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Schiffsdiebe

Schiffsdiebe

Titel: Schiffsdiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Hannes; Bacigalupi Riffel
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setzte ihn ihr an die Lippen, und sie trank unbeholfen daraus. Ihr Blick war etwas steter geworden, und sie starrte Nailer und Pima an. Als Pima ihr noch einmal den Becher hinhielt, wandte sie das Gesicht ab und versuchte sich stattdessen aufzusetzen. Nachdem ihr das einigermaßen gelungen war, schlang sie die Arme um ihre Beine. Der Feuerschein erhellte ihr Gesicht. Pima gab ihr den Becher erneut, und dieses Mal trank sie ihn in vollen Zügen leer und schaute dann sehnsüchtig hinein.
    » Gib ihr noch etwas«, sagte Nailer, und das Mädchen trank erneut, wobei sie den Becher dieses Mal selbst in die Hand nahm. Das Wasser lief ihr über das Kinn, so gierig trank sie.
    » Hee!« Pima riss ihr den Becher aus der Hand. » Pass doch auf! Das ist alles, was wir im Moment haben.«
    Sie warf dem Mädchen einen verärgerten Blick zu, wandte sich dann um und kramte in dem Beutel mit Obst, das Nailer zusammengesucht hatte. Sie nahm eine Orange heraus, zerteilte sie in Schnitze und hielt sie dem Mädchen hin. Das Mädchen verschlang einen Schnitz und griff nach einem zweiten. Gebannt sah sie zu, wie Pima die Orange in Stücke schnitt. Nach einigen weiteren Bissen legte sie sich jedoch wieder hin und rollte sich erschöpft zusammen.
    Nach einem schwachen Lächeln und einem geflüsterten » Dankeschön«, schloss sie die Augen und schwieg.
    Pima biss sich auf die Unterlippe. Dann stand sie auf und deckte das Mädchen gut zu. » Sieht so aus, als würde sie es schaffen, Nailer.«
    » Kann sein.« Nailer wusste nicht, ob er darüber erleichtert oder enttäuscht sein sollte. Sie lag friedlich da und atmete leise, offenbar eingeschlafen. Wenn sie gestorben oder verrückt geworden wäre, wäre alles viel einfacher gewesen.
    » Ich hoffe wirklich, dass du weißt, was du tust«, murmelte Pima.

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    Wenn Nailer ehrlich war, musste er sich eingestehen, dass er keine Ahnung hatte, was er da machte. Irgendwie erfand er eine neue Version der Zukunft, einfach so, und alles, was er wusste, war, dass dieses sonderbare Mädchen ein Teil davon sein sollte. Dieses Bonzenmädchen mit dem diamantenen Nasenstecker und den goldenen Ringen an den feingliedrigen Händen, mit den dunklen, funkelnden Augen, die so voller Leben waren.
    Er saß, die Arme um die Knie geschlungen, auf der anderen Seite des Möbelfeuers und schaute Pima dabei zu, wie sie die Orange zerteilte. Zwei Mädchen, die nicht unterschiedlicher hätten sein können: Pima mit der dunklen Haut, kräftig und mit zahlreichen Narben und Tätowierungen – dem Symbol ihrer Leichten Kolonne und ein paar Tattoos, die ihr Glück bringen sollten; die Haare kurz geschnitten, muskulös und temperamentvoll. Das andere Mädchen mit ihrer viel helleren Haut, kaum von der Sonne berührt, mit langem, wallendem Haar, ihre Bewegungen geschmeidig und überlegt, ihr Gesicht und ihre bloßen Arme makellos, unberührt von Misshandlungen, Stromschlägen oder ätzenden Chemikalien.
    Zwei Mädchen, zwei völlig verschiedene Leben, zwei Seiten des Schicksals.
    Nailer zupfte an seinen schweren Ohrringen. Er und Pima hatten sich eine Menge Tätowierungen machen lassen, von den Zeichen, die es ihnen ermöglichten, bei einer Kolonne zu arbeiten, bis zu den Symbolen des Rostheiligen und der Parzen. Die Haut des Mädchens dagegen war weiß. Keine Schmucktattoos, keine Arbeitsmale, nichts. Sie war ein unbeschriebenes Blatt. Obwohl er etwas kleiner war als sie, wusste er, dass er sie, wenn nötig, töten könnte. Mit Pima würde er nicht so schnell fertigwerden, aber dieses Mädchen konnte nicht kämpfen.
    » Warum habt ihr mich nicht getötet?«
    Nailer schrak aus seinen Gedanken. Das Mädchen sah ihn über das Feuer hinweg an. In ihren Augen spiegelten sich die Flammen, die an dem brennenden Holz hochzüngelten. » Warum habt ihr mich nicht getötet, als ihr die Gelegenheit dazu hattet?«, flüsterte sie.
    Ihre Aussprache war äußerst kultiviert und wohlklingend, ihr Tonfall knapp und präzise. Als wäre sie eine von den großen Bossen, die manchmal vorbeikamen, den Fortschritt der Arbeit begutachteten und gute Ergebnisse mit einer Prämie belohnten. Keine Spur von einem Dialekt oder irgendwelchen Ecken und Kanten. Sie nahm den letzten Orangenschnitz entgegen und aß ihn langsam und genussvoll. Dann setzte sie sich vorsichtig auf.
    Ihr Blick schweifte zwischen Nailer und Pima hin und her. » Ihr hättet mich einfach sterben lassen können.« Sie wischte sich mit der Hand über den Mund und leckte ein paar Tropfen ab,

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