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Schiffe versenken

Schiffe versenken

Titel: Schiffe versenken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Chisnell
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verdurstet?«
    Hamnet schaute ihm voll ins Gesicht, aber er fühlte sich schwindlig und widerlich – er konnte nicht entscheiden, ob von der hektischen Esserei oder von dem Gespräch. »Natürlich, was sonst?« Er schluckte.
    »Da gab es Gerüchte um eine Signalpistole, die abgefeuert worden sein soll.«
    »Gerüchte. Zeitungsgeschichten.« Hamnet schüttelte leicht den Kopf.
    »Ich habe viele Männer in Extremsituationen beobachtet, und deshalb glaube ich nicht, dass der Philippino sein Todesurteil so einfach akzeptiert hat«, hielt ihm Janac entgegen und schlug die Beine übereinander.
    Wieder schüttelte Hamnet den Kopf. »Genau das haben die Journalisten auch gedacht, aber wir hatten einen Vertrag geschlossen, und er war ein Ehrenmann.« Er hätte viel darum gegeben, mit festerer, glaubhafterer Stimme sprechen zu können, aber er war zu erschöpft. Doch den grauen Augen hielt er stand. Nur drei Menschen auf der Welt kannten die Wahrheit – und sie wollten daran auch nichts ändern. Und wie unwahrscheinlich diese Wahrheit auch klingen mochte, wie unglaublich sich die Story anhören mochte: Die drei würden nie etwas anderes sagen.
    Janac sah Hamnet eindringlich an, und beide hielten den Blickkontakt für volle fünf Sekunden. Dann sagte er halb lachend, halb seufzend: »Und was war mit den beiden anderen?«
    »Sie waren nicht belastbar. Ich überließ ihnen das meiste Wasser, und wenn es nicht nach fünf Tagen geregnet hätte, wäre keiner von uns lebend aus dem Schlamassel herausgekommen.«
    Janac trommelte leise auf die Tischplatte. »Und dann wurdet ihr gerettet, die Ereignisse rechtfertigten dein Vorgehen, aber statt dich als Helden zu feiern, stellten dich die Medien an den Pranger.«
    »Ja, so ungefähr.« Endlich konnte Hamnet seinen Blick lösen.
    »Hättest du die Dinge einfach laufen lassen, hätte vielleicht keiner überlebt, aber ihr wärt als Unschuldige gestorben. Niemand macht einem fürs Nichtstun einen Vorwurf – wie immer die Konsequenzen aussehen. Das ist allgemeiner Konsens, stimmt’s? So handeln die Spießer alle.« Er feixte höhnisch. »Wäre es anders, könnten sie ihren eigenen Moralvorstellungen nicht mehr gerecht werden – egal ob es sich um eine Wohltätigkeitsnummer handelt oder ob sie die Folgen einer Dürreperiode in den Fernsehnachrichten verfolgen. Und dieser wunderbare Moralkodex der Passivität erlaubt es ihnen, den schlimmsten Katastrophen auf Erden lächelnd zuzuschauen – während ich meinen Vorteil daraus ziehe.« Das Feixen wurde zum Grinsen. »Aber du bist anders. Du gehst rational vor – drei haben eine Überlebenschance, wenn vier sterben. Du konntest nicht einfach untätig bleiben, nachdem ich die Crew des nächsten Schiffes umgebracht hatte. Nicht einmal deiner Frau zuliebe. Der Preis war zu hoch.« Er runzelte die Stirn. »Sie hat das gewusst.« Er legte eine Pause ein. »Anna wusste genau, wie du tickst.«
    Hamnet hörte kaum mit halbem Ohr zu. Nie hatte er sich für die Interpretation seines Handelns oder seines mutmaßlichen Handelns interessiert, obwohl es viele Möglichkeiten gegeben hatte. Er wusste, was falsch und was richtig war, fertig. Aber als er Annas Namen hörte, dachte er: »So habe ich das alles nicht gewollt; ich wollte, dass sie darauf vertraut, dass ich sie rette.« Und das hatte er nicht geschafft. Er ekelte sich vor dem Gedanken bis ins Mark. Doch er musste sich der Kinder wegen jetzt zusammenreißen und konzentrierte sich auf die warme Sonne in seinem Rücken, den strengen Geruch des Dschungels und den hektischen Lärm des Lagers. Er musste sich an der Realität orientieren, um diese neue Welt in den Griff zu bekommen.
    Janac beobachtete ihn weiter und fuhr fort: »Nichtsdestotrotz war der Tod der Crew für uns beide unerfreulich. Ich bin auf das Geld aus diesen Aktivitäten angewiesen«, er winkte einen der Männer heran, »damit ich General Lee sein erstklassiges Heroin abkaufen kann. Du hast alles vermasselt, aber ich glaube, du kannst es wieder gutmachen. Nur deshalb sind deine Kinder am Leben geblieben.« Er unterbrach sich, als Hamnet ihn anschaute. »Du kannst gehen – und eines deiner Kinder mitnehmen.«
    Hamnet schüttelte den Kopf, während sein Puls raste. »Das ist nur ein Trick.«
    »Es ist eine Ehrenbezeugung für den Mut, der dich hierher geführt hat.«
    »Ein Kind?«
    Wieder grinste Janac. »Für das zweite musst du dich schon noch etwas mehr anstrengen. Aber darüber wollen wir uns später unterhalten. Schau sie dir erst

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