadt namens Lichfield.«
Zu Hause war, wo ihre Brüder lebten, die auf den Fotos auf dem Kaminsims in ihren Uniformen so schneidig aussahen. Manchmal holte sie einen Atlas hervor und zeigte auf England. »Eines Tages fahren wir nach Hause, wo wir in Sicherheit sein werden, Roddy, bald«, flüsterte sie.
Manchmal weinte Celeste vor Erschöpfung. Den äußeren Schein zu wahren, fiel schwer. Eastern Market war schick, voller Familien von Marineangehörigen, die in eleganten, teuren Häusern wohnten. Sie fühlte sich zweigeteilt, einerseits gab sie vor, eine Kolonialwitwe zu sein, die schwere Zeiten durchmachte, dann wieder war sie eine moderne Büroangestellte mit kurzem Haar und kürzeren Röcken. Von Akron und aus Grovers Fängen zu entkommen, war schon mühselig genug gewesen, und dann musste sie sich selbst neu erfinden, ihre wahre Identität verbergen und ein auf Lügen aufgebautes Leben führen. Das war schwer. Aber immer noch viel leichter zu ertragen als ihr Dasein mit Grover.
Wie froh war sie, dass sie den Brief nach England von Halifax aus geschickt hatte, den Brief an Grover, um ihre Ehe zu beenden. Sie konnte sich noch immer an jedes Wort erinnern, das sie geschrieben hatte, als sie im Bahnhof saß mit einem Notizblock auf dem Schoß und unter Tränen ihre Gefühle ausgeschüttet hatte.
Ich sehe keinen Grund, in das unglückliche, demütigende Leben zurückzukehren, das ich durch Dich erduldet habe, und ich habe nicht die Absicht, meinen Sohn bei einem so schlechten Vorbild aufwachsen zu lassen.
Du fragst Dich vielleicht, woher ich den Mut fand, Dir derart die Stirn zu bieten, aber glaube mir, als ich die Tapferkeit jener großartigen Männer sah, die zur Seite traten, damit Frauen und Kinder in jener schicksalhaften Nacht vor zwei Jahren vielleicht gerettet wurden, konnte ich mir nicht vorstellen, dass Du einer von ihnen wärst.
Als ich in dem Rettungsboot saß, wusste ich im Grunde meines Herzens, dass Du jede Ausrede benutzt hättest, Dir Zugang zu diesen Booten zu erschmeicheln, um Dein Leben zu retten, wie es so viele Männer aus der ersten Klasse gemacht haben … Wie sehr habe ich Dich auch schon vorher aus meinem Leben gewünscht, aber im Gegensatz zu den armen Seelen, die sich nicht von ihren geliebten Partnern verabschieden konnten, erweise ich Dir die Höflichkeit, unsere Ehe mit einer Erklärung zu beenden.
Wenn Du diese Zeilen liest, werde ich weit weg sein, zurück bei meinen Landsleuten, an einem Ort, an dem ich nicht befürchten muss, auch nur ein falsches Wort zu sagen, weil ansonsten meine Arme Prellungen davontragen und meine Seele geschlagen ist. Frage Dein Gewissen, was Dich dazu bringt, Dich auf eine solch kranke und kränkende Art zu verhalten, wie ein Kind, das seinen Willen nur mit Wutausbrüchen durchsetzen kann.
Wie hast Du mich getäuscht, dass ich Dich für so charmant und zuvorkommend hielt, als wir uns begegneten. Wie freundlich warst Du, als Du mich umwarbst, aber sobald ich sicher Dir gehörte, getrennt von allen, die mich liebten, sprang etwas Böses in Deine Seele und machte Dich grausam, kalt und wütend, obwohl ich Dir doch nur Liebe und Zuneigung geben, Dir Kinder schenken und eine gute Ehefrau sein wollte.
Ich musste beinahe ertrinken, um zu erkennen, dass Du Dich niemals ändern wirst, ehe Du nicht in Dein kaltes Herz schaust und diesen Dämonen loswirst. Bis dahin will ich mich nicht einem so grässlichen Regime unterwerfen, wie unsere Ehe es war, und auch mein Sohn darf niemals Zeuge Deiner Grausamkeit werden. Der Gedanke, was er riskiert, sollte er sich Dir je widersetzen, ist nicht zu ertragen.
Hat Dir niemand gesagt, dass wir mehr Fliegen mit Honig fangen als mit Essig? Ein freundliches Wort hilft ein gutes Stück weiter, eine liebevolle Geste kann im Herzen einer Frau Wunder bewirken. Ich fürchte, Du bist krank und brauchst den Großen Arzt, der alle Krankheiten der Seele heilen kann. Ich will Dich in diesem Leben nie wiedersehen, will nie wieder von Dir hören. Ich habe unseren Sohn nicht entführt, sondern ihn in die Freiheit einer liebevolleren und fürsorglicheren Familie gebracht.
Celestine
Dieser Brief war für jeden Mann hart, aber sie wollte kein Wort davon zurücknehmen. Sobald er in der Post war, überkam sie das Gefühl, als sei eine große Last von ihr abgefallen. Sie bereute nichts, sondern war nur traurig, dass sie beide von Anfang an so schlecht zueinander
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