Schimmernder Rubin
aus dem Fahrstuhl und verließ sofort das Hotel.«
Nowikow nippte an seinem Glas. Es enthielt einen dünnen, säuerlichen amerikanischen Wodka, pur.
»Hast du den Mann identifiziert?« fragte er.
»Er ist als J. C. Johnson eingetragen«, sagte Gapan, »mehr weiß ich nicht; scheint um die Vierzig zu sein und trägt legere Kleidung mit einer Waffe unterm Hemd.«
»Und wie steht’s mit der geheimnisvollen Limousine? Weißt du, wer drin saß?«
Gapan schüttelte den Kopf. »Es war ein Cadillac, aber ich habe nicht reingesehen. Die Fenster waren sehr dunkel.«
»Das Übliche«, stellte Nowikow trocken fest.
»Der Fahrer oder Toths Begleiter muss mich gesehen haben. Sie fuhren direkt in die Parkgarage eines dieser infernalischen Einkaufszentren.«
»Wo du sie verloren hast«, riet Nowikow.
»Tut mir leid.« Gapan rieb sich unglücklich das zerklüftete Kinn. »Ich habe alles versucht. Ich bin es nicht gewohnt, so zu fahren. Der Verkehr hier... ein Alptraum!«
Mit einem unterdrückten Fluch kippte Nowikow den Rest seines Wodkas hinunter und bedeutete dem Barkeeper, ein weiteres Glas zu bringen. Gapan leerte seine Portion, verzog das Gesicht und schluckte.
»So, mein kleiner Polizist«, murmelte Nowikow. »Du hast die Verdächtige, eine verführerische amerikanische Journalistin, ausfindig gemacht. Sehr gut. Du hast sie verloren. Nicht so gut. Du hast es nicht geschafft, die geheimnisvolle Person oder die geheimnisvollen Personen zu identifizieren, die sie getroffen hat. Noch schlimmer. Aber jetzt hast du sie wiedergefunden. Gut. Wie hast du das nur geschafft?«
»Ich dachte, sie würden vielleicht das Hotel wechseln, nachdem sie bemerkt hatten, dass ich ihnen auf den Fersen war. Also bin ich zum Century Plaza zurückgekehrt und habe auf einen Pagen gewartet, der mit ihrem Gepäck auftauchen müßte.«
»Bravo«, sagte Nowikow mit einem überraschten Seitenblick auf seinen Kulaken. »Wie bist du denn darauf gekommen?«
»Ich bin immer derjenige, der zurückbleibt und sich um das Gepäck kümmert, wenn wir auf Reisen sind«, lautete Gapans schlichte Erwiderung.
»Ah, natürlich«, sagte Nowikow. Bauernschläue. »Und wie hast du die Zimmernummer herausgefunden?«
Gapan hob sein Glas an die Lippen. Bei einem anderen Mann hätte Nowikow angenommen, dass er dadurch Zeit gewinnen wollte, aber Gapan war zu schwerfällig für solche Mätzchen.
Gapan rülpste, wischte sich den Mund ab und lächelte verstohlen, als er Nowikows angewiderte Miene sah.
»Der Page ist erst vor kurzem aus Rußland emigriert«, sagte er. »Ich habe ihm gedroht, seine Geschwister verhaften zu lassen, wenn er mir nicht die Zimmernummer verrät.«
»Wozu wir unglücklicherweise nicht mehr in der Lage wären«, warf Nowikow ein. »Das verdammte neue Regime macht sich in die Hosen vor Angst, »internationale Aufmerksamkeit« zu erregen.«
»Das wußte der Page nicht. Er hat mir die Zimmernummer gesagt.«
»Die Kunde von den Veränderungen in unserem Land spricht sich anscheinend nur sehr langsam bei unseren im Ausland lebenden Landsleuten herum.«
»Sie hören davon.« Gapan schob das Kinn vor. »Aber sie glauben einfach nicht, dass eine solche Veränderung möglich ist.«
Nowikow nippte an seinem Wodka und sah sich die Leute an, die sich an der Bar einfanden. Bunte, farbenfrohe Menschen, reich und kraftvoll und selbstbewußt. Sie waren so anders als die Bewohner Moskaus, die die trüben Mienen von Menschen zur Schau trugen, deren Los so unweigerlich in Unterdrückung mündet wie ein Fluß in den Ozean.
Bauern, dachte Nowikow voller Bitterkeit. Bauern, die nicht wußten, wann ein gutes Leben für sie begonnen hatte, so dass sie das Leben aller anderen gleich mit ruinierten.
Er schob den Wodka zur Seite und wandte sich Gapan zu.
»Ich werde die Leine, an der unsere Freundin in sechshundertzwölf hängt, ein wenig kürzen«, sagte er. »Weißt du, wo es hier ein Haustelephon gibt?«
»In der Lobby.«
»Tu so, als ob du es benutzt, und beobachte währenddessen die Eingangstür. Wenn der Kerl, der sich J. C. Johnson nennt, zurückkommt, ruf oben an. Laß einmal klingeln und leg dann wieder auf.«
Gapan nickte. »Werden Sie sie töten?«
»Ich glaube nicht. Aber... die Möglichkeit besteht, nicht wahr?«
Nowikow verließ die Bar, selbstbewußt schritt er durch die Lobby zum Lift, als wäre er einer der gutsituierten Gäste des Hotels. Als er im fünften Stock aus dem Fahrstuhl stieg, filterten Vorhänge aus sehr teurem Stoff die
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