Schiffe versenken
paar Wochen sein Kind wegen einer Kolik behandelt. Er registrierte die zwei Personen auf den Vordersitzen und die aus dem Fenster gehaltenen Pässe – und winkte den Wagen durch. Anthony zeigte, dass er verstanden hatte, schaute kurz in den Rückspiegel, zog an dem stehenden Lieferwagen vorbei und gab Gas.
Margaret schaute durch die mit Kondenswasser überzogenen Scheiben zurück. »War das nicht …«
»Ja, ich glaube schon«, antwortete Anthony und schenkte seiner Frau ein besorgtes Lächeln. »Ich glaube nicht, dass ich das Zeug zu einem begabten Schmuggler habe, Liebling.«
Die Bullens wohnten nicht weit entfernt von der Einfallstraße, und der Vormittagsverkehr hielt sich in Grenzen, sodass sie in weniger als zwanzig Minuten von der Schnellstraße nach Bukit Timah abbiegen konnten. Als sie durch das Gartentor fuhren, erwachte Hamnet und sah das großzügige einstöckige Wohnhaus mit dem roten Ziegeldach und den Backsteinwänden, das in einen gepflegten tropischen Landschaftsgarten eingebettet lag. Margaret stieß einen Seufzer der Erleichterung aus und drehte sich nach hinten.
»Sie sollten jetzt erst einmal schlafen und ein paar Tage bei uns bleiben, damit ich mich um das Baby kümmern kann. Anthony wird Sie in Susies Zimmer bringen, es hat ein separates Badezimmer. Möchten Sie noch etwas essen?«
Hamnet schüttelte den Kopf.
»Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
Hamnet starrte vor sich hin, als müsste er erst einmal über die Frage nachdenken. »Nein«, sagte er schließlich und sah Margaret zerstreut an, »mehr können Sie nicht tun, Sie sind sehr freundlich zu mir. Aber ich würde es sehr begrüßen, wenn niemand erfährt, dass ich hier bin.«
Margaret stimmte ihm sofort zu. »Wir können miteinander reden, wenn Sie ausgeschlafen haben.«
Phillip dankte ihr mit einem Kopfnicken, und Anthony fuhr direkt in die Garage, sodass sie beim Aussteigen vor neugierigen Blicken sicher waren. Dann folgte ihm Hamnet ins Schlafzimmer, das offensichtlich der jüngsten Tochter gehörte. Susie studierte seit zwei Jahren in London, hatte aber, als sie in den Ferien zurückkehrte, ihr Jungmädchenzimmer nicht verändert – so war es voller Kuscheltiere, und an der Wand hing ein Poster von Take That. Hamnet nahm es kaum zur Kenntnis, sondern warf sich auf das große Bett und war eingeschlafen, noch ehe die Klimaanlage auf Touren kam. Anthony beobachtete ihn noch ein paar Minuten, überwachte seinen Puls und die Regelmäßigkeit des Atems; dann verließ er beruhigt das Zimmer und schloss die Tür hinter sich.
Hamnet schlief mehr als vierundzwanzig Stunden. Als er erwachte, schien die Sonne durch die Vorhänge. Er genoss im Halbschlaf noch eine Stunde lang die sauberen Laken, das bequeme Bett und die kühle Luft im Zimmer und hörte dem Gesang der Vögel zu. Schließlich stand er auf und fand neben seinen gewaschenen und gebügelten Kleidern, die ordentlich auf dem Sofa lagen, auch ein Handtuch. Sein Rucksack lag ungeöffnet auf dem Fußboden.
Unter dem Duschstrahl lehnte er sich erst eine Zeit lang gegen die Kacheln, bis er schließlich nach dem Handtuch griff und sich anzog. Barfuß ging er durch den Flur hinunter in das große Wohnzimmer mit dem Holzfußboden, das nach zwei Seiten zum Garten hin offen war und in dem drei Ventilatoren summten.
Margaret saß an einem elegant mit weißem Leinen und Silber gedeckten Tisch mitten im Raum. Vor ihr standen Toast, Orangensaft, frisch gebrühter Kaffee, und sie sah vom Singapore Telegraph durch ihre Hornbrille, die sie leicht auf der Nase nach unten rutschen ließ, zu ihm auf.
»Wie geht es Ben?«, fragte Phillip.
Margaret wirkte irritiert.
»Mein Sohn. Kann ich ihn sehen?«
»Ach, natürlich, das Baby. Entschuldigung.« Sie zögerte und ließ die Brille an einem silbernen Kettchen gegen ihre adrette weiße Bluse baumeln. »Ben, was für ein zauberhafter Name. Er ist wohlauf. Anthony hat ihn durchgecheckt – Ben ist nur ein bisschen unterernährt, nichts, was man mit ein paar Spritzen, Vitaminen, viel Ruhe und ordentlicher Babynahrung nicht wieder in den Griff bekommt. Jetzt schläft er, also wecken wir ihn besser nicht. Er hat einen sehr leichten Schlaf, und ich habe ihn nach dem Füttern hingelegt.« Sie schaute Hamnet freundlich an. »Und Sie, wie geht es Ihnen?«
»Der Schlaf hat mir sehr gut getan, obwohl ich noch ein bisschen benommen bin – und hungrig wie ein Bär«, sein Blick streifte das Frühstück.
Margaret strahlte ihn an. »Natürlich.
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