Schiffe versenken
er das Angebot nicht ablehnen konnte. Er lächelte Margaret an. »Ich werde Ihnen nie genug dafür danken können.«
»Nicht der Rede wert, mein Freund.«
Einen kurzen Moment lang schwiegen beide, bis Hamnet fragte: »Warum tun Sie das alles?«
»Oh«, winkte Margaret ab, »wie könnten wir Sie im Stich lassen?«
Den Rest des Tages verbrachte Hamnet zusammen mit Margaret und Ben, genoss die häusliche Ruhe und den geordneten Tagesablauf, wobei er keinen Augenblick außer Acht ließ, dass sich in der kommenden Nacht bereits in dieser kleinen Welt das Unterste zuoberst kehren könnte. Gegen sechs Uhr fütterte er Ben und legte ihn dann in dem Zimmer neben Anthonys und Margarets Schlafzimmer in sein Bettchen, da Margaret entschieden hatte, dass Phillip noch seinen Schlaf brauchte und sie sich deshalb selbst um den Säugling kümmern wollte. Außerdem hatte sich das Hausmädchen bereit erklärt, in der nächsten Zeit täglich zu kommen.
Als Anthony nach Hause kam, erzählte Hamnet auch ihm die ganze Geschichte – mit denselben Auslassungen. Dann aßen die drei zu Abend, und beide Bullens boten Hamnet noch einmal an, so lange zu bleiben, bis er seine Angelegenheiten geordnet und einen Job gefunden hatte. Dankend lehnte Hamnet den Kaffee ab und entschuldigte sich damit, dass er sonst vielleicht nicht schlafen könnte, woraufhin Margaret verständnisvoll nickte und Anthony Schlaftabletten für ihn holte.
Zurück in seinem Zimmer, stellte Hamnet die Flasche mit den weißen Pillen und ein Glas Wasser auf den Nachttisch, ließ sich im Dunkeln in einen Sessel fallen und wartete. Irgendwann wurde die Unterhaltung am Ende des Korridors leiser und verstummte schließlich ganz, ein paar Türen klapperten, Schritte tapsten, und in der Toilette wurde die Spülung betätigt. Es war erst zehn Uhr, weshalb Hamnet sich noch eine weitere halbe Stunde geduldete. Endlich wurde es im Haus dunkel und still, er verließ sein Zimmer und sah, dass die Jalousien im Esszimmer heruntergelassen waren. Leise zog er sie ein Stück hoch, ließ sie für seine Rückkehr halb oben, schlich durch den Garten, wandte sich auf der Straße nach links und machte sich auf den Weg. Es war Zeit, sich um Dubre zu kümmern.
Kapitel 18
Bis zu dem Stadtviertel, das schon immer von Ausländern bevorzugt wurde und in dem auch Dubre wohnte, war es nicht weit. Sein Haus wirkte nicht so beeindruckend wie das der Bullens, aber das war mehr eine Frage des Geschmacks und der Mode als des Geldes. Es war brandneu, hatte fünf Schlafzimmer und ähnelte der kostspieligen Architektur, die man in Florida und Kalifornien sah – mit Säulen, Fensterläden und Stuckverzierungen in Märchenschlossrosa. Ungewohnte Neidgefühle packten Hamnet, während er auf das Haus zuging und klingelte. Da tätliche Überfälle in Singapur nicht zur Tagesordnung gehörten, öffnete Dubre sofort die Tür, was in Amerika um diese Uhrzeit und ohne Voranmeldung des Besuchers ein Fehler gewesen wäre.
Es war auch jetzt ein Fehler.
Kaum hatte sich die Klinke bewegt, trat sich Hamnet den Weg frei. Dubre ließ sofort den Griff los, als ihm die Türkante gegen den Unterarm knallte und er unter dem Aufprall fast zu Boden ging. Er hatte die Ursache für den gewaltigen Schmerz noch gar nicht richtig realisiert, als Hamnet ihm auch noch die Schulter in den Brustkorb rammte. Völlig überrascht brach Dubre zusammen und blieb auf dem Rücken liegen. Er konnte dem Schlag nichts entgegensetzen, und während er noch nach Luft japste, drückte Hamnet ihm bereits die Kehle zu. Kein einziges Wort war gefallen, und obwohl Dubre zu sprechen versuchte, brachte er keinen Ton heraus. Dubre hatte Hamnet sofort erkannt, war völlig überrascht gewesen, und jetzt war sein Gesicht von Angst verzerrt.
Hamnet drückte noch fester zu und war sich der Wirkung seines Griffs genau bewusst. Bei den meisten Menschen löste er Panik aus. Manche starben, weil sie glaubten, nie wieder zu Atem zu kommen, und zu dieser Gruppe gehörte eigentlich auch Dubre. Hätte er Ruhe bewahrt, hätte er, da er größer und stärker war als Hamnet, seine Beine in den Boden stemmen und seinen Angreifer aushebeln können. Aber stattdessen rutschten seine Schuhe über die teuren Bodenfliesen, während er sich mit den Händen verzweifelt in Hamnets bloße Unterarme zu krallen versuchte. Dubres Gesicht lief rot an, und seine Augen quollen hervor, seine Gegenwehr erschlaffte und erlahmte dann völlig, während sein Blick zu brechen
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