Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schilf im Sommerwind

Schilf im Sommerwind

Titel: Schilf im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
Vom Netzwerk:
früher, wenn sie übermüdet oder wütend gewesen war und mit den Tränen kämpfte. Dana hätte sie gerne in den Arm genommen, ihr in die Augen gesehen und sie daran erinnert, dass sie nicht zum ersten Mal miteinander verreisten. Aber ihre Nichte dachte nicht daran, den Blick zu heben. Sie starrte auf den alten Handkoffer, auf die Stelle, an der ihr Vater den Griff angefasst hatte, als sähe sie seine Hand deutlich vor sich.
    Dana hörte, wie ihr Flug über Lautsprecher aufgerufen wurde.
    »Na prima, dann wäre ja alles geregelt«, sagte Sam.
    »Oh.« Allie sah Sam beschwörend in die Augen, als sei er der Einzige, der sie noch zu retten vermochte. »Ich würde mit dir segeln gehen, vielleicht. Wenn wir nicht weg müssten.«
    »Vielleicht machen wir das ja, irgendwann«, erwiderte er.
    »Wir müssen los, es ist Zeit«, sagte Dana.
    Sam ging neben ihr her, bis zur Sperre mit den Sicherheitskontrollen. Es gefiel ihr, ihn an ihrer Seite zu wissen, was sie überraschte.
    »Einen guten Flug wünsche ich euch.« Seine haselnussbraunen Augen blickten sie mit solcher Wärme an, dass sie auf einmal das Gefühl hatte, alles würde gut werden.
    »Wird schon schief gehen. Und danke, dass du uns gefahren hast. Ich kann dir gar nicht sagen, wie dankbar ich dir bin.«
    Er nickte. Sie zögerten einen Moment, dann beugte sich Sam vor und umarmte sie. Es dauerte nur eine Sekunde, doch als sie seine Arme ergriff, spürte sie, wie sich seine Stärke auf sie übertrug. Dann trat sie einen Schritt zurück und warf ihren Nichten, deren Gesichter versteinert wirkten, ein aufmunterndes Lächeln zu.
    »Kommt, ihr zwei. Ab geht’s nach Frankreich.«
    »Freu dich ja nicht zu früh!«, murmelte Quinn.
    Sams Blick spürend, schob Dana die Mädchen vorwärts. Sie reihten sich am Ende der Warteschlange ein, hinter Passagieren, die nach Frankreich und in andere Länder flogen. Sobald sie an der Reihe waren, stellten die Leute ihr Handgepäck auf das Band. Während die Röntgenstrahlen jedes einzelne Gepäckstück durchleuchteten, schritten Dana und ihre Nichten durch den Metalldetektor. Sie hatte eine weitere Etappe auf dem Weg nach Frankreich, zu ihrem Atelier, bewältigt.
    Sie winkte Sam gerade ein letztes Mal zu, als sie aus dem Augenwinkel mitbekam, dass einer der Sicherheitsbeamten Quinns Handkoffer öffnete. Zuerst machte sie sich keine Gedanken, hielt es für reine Routine, eine der üblichen Stichproben. Doch dann sah sie, wie Sam mit besorgter Miene vortrat.
    »Gibt es ein Problem?« Dana ging zu ihrer Nichte hinüber.
    Kreidebleich stürmte Quinn vor und warf sich schützend auf den Koffer ihres Vaters. »Finger weg!«, keuchte sie und riss dem Sicherheitsbeamten das Gepäckstück aus der Hand. »Nicht anfassen, verdammt!«
    »Vom Tisch zurücktreten!«, herrschte er sie an.
    »Geben Sie mir den Koffer!«, rief Quinn flehentlich.
    »Was ist da drin?« verlangte einer der Männer zu wissen.
    »Sie denken, er könnte Sprengstoff enthalten«, erklärte ein Passagier, der sich in der gleichen Reihe angestellt hatte, und das Summen von Stimmen war plötzlich laut und deutlich zu hören.
    »Und was ist das?«, fragte eine Sicherheitsbeamtin, eine gertenschlanke Asiatin, die erschreckende Ähnlichkeit mit Monique hatte.
    »Nehmen Sie Ihre Scheißfinger weg!«, brüllte Quinn.
    Dana schlug entsetzt die Hände vor den Mund. Als die Sicherheitsbeamten stirnrunzelnd das große Metallbehältnis, das sie Quinns Koffer entnommen hatten, in Augenschein nahmen, trat Dana neben ihre Nichte und legte den Arm um sie.
    »Quinny, Liebes«, sagte Dana mit zitternder Stimme. »Es ist alles gut. Mach dir keine Sorgen.«
    »Mommy und Daddy«, keuchte Quinn.
    »Grandma bringt dich um, wenn sie merkt, dass du sie mitgenommen hast«, flüsterte Allie.
    »Es ging nicht anders«, sagte Quinn mit versteinerter Miene, als sei sie hypnotisiert. »Wir konnten ihre Asche doch noch nicht in alle Himmelsrichtungen verstreuen. Und dalassen, das konnte ich auch nicht.«
    »Quinn«, sagte Dana leise.
    »Asche?« Die Sicherheitsbeamten runzelten abermals die Stirn. »Du meinst, die sterblichen Überreste eines Menschen? Das ist da drinnen?«
    »Würden Sie mir bitte die Urne geben?«, bat Dana und hielt Quinn immer noch im Arm.
    »Lady, Sie sollten sich schleunigst beim französischen Konsulat erkundigen, was Sie einführen dürfen«, sagte jemand in der Reihe hinter ihnen. »Ich glaube nicht, dass es erlaubt ist, mit einer Urne im Handgepäck einzureisen!«
    »Doch, das ist

Weitere Kostenlose Bücher