Schiffsdiebe
dir?«
» Niemand, dem ihr begegnen wollt.« Sie schüttelte den Kopf. » Als unser Klipper auf Grund lief, waren zwei andere Schiffe hinter uns her, aber sie haben wegen des Unwetters abgedreht.«
» Deshalb seid ihr also direkt in den Sturm reingesegelt? Ihr wart auf der Flucht!«
» Entweder das, oder wir hätten aufgeben müssen.« Sie schüttelte den Kopf. » Eigentlich blieb uns keine Wahl.«
» Also sucht gar niemand nach dir?« Nailer konnte den Satz nur noch einmal wiederholen – vielleicht begriff er ihn dann besser. » Du hast uns die ganze Zeit verarscht!«
» Ich wollte nicht, dass ihr mir die Finger abschneidet.«
Pima atmete langsam ein und aus. » Du hättest dich lieber fangen lassen sollen. Nailers Vater ist schlimmer als alles, was dir von denen drohte.«
Nita schüttelte den Kopf. » Nein. Die Leute hier … die haben wenigstens einen Grund. Die, die hinter mir her waren …« Sie schüttelte wieder den Kopf. » Das wäre schlimmer gewesen.«
» Also hast du riskiert, Schiffbruch zu erleiden und zu ertrinken, nur damit die dich nicht kriegen?«, fragte Nailer. » Du hast deine ganze Crew geopfert, damit du nicht gefangen wirst?«
Nita konnte seinem Blick nicht standhalten. » Sie waren …« Sie zuckte mit den Achseln. » Pyce hätte sie sowieso umbringen lassen. Er hätte keine Zeugen gewollt.«
Pima grinste. » Mannomann, sieht fast so aus, als würden sich die Bonzen von uns Rostratten gar nicht so sehr unterscheiden. Alle haben Blut an den Händen.«
» Ja.« Nita nickte ernst. » Das ist überall dasselbe.«
Nailer dachte eine Weile nach. Wenn niemand für Nita bezahlen würde, blieben ihr nicht viele Möglichkeiten. Ohne mächtige Freunde oder Verbündete war ihr Leben am Strand keinen Meter Kupfer wert. Kein Mensch würde auch nur blinzeln, wenn der Lebenskult sie unters Messer nahm. Blue Eyes konnte sie verkaufen, und niemand würde sie ihr streitig machen.
Pima musterte Nita eingehend. » Für eine reiche Tusse wie dich ist das Leben hier ziemlich hart. Du brauchst unbedingt jemand, der dich beschützt, sonst machst du es nicht lange. Aber wer sollte daran ein Interesse haben?«
» Ich kann arbeiten. Ich kann …«
» Du kannst überhaupt nichts, wenn wir es dir nicht erlauben«, fiel ihr Pima brutal ins Wort. » Für ’n Bonzenmädchen wie dich macht hier niemand nen Finger krumm. Du gehörst zu keiner Kolonne. Du hast keine Familie. Ohne deine bezahlten Kerle und dein Geld bist du ein Nichts. Du bist noch schlimmer dran als Sloth. Die hat wenigstens die Spielregeln gekannt. Sie wusste, was von ihr erwartet wurde.«
» Deine Familie kann wirklich nichts für dich tun?«, fragte Nailer.
» Wir haben Schiffe …« Nita zögerte. » Unser Klan hat Schiffe, und einige der Kapitäne halten weiterhin zu meinem Vater. Sie segeln nach New Orleans, um Fracht an Bord zu nehmen, die den Mississippi herunterkommt. Wenn ich dahin gelangen könnte, könnte ich euch belohnen …«
» Hör auf mit dem Geschwätz, Mädchen.« Pima schüttelte den Kopf. » Wir glauben dir kein Wort mehr.«
» Yeah.« Nailer blickte verstohlen zu Blue Eyes hinüber, die sich einer zweiten Machete zugewandt hatte. » Wie wär’s, wenn du zur Abwechslung mal die Wahrheit sagst?« Er wies mit einem Nicken auf die Narbe auf Nitas Handfläche. » Wir haben einen Blutschwur abgelegt, und du lügst uns trotzdem an.«
Nita biss die Zähne aufeinander. » Du hättest mir die Kehle durchgeschnitten, wenn du gewusst hättest, dass ich nichts wert bin!«
Nailer grinste. » Das werden wir wohl nie herausfinden. Aber jetzt haben wir dich, und du bist keinen Meter Kupfer wert.« Er verstummte.
Pima ließ ihn nicht aus den Augen. » Bis Orleans ist es ganz schön weit«, sagte sie. » Von den Alligatoren, Panthern und Pythons ganz zu schweigen. Da bleibt schnell mal jemand auf der Strecke.«
Nailer dachte nach. » Wir müssen ja nicht über Land gehen.«
» Segeln kommt nicht infrage. Dein Vater merkt sofort, wenn ein Boot fehlt, und dann ist er dir im Nu auf den Fersen.«
» Ich habe nicht an ein Boot gedacht.«
Pima starrte ihn entgeistert an. » Blut und Rost!« Sie schüttelte den Kopf. » Unmöglich. Weißt du noch, Reni? Wie er hinterher ausgesehen hat? Da war nicht mehr viel übrig.«
» Er war betrunken. Wir werden nüchtern sein.«
Pima schüttelte erneut den Kopf. » Das ist doch verrückt. Jetzt haben sie dir gerade erst die Schulter zusammengeflickt, und du willst sie dir schon wieder
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