Schiffe versenken
nennen? – Er wird mich unterstützen und sich hier einarbeiten, bis ich gehe, und dann mein Nachfolger werden. – Joan ist meine Assistentin und wird auch Ihre sein. Sie kennt sich viel besser aus als ich, also stellen Sie am besten ihr alle Fragen, sie ist hier die graue Eminenz.« Er unterstrich seine Worte, die er wie Kanonenkugeln abfeuerte, indem er sein rabenschwarzes Haar nach hinten strich und verschwand durch die Tür.
Hamnet nickte Joan kurz zu, ehe er Toby folgte und die Tür schloss. Hinter dem Schreibtisch konnte Hamnet durch das Fenster den Hafen und hundert oder mehr Schiffe vor Anker liegen sehen, wo sie auf ihre Fracht warteten oder bereits mit dem Laden begonnen hatten.
Toby redete unentwegt weiter. »Sie sollten mich während der nächsten Woche einfach so oft wie möglich begleiten, so sehen Sie am besten, wie der Hase läuft. Außerdem gibt es hier im Büro Tonnen von Akten, aus denen Sie ersehen können, wie Konsan organisiert ist.« Er griff sich einen Stapel und wuchtete ihn über seinem gewaltigen Bauch in Hamnets Arme, was mehrere seiner Hemdknöpfe aufspringen ließ. Dazu grinste er und zwinkerte mit seinen braunen Augen, als er Hamnets Gesichtsausdruck sah, und war auch schon wieder draußen, wobei er immer noch ununterbrochen weiterredete. »Sie werden jede Menge zu tun haben, während ich hier die Papiere durchwühle, und falls Ihnen Joan mal eine Frage nicht beantworten kann, wenden Sie sich an mich. Und nach ein paar Wochen werden Sie mich entlasten können, und in drei Monaten werde ich hier den Dienst quittieren und Sie Ihrem Schicksal überlassen. Vor einer halben Stunde hätte ich schon auf einem Schiff sein müssen, deshalb wird Joan Sie weiter herumführen und Sie der Crew vorstellen, okay?« Die Frage war rein rhetorisch, da er Hamnet bereits hinauskomplimentierte. Eine ramponierte Aktentasche unter dem Arm, rief er in Joans Richtung »Ich bin jetzt außer Haus« und wirbelte davon.
Hamnet sah ihm mit gemischten Gefühlen nach, was wohl auch deutlich in seinem Gesicht geschrieben stand, als er die Akten auf dem Schreibtisch ablegte, den Joan gerade freiräumte.
»Ich freue mich, Sie kennen zu lernen, Mr. Hamnet«, sagte sie.
Hamnet registrierte ihre freundlichen Augen hinter den Brillengläsern und lächelte ihr zu. »Ich mich auch, und sagen Sie einfach Phil zu mir.«
»Er ist ein bisschen hektisch, aber daran werden Sie sich schnell gewöhnt haben – wie alle anderen auch. Möchten Sie eine Tasse Kaffee, ehe ich Ihnen alles zeige?«
In den nächsten drei Stunden arbeitete Hamnet in seinem eigenen Tempo, und Joan machte ihn mit den Mitarbeitern der Abteilung Technische Inspektion bekannt, zeigte ihm, was sich hinter den anderen drei Türen verbarg und informierte ihn über die speziellen Aufgaben der einzelnen Abteilungen. Mittags schwirrte sein Kopf vor Namen, Titeln und Gesichtern, und er brachte über einer Schüssel Nudeln in einem der unpersönlichen Schnellrestaurants im Erdgeschoss ein wenig Ordnung in das Ganze. Und während er in Gedanken die Querverbindungen und Hierarchien aufzählte und herauszufinden versuchte, wo er in dem ganzen Gewirr stand, welche Leute für ihn wichtig waren und umgekehrt, machte er sich auf den Rückweg zu seinem Büro.
»Hallo.« Die Stimme erklang dicht neben ihm, sodass er sich automatisch umblickte und abrupt vor der auffallend attraktiven Frau stehen blieb, die ihn angesprochen hatte. Überrascht und ein wenig linkisch schaute er sich um, aber er entdeckte niemanden, dem der Gruß sonst gegolten haben könnte. Er sah das dunkle Haar, das locker aufgesteckt und schulterlang war, und das hellgelbe T-Shirt, das in einem kurzen, gebatikten Wickelrock steckte. Als sie die Stirn runzelte, zog sie niedlich das Näschen hoch, und das rief eine entfernte Erinnerung in ihm wach, obwohl er seiner Sache nicht sicher war.
»Jasmine. Aus dem Bus nach Chiang Mai«, half sie ihm in ihrem amerikanischen Akzent auf die Sprünge.
Hamnet zögerte einen Augenblick und sagte dann: »Gott, tut mir Leid, natürlich. Ich habe heute einen neuen Job angefangen, mein Kopf brummt. Ich habe Ihnen ja noch gar nicht für Ihre Hilfe bei Ben gedankt.«
»Das ist nicht nötig. Ich hatte nur Angst, dass die Leute im Bus Sie lynchen, wenn ich nicht eingreife. Wie geht es ihm?«
»Ah, meinem Sohn geht’s prima, wirklich prima.«
»Das freut mich.« Sie lächelte erleichtert.
»Ihr dunkler Teint, der Schnitt ihrer Augen – wahrscheinlich hat sie etwas
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