Schiffsdiebe
und ich sag dir, reiche Leute machen Leuten wie uns immer nur Ärger. Wir sind für die keinen Meter Kupfer wert, aber die sind ganz vernarrt in Ihresgleichen. Vielleicht kriegen wir ’n bisschen Geld für sie, aber dann kommen sie mit Gewehren zurück und räuchern uns aus wie ein Schlangennest, statt sich zu bedanken.«
Nita widersprach vehement. » Das würden wir nie …«
» Halt die Klappe, Schätzchen.« Richards Stimme war tonlos, unbeteiligt. » Vielleicht bist du ja was wert. Vielleicht auch nicht. Aber ich weiß ganz bestimmt, dass du mir auf den Zeiger gehst, wenn du den Mund aufmachst.« Er zog sein Messer. » Wenn ich mir das noch lange anhören muss, schnippel ich dir deine hübschen Lippen ab. Dann lächelst du sogar, wenn du traurig bist.« Er starrte sie an. » Meinst du, deine Leute wollen dich auch ohne Lippen wiederhaben?«
Nita blieb ihm die Antwort schuldig. Lopez nickte zufrieden, setzte sich zu Nailer und senkte den Kopf. Er roch nach Schweiß und Whisky, und seine Augen waren blutrot.
» Deine Idee war gar nicht so schlecht, mein Junge.« Richard blickte zu dem Mädchen hinüber. » Aber je mehr ich darüber nachdenke, umso mehr Zweifel hab ich. Der Klipper hat uns wirklich ’ne Menge Kohle eingebracht. Von jetzt an wird alles anders. Verdammt, wir sind reich und arbeiten mit Lucky Strike zusammen! Die Jungs nehmen gerade den Rumpf auseinander, und bald wird nichts mehr davon übrig sein.« Er grinste. » Ein Kinderspiel im Vergleich zu den alten Tankern! Paar Tage Arbeit, und schon ist alles erledigt.« Sein Blick schweifte kurz zu Nita ab. » Aber das Mädchen, das bringt uns nichts ein. Vielleicht lenkt sie die Aufmerksamkeit der großen Bosse auf uns. Und dann fangen die Leute an Fragen zu stellen, woher die ganze Beute stammt und wem was gehört und wer am meisten daran verdient hat.«
» Den Bonzen würde niemand etwas verraten.«
» Mach dir nichts vor!«, murmelte Richard. » Die würden ihre Mutter verhökern, um zu Geld zu kommen.«
» Warten wir noch ein wenig ab«, flüsterte Nailer. » Vielleicht werden wir dann noch reicher.«
Die ganz Zeit hoffte er inständig, endlich von seinem Vater loszukommen – dessen unnatürliches Lächeln und das Zucken seiner Augenlider verrieten nur zu deutlich, wie sehr er auf Slide war.
Richards Blick ruhte bereits wieder auf Nita. » Wenn sie nicht so hübsch wäre, hätte ich sie längst kaltgemacht. Sie erregt einfach zu viel Aufmerksamkeit.« Er schüttelte den Kopf. » Mir gefällt das nicht.«
» Vielleicht können wir ihre Leute dazu bringen, sie freizukaufen, ohne dass sie wissen, mit wem sie es zu tun haben. Dass sie hier ist, ist doch immer noch ein Geheimnis, oder?«
Nailers Vater grinste. » Außer meiner Kolonne weiß niemand davon.« Nachdenklich schaute er zu Blue Eyes, Moby und Tool hinüber. » Aber vielleicht sind das auch schon zu viele. Geheimnisse bleiben nicht geheim, wenn jemand mit Geld um sich wirft.« Er sah das Mädchen an. » Ich werde sie noch einen Tag im Auge behalten – mal schauen, was sich ergibt.« Er stand auf, und Nailer versuchte sich ebenfalls aufzurappeln, aber sein Vater drückte ihn wieder zu Boden. » Bleib du mal hier. Ruh dich aus. Sadna stellt schon Fragen, wo du und Pima abgeblieben seid. Ich hab mich dumm gestellt, weil ich nicht will, dass jemand rausfindet, was hier los ist. Gibt sonst nur Ärger.«
» Sadna sucht nach uns?« Nailer gab sich Mühe, nicht allzu hoffnungsvoll zu klingen.
» Sie hat ein Gerücht gehört, wir hätten Pima gefunden.« Er zuckte mit den Achseln. » Aber sie hat keine Kohle. Und niemand redet, wenn er dafür keine Roten Chinesen bekommt.« Er wandte sich um und sah Tool, Blue Eyes und Moby an. » Passt auf sie auf.«
Die drei nickten – Blue Eyes lächelte, Moby trank einen Schluck aus seiner Flasche, Tools Gesicht blieb ausdrucklos. Richard verschwand im Gestrüpp, ein fahles Skelett, das mit der Finsternis und dem nächtlichen Lärm des Dschungels verschmolz.
Moby grinste und setzte ein weiteres Mal die Flasche an den Mund. » Langsam läuft dir die Zeit davon, Mädchen«, sagte er schließlich. » Wenn deine Leute nicht bald auftauchen, nehm ich dich vielleicht für mich. Wir hätten bestimmt viel Spaß miteinander!«
» Halt die Klappe«, grollte Tool.
Moby sah ihn wütend an, erwiderte jedoch nichts. Tool warf Blue Eyes einen fragenden Blick zu. » Übernimmst du die erste Wache?« Blue Eyes nickte. Tool zog Moby ein Stück in die Büsche, und
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