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Schilf im Sommerwind

Schilf im Sommerwind

Titel: Schilf im Sommerwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luanne Rice
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gestattet!«, entgegnete ein weiblicher Passagier. »Eine Bekannte von mir hat die Asche ihres Mannes über den Tuilerien verstreut …«
    »Bitte, Tante Dana!« Quinns Augen schwammen in Tränen. »Nimm sie ihr weg …«
    Als die Sicherheitsbeamtin, die wie Monique aussah, Dana das Messingbehältnis aushändigte, übergab sie es Quinn. Das Mädchen drückte die Urne an die Brust und senkte den Kopf, um zu verbergen, dass Tränen über ihre Wangen liefen.
    »Weitergehen«, befahl die Sicherheitsbeamtin. »Alles in Ordnung.«
    Dana schnappte ihre Handtasche und die Mädchen, als sie eine laute Stimme vernahm.
    »Dana, hierher.«
    Es war Sam. Er stand auf der anderen Seite der Schranke, die Augen weit aufgerissen, die Hände ausgestreckt wie jemand, der sich bereithält, den Ball aufzufangen, den man ihm zuspielt. Sein Anblick bewirkte, dass ihr Herz gleich ruhiger schlug.
    »Tante Dana, das ist der falsche Weg«, sagte Allie.
    Quinn schluchzte, das Messingbehältnis an sich gepresst.
    Dana konnte nicht sprechen. Von einer Nichte zur anderen blickend, beugte sie sich zu Quinn hinunter und blickte ihr in die Augen. »Alles in Ordnung?«, fragte sie, aber Quinn weigerte sich, sie anzusehen.
    »Quinn?«
    Sie gingen weiter, gegen den Strom der Passagiere, die zum Flugsteig der Maschine nach Frankreich eilten.
    »Wir werden das Flugzeug verpassen.« Allie klang ängstlich.
    »Ich glaube, genau das hat deine Tante im Sinn«, sagte Sam, als sie um die Sicherheitsschranke herumgingen, und Allie sagte: »Oh!«
    Dana schloss Quinn in die Arme, wobei sie darauf achtete, das Messingbehältnis nicht anzustoßen, um die älteste Tochter ihrer einzigen Schwester zu trösten. Ihr wurde bewusst, dass ihre Zeit als vogelfreie Malerin vorüber war und sie sich auf das größte Abenteuer ihres Lebens einließ.

[home]
    5
    S am fuhr Dana und die Mädchen auf dem gleichen Weg zurück, den sie gekommen waren. Obwohl der Himmel noch hell war, fielen dunkle Schatten über die Autobahn. Der Flug, den sie soeben verpasst hatten, wäre um neunzehn Uhr gegangen. Flugzeuge brausten über ihre Köpfe hinweg, auf dem Weg nach Europa, zogen Kondensstreifen hinter sich her, die das orangefarbene Licht der untergehenden Sonne einfingen. Sam blickte zum Himmel empor und fragte sich, in welcher der Maschinen seine Fahrgäste wohl gesessen hätten.
    »Wieso hast du es dir anders überlegt?«, fragte er.
    Dana ließ sich mit der Antwort so viel Zeit, dass er schon dachte, sie hätte seine Frage nicht gehört. Doch dann drehte sie sich um, warf einen prüfenden Blick auf die beiden Mädchen hinter ihr. Sie schliefen tief und fest, als hätte die kurze Reise sie bereits völlig erschöpft. Sie hatten sich aneinander geschmiegt, Allies weicher blonder Schopf ruhte auf Quinns zerzausten, braunen Haaren.
    »Quinn«, flüsterte Dana, ihre Nichte betrachtend.
    Sam wartete. Er wusste, was sie meinte, aber er wollte es aus ihrem Mund hören, um sicherzugehen, dass er ihre Beweggründe wirklich verstand.
    »Ihr Blick, als sie den Handkoffer ausgepackt haben«, fügte Dana leise hinzu, die Szene wieder vor Augen.
    »Kein pflegeleichtes Mädchen«, sagte Sam.
    »Weiß Gott.« Dana entfuhr ein Seufzer, eine Mischung aus Lachen und Weinen. »Das war sie nie. Wenn sie die Wahl hat, wird sie sich garantiert für den schwierigsten Weg entscheiden.«
    »Du hättest trotzdem gehen können.«
    »Gehen, wohin?«
    »Durch die Schranke, zum Flugsteig. Sobald die Sicherheitsbeamten wussten, was im Koffer war, dass er weder Drogen noch Sprengstoff enthielt, hätten sie grünes Licht gegeben.«
    »Ich weiß. Sie haben gesagt, dass wir gehen können.«
    »Warum bist du dann nicht bei deinem Vorhaben geblieben? Die Asche hätte sie doch mitnehmen können.«
    Dana starrte aus dem Fenster des VW -Busses. Die Dämmerung hatte eingesetzt, Rehe wagten sich aus den Wäldern, die den Merritt Parkway säumten. Ihre Augen glühten im Licht der vorbeihuschenden Scheinwerfer, sie standen reglos im hohen Gras der Lichtungen und ästen, ohne Angst erkennen zu lassen.
    »Weil mir etwas klar geworden ist. Dass sie hier bleiben muss.«
    »Hier?«
    Dana nickte. Sam spähte zum Beifahrersitz hinüber, sah, dass ihre Augen weit geöffnet und hellwach waren. Ihre rostbraunen Haare mit dem Silberschimmer waren nach der neuesten Mode geschnitten. Sie trug schwarze Hosen und ein Sakko, und er fand, dass sie genau dem Bild einer Künstlerin entsprach, die sich auf dem Weg nach Europa befand.
    »In ihrem

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