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Schillerhoehe

Schillerhoehe

Titel: Schillerhoehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Schaewen
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ein, um Dollinger die Chance zu geben, einzuhaken. Aber der Befragte schwieg. Es wirkte so, als ob er zunächst anhören wollte, was Struve wusste.
      »Und – berichten Sie bitte, Herr Kommissar!«
      Struve stand auf und holte einen Bildband aus einem der prall gefüllten Regale hervor. »Die deutsch­deutsche Grenze in 1.000 Bildern«, las Struve vor und klappte das Buch auf. »Sie scheinen auch ein großes Interesse an diesem Thema zu haben.«
      »Was man von einem seriösen Literaturwissen­ schaftler in einem vormals geteilten Land auch erwar­ ten sollte«, antwortete Dollinger fast beleidigt.
      »Wussten Sie, dass Franz Schäufele in der DDR Dienst an dieser Grenze geschoben hatte?«
      »Nein«, log Dollinger, »solch ein vertrauliches Verhältnis hatten wir nicht. Er war für das Material im Keller zuständig, ich aber muss oben sehen, dass das Institut seinen guten Namen auch weiterhin ver­ dient.«
      »Was meinen Sie, warum hat er so lange gewartet, bis er sich an Dietmar Scharf gerächt hat? Er hätte ja schon längst früher mal nach Berlin fahren und Scharf dort abpassen können?«
      »Dafür habe ich nun wirklich keine Erklärung.«
      »Dann will ich Sie Ihnen geben. Er hat sich mit Ihrer Hilfe eine neue Identität aufgebaut. Und er hat sich hier wohlgefühlt. Sauwohl. Denn er hat Sie, Herr Dollin­ ger, nicht nur als Arbeitgeber geschätzt, sondern als Melkkuh, er hat Sie erpresst – und Sie haben es mit sich machen lassen!« Struve stand jetzt dicht vor seinem Gegenüber und blickte ihm direkt ins Gesicht.
      »Sie können viel behaupten, Herr Kommissar, ich weiß von alldem nichts.«
      »Dann will ich Ihnen auf die Sprünge helfen.« Diese Papiere haben wir in Schäufeles Wohnung gefunden. Er hat Buch geführt, Ihr Name taucht auf, monatliche Beträge in vierstelliger Höhe sind da geflossen.«
      »Gut, ich habe ihm öfter geholfen, er hatte seine finanziellen Schwierigkeiten.«
      »Na, schön, Sie helfen gerne, merke ich.« Struve wurde lauter. »Dann erklären Sie mir endlich, wo Sie in der Nacht waren, als Erika Scharf ermordet wor­ den ist. Denn diesen Mord hängen Sie nicht Schäufele an, ihm fehlt das Motiv. Oder haben Sie ihm den Auf­ trag gegeben?«
      »Sie vergreifen sich im Ton, Herr Kommissar«, merkte Sven Dollinger an. »Ich glaube, es wird Zeit, dass ich meinen Anwalt anrufe.«
      »Bitte, rufen Sie ihn an und sagen Sie ihm, dass er Sie im Gefängnis besuchen kann, ich habe nämlich einen Haftbefehl in der Tasche.«
      »Sie werden mich bald wieder laufen lassen müssen, warum sollte ich Erika Scharf umgebracht haben?«
      »Egal, ob Sie es selbst waren oder Schäufele – sie hän­ gen da mit drin. Es ist doch kein Zufall, dass Schäufele am Sonntag bei seiner Flucht auf Sie zurückgegriffen hat. Und wozu sollten Sie sonst mit ihm nach Hessigheim gefahren sein? Wahrscheinlich waren Sie heilfroh, dass Ihr Handkantenschlag an der Tankstelle gereicht hatte, um ihn zur Strecke zu bringen.« Struve hatte sich in Rage geredet: »Geben Sies zu: Sie wollten den Nachlass von der Scharf, sie haben die günstige Gelegenheit erkannt. Und jetzt wollen Sie es Schäufele in die Schuhe schieben.«
      »Absurd, was Sie da behaupten. Das hat vor keinem Gericht Bestand.«
      Wenig später stieg Sven Dollinger in den Wagen von Peter Struve und Melanie Förster. Der Direktor warf einen trotzigen Blick auf die Statue von Friedrich Schil­ ler. Er spürte das harte Kopfsteinpflaster unter den Rei­ fen. Dieser Struve ist der reinste Wadenbeißer, dachte er. Hoffentlich würde ihn sein Anwalt Riebmann bald aus der Untersuchungshaft rausboxen. In drei Tagen kam schließlich der Kulturstaatsminister zur Stipp visite auf die Schillerhöhe. Da durfte er auf keinen Fall feh­ len. Wenn er wieder freikäme, wäre das für diesen Stur­ kopf Struve eine Blamage ersten Ranges.

    Die Zeit arbeitete gegen Peter Struve. Er wusste, die Beweislage war dünn, und der Oberstaatsanwalt stand ebenfalls unter Druck. Einflussreiche Politiker setzten sich für Dollinger ein. Die Erfahrung lehrte: Die Jus­ tiz knickte manchmal ein, wenn prominente Verdäch­ tige gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt werden soll­ ten. Struve hatte nicht viel in der Hand, das musste er zugeben. Vielleicht wäre es ja auch von Vorteil, wenn Dollinger freikäme. Dann könnte er Fehler machen und man ihm besser auf die Schliche kommen.
      »Verdammt, ich weiß, er hats getan«, schimpfte

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