Schiffsmeldungen
anderen teilten mit ihnen, so daß für jeden ein neues Haus raussprang. Onkel Al und Tante Evvie brauchten kein so großes Haus mehr wie früher, darum steuerten sie was von dem Geld bei.«
»Moment mal«, sagte Quoyle. »Sie bauten sich ihr Haus kleiner, als die Versicherungssumme hergab?«
»Hmm«, sagte Wavey. »Er hatte eine extra Versicherung auf sein Bootshaus. Hatte es so hoch versichert, als wäre ein neuer, gerade fertiggewordener Longliner drin gewesen.«
»Das ist vorausschauend«, sagte Quoyle.
»Na, weißt du, hätte ja sein können! Besser vorsorgen als nicht. Wie vielen ist das passiert, und die Versicherung war nur fürs Haus?«
Mrs. Yark, dünne Arme und Beine wie Eisenstangen, dirigierte sie alle an den Küchentisch, goß den Kindern Milchtee in winzige Tassen mit aufgemalten Tieren, vergoldeten Rändern. Sunshine hatte ein geflecktes Schwein, Herry einen Hahn und eine Henne mit Silberflitter. Ein gelocktes und gehörntes Schaf für Bunny. Der Tisch war noch feucht, weil er gerade erst abgewischt worden war.
»Putt, putt, putt«, sagte Herry mit dem Finger auf dem Hahn.
»Die waren schon alt, wie ich noch klein war«, sagte Wavey.
»Du wärst überrascht, meine Liebe, wie alt die sin’. Meine Großmutter hat sie schon gehabt. Das is’ lange her. Sie kommen aus England. Es waren mal zwölf, aber jetzt sin’ nur noch die vier da übrig. Die Pferde und Kühe sin’ kaputt, nur Untertassen sin’ noch mehr. Waren noch ’n paar kleine Glasteller dazu da, aber die sin’ auch kaputt.« Mrs. Yarks Ingwerplätzchen waren fliegende Tauben mit Rosinenaugen.
Bunny fand lauter interessante Sachen in der Küche, einen zusammenklappbaren Stiefelknecht, eine blecherne Puddingform in Gestalt einer Burg mit spitzen Türmen, eine geblümte Barttasse mit einer Keramikbrücke am Rand, damit der Schnurrbart eines Herrn nicht naß wurde.
»Sie hatten Glück, daß Sie die Sachen vor dem Feuer retten konnten«, sagte Quoyle. Aß noch mehr Plätzchen.
»Ähm, ja«, seufzte Mrs. Yark, und Quoyle sah, daß er einen Fehler begangen hatte.
Quoyle verließ das Reich der Frauen, folgte Alvin Yark in die Werkstatt hinaus. Yark war ein kleiner Mann mit papierenem Gesicht, Ohren, so groß wie Fünfzig-Cent-Münzen, Augen wie Weidenblätter. Er sprach mit Lippen, die nicht mehr als ein Spalt zwischen Nase und Kinn waren.
»Du willst also ein Boot. Ein Motorboot?«
»Einfach ein kleines Boot, ja. Ich will was, mit dem ich um die Bucht komme – nicht zu groß. Etwas, mit dem ich allein fertig werde. Ich bin darin nicht besonders gut.«
Eine Mütze saß seitlich auf seinem knorrigen Kopf. Er trug einen Overall, der durch einen Reißverschluß mit zwei Zügen unterteilt war; einer baumelte an seinem Unterleib, der andere an seinem Brustkasten. Unter dem Overall trug er ein Karohemd und über dem Ganzen eine Wolljacke mit noch mehr Reißverschlüssen.
»Ein Rodney mit Außenbordmotor würd’s wohl tun. Fünfzehn, sechzehn Fuß. Mit ’nem kleinen Sieben-PS-Motor dran. Was in der Art«, sagte er und zeigte auf ein stämmiges Boot mit guten Linien, das auf zwei Sägeböcken ruhte.
»Ja«, sagte Quoyle. Wußte genug, um zu erkennen, daß er etwas Gutes vor sich hatte.
»Lern dein’n Kleinen, drin zu rudern, wenn sie ’n bißchen kräftiger sind.«
Sie gingen in das trübe Dämmerlicht der Werkstatt. »Ach«, sagte Yark. »Ich hab’ noch ein oder zwei zum Fertigmachen, weißte«, und deutete auf Holmskelette und halbverschalte Bordwände. »Das heißt, ich helf’ den Winter vielleicht Nige Fearn mit sein’m Longliner. Aber wenn ich in’n Wald rauskomm’ und das Holz find’, geht’s schnell. So ums Frühjahr rum, ja, wenn ’s Eis abzieht. Wenn ich in den Wald komm’ und die richtigen Stecken find’, weißte, Fichte, Tanne. Siehste, man muß schon gute find’n, der Stamm, der sollt’ ’ne kleine Wölbung ham, ’n Achtersteven und ’n Kniestück und natürlich ’n Totholz und ’n Bugband. Du mußt die richtigen dafür ham. Deine Beplankung, weißte. ’s gibt hier Leut’, die dämpfen die. Ich würd’ mich in kein Boot mit gedämpften Planken setzen. Zu schwach.«
»Ich dachte, Sie hätten das Material hier«, sagte Quoyle.
»Nein, Junge, ich bau’ nich’ mit trock’nem Holz. Das Boot saugt ’s Wasser auf, wenn’s aus trock’nem Holz is’, weißte, und gibt’s nich’ mehr her. Aber wenn ’de mit grünem Holz baust, kommt das Wasser nie ins Holz. Ich bau’ nie mit trocknem
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