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Schillerhoehe

Schillerhoehe

Titel: Schillerhoehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Schaewen
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rauskommt?«
      »Dumm wie Senf stehen wir da«, antwortete Struve.
      »Ach, nee!«, rief Kottsieper. »Das hätte sich der nette, freundliche Kollege vom mittleren Flur auch früher überlegen können.«
      »Der Oberstaatsanwalt fand unsere Überlegungen nicht so abwegig.«
      »Der Oberstaatsanwalt, der Oberstaatsanwalt. Sie wissen doch genau, dass Müller sich auf so gut wie jeden Knochen stürzt, den wir ihm hinwerfen.« Kott­ sieper nahm das Telefon. »Hallo, Frau Irscher, ich über­nehme den Fall von jetzt an selbst. Struve und Förs­ ter sind draußen. Ja, meinetwegen, Littmann kann mit übernehmen. Was? Ja, in Gottes Namen, dann soll er Dollinger halt freilassen. Nein, verdammt noch mal, es geht nichts an die Presse.«
      Wenig später fanden sich Struve und seine Kollegin auf dem Flur wieder.
      »So schnell kanns gehen«, stöhnte der Kommissar.
      »Schöner Mist«, fluchte Melanie Förster. »Was kön­ nen wir jetzt tun?«
      »Wenns nach Kottsieper geht, Feierabend machen.«
      Sie blickten sich an. Melanie Förster bemerkte bei ihrem Gegenüber einen schelmischen Gesichtsaus­ druck. »Gehts denn nach Kottsieper?«
      »Nö. Einen Versuch starten wir noch«, schlug Struve vor.
      »Und der wäre?«
      »Santos hat mir vorhin etwas auf die Mailbox gespro­ chen. Da hätte sich jemand auf seinen Artikel über Dol­ linger gemeldet. Das hörte sich spannend an.«
      Wenig später trafen sie sich mit Santos in der Redak­ tion.
      »Ich habe einen Informanten, der behauptet, er kenne Sven Dollinger noch aus der NVA­Zeit.«
      »Aha«, sagte Struve. »Und der hat sich jetzt gemel­ det?«
      »Ja, er hat beide Artikel gelesen, und er behauptet, er habe mit Dietmar Scharf und diesem Schäufele, der damals wohl noch einen anderen Namen trug, Wache an der Grenze bei Marienborn geschoben.«
      »Interessant, ein Zeitzeuge also. Aber bringt uns das wirklich weiter?«
      »Aber ja«, antwortete Luca Santos. »Sie werden lachen, raten Sie mal, wer damals bei der Grenztruppe als Abschnittsleiter mit von der Partie war?«
      »Dollinger?«
      »Volltreffer! Aber nicht unter seinem jetzigen Namen, sondern als ein gewisser Manfred Torgelow. Unser Infor­ mant hat ihn aufgrund der Fotografien in unserem Bericht mit den anderen beiden erwähnten Ex­NVA­ Soldaten identifiziert.«
      »Dann saßen Scharf, Schäufele und Dollinger damals an der Grenze also in einem Boot«, hielt Melanie Förs­ ter fest.
      »Und in was für einem«, ergänzte Luca Santos: »Die Offiziere Scharf und Dollinger haben sich gehasst wie Katze und Hund. Schäufele mit vier oder fünf ande­ ren mittendrin – da gings ganz schön ab, meinte unser Informant.«
      »Was hat er Ihnen noch erzählt?«, wollte Melanie Förster wissen. »Wie standen Schäufele und Scharf zueinander?«
      »Dazu gibt es nur die eine Geschichte, die wohl aber entscheidend ist: Scharf muss Schäufele gezwun­ gen haben, auf Flüchtige zu schießen, die sich später als seine Verwandten herausstellten – das war 1973.«
      »Das wissen wir ja schon«, sagte Struve ungedul­ dig. »Schäufele hat Scharf deshalb umgebracht. Damit wären wir bei Dollinger: Was hat er in dieser Nacht am Todesstreifen eigentlich gemacht?«
      »Ich habe dem Informanten genau diese Frage gestellt.« Luca Santos drückte auf den Knopf seines Aufnahmegerätes. Eine krächzende Stimme mit säch­ sischem Tonfall war zu hören. »Der Torgelow, der hat draufgehalten, der wollte den Mann nicht gehen las­ sen, der hat draufgehalten. Niemand hats gesehen, aber ich stand im toten Winkel, der hat den Mann einfach erschossen, kaltblütig.«
      Peter Struve und Melanie Förster stockte der Atem. Sie hörten von einem Mord, der mehr als 30 Jahre zurücklag. Eine Tat, die offenbar nicht im Rahmen der Pflichterfüllung am Todesstreifen lag, aber den einzi­ gen Überlebenden der Flüchtlingsfamilie für immer zum Schweigen gebracht hatte.
      »Haben Sie Torgelow angezeigt?«, fragte Luca San­ tos in der Aufzeichnung den Anrufer.
      »Bin ich denn verrückt, der hätte mich umgebracht«, antwortete der Unbekannte. »Oder die hätten mich ein­ gebuchtet – das ging doch damals ganz schnell, dann war man in Bautzen.« Das Gespräch endete abrupt.
      »Okay«, sagte Struve, »die Aufzeichnung ist Gold wert. Haben Sie den Namen des Anrufers?«
      »Das nicht, aber die Nummer, mit der er angerufen hat«, sagte Santos.
      »Gut,

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