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Schiffsdiebe

Schiffsdiebe

Titel: Schiffsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Hannes; Bacigalupi Riffel
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halten. Er taumelte ans Ufer und ließ seine Last fallen. Mit einem vielsagenden Blick zu dem Mädchen hinüber fragte er: » Du hast sie ja noch immer nicht umgebracht.«
    » Ich hab es dir doch versprochen.« Pima wies mit einer Kopfbewegung auf das zitternde Mädchen. » Hast du was zum Feuer machen?«
    Nailer zuckte mit den Achseln. » Nein.«
    » Mensch, Nailer!« Pima schüttelte verärgert den Kopf. » Wenn du willst, dass sie überlebt, brauchen wir ein Feuer.« Sie machte sich auf den Weg zurück zum Wrack, wobei sie sich sichtlich anstrengen musste.
    » Vielleicht findest du ja noch frisches Wasser!«, rief Nailer ihr nach.
    Er hob den Deckenstapel hoch und stapfte ein Stück den Hügel hinauf, auf der Suche nach einem Platz, der etwas flacher war. Schließlich entdeckte er eine Stelle neben den Wurzeln einer Zypresse, wo der Hang nicht ganz so steil war. Er räumte ein paar Steine beiseite und breitete die Decken aus.
    Bis er wieder ans Ufer zurückgekraxelt war, hatte Pima einen Haufen kaputter Möbelteile herübergetragen. Außerdem hatte sie in der Kombüse einen Kanister Kerosin und einen Anzünder gefunden. Nachdem sie mehrmals zwischen dem Ufer und ihrem Lager hin- und hergegangen waren, trugen sie schließlich das Mädchen hinauf. Nailers rechte Schulter tat inzwischen ziemlich weh, und er war froh, dass er heute nicht hatte arbeiten müssen. Das bisschen, was er getan hatte, strengte ihn schon genug an.
    Bald brannte ein warmes Feuer, und Nailer schnitt Stücke von dem Schinken ab. » Schmeckt klasse, was?«, sagte er, als Pima die Hand nach einem weiteren Stück ausstreckte.
    » Yeah. Die Bonzen lassen sich’s gut gehen.«
    » Uns geht’s auch nicht gerade übel«, stellte Nailer fest. Mit einer ausladenden Handbewegung wies er auf die Reichtümer, zwischen denen sie saßen. » Heute Abend essen wir besser als Lucky Strike.«
    Kaum hatte er es ausgesprochen, wurde ihm erst bewusst, dass es wahrscheinlich nicht übertrieben war. Das Feuer flackerte und tauchte Pima und das fremde Mädchen in ein gespenstisches Licht. Er betrachtete die Beutel mit Nahrungsmitteln, den Sack mit Silber und Geschirr, die dicken Wolldecken aus dem Norden, das Gold an den Fingern des Mädchens. Das alles war mehr, als irgendjemand von den Schiffsbrechern besaß. Und für das Mädchen waren das nur kaputte, nutzlose Dinge. Sie musste unfassbar reich sein! Ein Schiff voller Essen und Luxus; ihr Hals, ihre Finger und ihre Handgelenke von Gold und Juwelen bedeckt; und ein Gesicht, das schöner war als alles, was er je gesehen hatte. Nicht einmal die Mädchen in Bapis Magazinen waren so hübsch gewesen.
    » Sie ist wirklich verdammt reich«, murmelte er. » Schau dir diese ganzen Sachen an! So viel Reichtum sieht man nicht einmal auf den Bildern in den Magazinen.« Mit einem Mal wurde ihm klar, dass die Magazine einen solchen Reichtum eigentlich nur vortäuschten, aber keine wirkliche Vorstellung davon hatten. » Meinst du, sie hat ein eigenes Haus?«, fragte er.
    Pima verzog das Gesicht. » Natürlich hat sie ein Haus. Alle reichen Leute haben Häuser.«
    » Meinst du, es ist so groß wie das Schiff?«
    Pima zögerte und dachte nach. » Schon möglich.«
    Nailer kaute auf seiner Unterlippe herum – er musste an die Strandhütten denken, in denen er zeitlebens geschlafen hatte: notdürftige Unterkünfte aus Ästen, Planken und Palmwedeln, die bei jedem stärkeren Wind davonflogen.
    Das Feuer wärmte und trocknete sie, und sie schwiegen lange, während sie zuschauten, wie die Möbel aus dem Schiff langsam verbrannten.
    » Schau mal«, sagte Pima plötzlich.
    Das Mädchen hatte die Augen geöffnet und starrte in die Flammen. Pima und Nailer musterten sie eingehend. Das Mädchen schaute müde zu ihnen auf.
    » Bist du endlich aufgewacht?«, sagte Nailer.
    Das Mädchen antwortete nicht, sondern sah sie nur mit weit aufgerissenen Augen an. Ihre Lippen bewegten sich nicht. Sie betete nicht mehr, sondern schwieg nur. Blinzelte, starrte sie an und schwieg.
    Pima kniete sich neben sie. » Möchtest du etwas Wasser? Hast du Durst?«
    Das Mädchen zuckte zusammen, blieb aber stumm.
    » Meinst du, sie ist verrückt geworden?«, fragte Nailer.
    Pima schüttelte den Kopf. » Woher soll ich das wissen?« Sie nahm einen kleinen Silberbecher und goss Wasser hinein. Hielt ihn dem Mädchen hin und lächelte. » Hast du Durst? Möchtest du einen Schluck Wasser?«
    Das Mädchen hob eine zitternde Hand und reckte sich dem Becher entgegen. Pima

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