Schiffe versenken
gab jede Menge Verdächtigungen, aber keine wurde bewiesen. Phil behielt sein Patent und fuhr weiter zur See.«
Janac grinste, erhob sich und ging zur Balustrade, von wo er seine Tasse ins Wasser leerte. »Und dann kam ich«, sagte er und starrte auf die Mangroven. »Es ist für uns beide von Bedeutung, was Hamnet als Nächstes tun wird. Bestimmt hat er’s hier rausgeschafft, und wenn er ein paar Hosen auftreiben konnte, findet er auch ein Telefon. Aber wird er den Mund halten, um dein Leben zu retten? Oder reißt er die Klappe auf, um mich auszubremsen? Er muss die Leben von ein paar Männern, die er nicht kennt, und Schiffe, für die eine Versicherung zahlt, gegen das Leben seiner Frau abwägen. Und gegen das Leben seiner Kinder. Es ist ein gewaltiger Unterschied: Rettet man seine Lieben oder ein paar Unbekannte. Leute sind zu enormen Anstrengungen und Geldaufwendungen bereit, um zwei oder drei Menschen aus Bergnot zu retten oder von einer Yacht abzubergen, obwohl sie streng nach der Logik mit dem gleichen Aufwand mehr Menschen retten könnten, wenn sie ein Dorf in Afrika mit Trinkwasser versorgen würden. Aber die Dorfbewohner sind namenund gesichtslos, und keine verzweifelte Mutter oder Ehefrau gibt dann Interviews in einer allgemein verständlichen Sprache. Menschen wollen immer mit denen mitfühlen, die in Not sind – das scheint von ausschlaggebender Bedeutung zu sein und die Vernunft lahm zu legen.« Er zuckte mit den Achseln und grinste freudlos vor sich hin. »Also würde ich normalerweise davon ausgehen, dass unsere Chancen nicht schlecht sind – und es wäre eine Schande, wenn meine teure Ausrüstung sich schon beim ersten Einsatz als Fehlinvestition erweisen würde. Aber unglücklicherweise könnte dein Ehemann mehr vernunftgesteuert sein als die Durchschnittsmenschen. Als im Rettungsboot Menschenleben auf dem Spiel standen, entschied er sich im Namen der Logik dafür, so viele wie möglich zu retten. Und er opferte dafür Menschen, die er kannte und für deren Tod man ihn als Skipper verantwortlich machen würde.« Janac ging wieder zum Feuer und stellte dort seine Tasse ab. »Aber wie gut er darauf vorbereitet war, diese Entscheidung zu rechtfertigen und durchzuziehen – es gab immerhin Tote –, das wissen wir nicht. Immerhin eine wichtige Frage.« Er drehte sich wieder um, und Anna sah seinen kalten, abschätzenden Blick.
Während er sprach, hatte sie nicht mit der Wimper gezuckt, und auch jetzt gab sie sich möglichst teilnahmslos. Es sollte so aussehen, als käme keine seiner Überlegungen Phils möglichen Reaktionen auch nur ansatzweise nahe.
Janac deutete auf ihren Bauch. »Wann ist es so weit?«
»In weniger als einem Monat«, antwortete sie unwillkürlich.
Janac nickte. »Wir hauen hier ab und bringen dich nach Norden, wo du länger bleiben wirst und es etwas bequemer hast. Das Boot kommt in einer Stunde. Mach dich fertig – es wird eine lange Reise.« Er machte auf dem Absatz kehrt und ging hinaus.
Kapitel 8
Hamnet zerrte immer wieder an der Leine, um sie mit ein paar Schlägen zu belegen. Dann warpte er die Pinne hin und her, dass das ganze Boot zu schaukeln begann – es zerrte an seinen Fesseln. Schließlich warf er mit schnellem Griff den Starter des Außenborders an und watete ins warme Wasser hinaus, während der feine Schlamm durch seine Zehen quoll. Er drehte den Bug des Bootes seewärts, beugte sich vor und legte den Gang des Motors ein. Anschließend schaute er zu, wie das Boot Fahrt aufnahm und eine weiße Kielwelle über das dunkle Wasser zog. Alles okay. Er watete auf das Ufer zu und brach dort zusammen.
Neben ihm lagen seine Shorts, seine Schuhe, eine Plastikflasche und ein paar getrocknete Fische. Er hatte es geschafft, die Flasche halb mit Regenwasser zu füllen, obwohl er keine Ahnung hatte, was vorher in der Flasche gewesen war. Nachdem er Shorts und Schuhe angezogen hatte, schnüffelte er an der Flasche – und roch nichts, es war nur Wasser darin. Dann begann er sich zu kratzen; die Insekten waren wohl über ihn hergefallen, während er schlief.
Vom Jammern des Außenborders war fast schon nichts mehr zu hören. Hamnet sah noch einmal dem Boot nach, das gerade nach Steuerbord abdrehte. Mit ein bisschen Glück würden die Gezeiten es in der Malakkastraße meilenweit abtreiben lassen, ehe jemand es fand.
Er hatte das Boot auf Grund gesetzt, als der Sturm ihn gepackt hatte, war mit der Fangleine in der Hand Richtung Ufer gestolpert und dankbar im
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