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Schimmernder Rubin

Schimmernder Rubin

Titel: Schimmernder Rubin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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regelmäßig daran, dass es auch so blieb. Zum Teil aus Eitelkeit.
    Zum größten Teil jedoch, weil sein Leben daran hing.
    Swann war einen Meter zweiundachtzig groß und wog zwei Kilo mehr als mit einundzwanzig. Er hatte immer noch einen vollen dunklen Haarschopf, der von nur wenigen silbrigen Fäden durchzogen war. Sein dichter, kurzgeschnittener Bart wies wesentlich mehr graue Strähnen auf. Der Bart, seine Sonnenbräune und das leichte Blinzeln eines Mannes, der sich häufig im Freien aufhielt, trugen dazu bei, dass er wirkte wie ein Pirat.
    Laurel hatte noch nie einen Mann gesehen, dessen Haltung größeres Selbstvertrauen verriet als das Jamie Swanns. Er verfügte über einen aufrechten, bestimmten Gang, war ohne Furcht und anscheinend völlig gedankenlos. Doch sie wusste, dass er in vielerlei Hinsicht gerissen war, wenn es ihm nicht gar gelang, andere nach Belieben zu manipulieren.
    In den sieben Jahren, seit ihre Mutter tot war, hatte Laurel allmählich begriffen, dass der Grund für die Trennung ihrer Eltern weder fehlende noch übermäßige Leidenschaft gewesen war. Noch Jahre nach der Scheidung hatten sie sich nacheinander gesehnt, aber Swann hatten sein eigenes Leben und seine Freiheit noch mehr bedeutet als die Liebe zu seiner Frau.
    Die vergangenen sieben Jahre hatten Laurel gezeigt, dass die sporadischen Besuche ihres Vaters seine häufigen Abwesenheiten noch verschlimmerten. Es war nicht so, als wäre er tot. Der Tod war etwas Endgültiges. Mit dem Tod konnte man sich auseinandersetzen und ihn schließlich akzeptieren. Das hatte Laurel nach dem Ableben ihrer Mutter gelernt.
    Aber was Swann betraf, so hörte der Schmerz nie auf. Er lebte und kam immer dann, wenn Laurel gerade die Hoffnung aufgegeben hatte, ihn jemals wiederzusehen. Sein plötzliches, unerwartetes Auftauchen - und Verschwinden - brachten sie beständig aus dem Gleichgewicht. Sie konnte Swann weder vollständig vertrauen, noch gelang es ihr, sich seine Rückkehr einfach nicht mehr zu wünschen.
    Es gab Zeiten, in denen sich Laurel fragte, ob die Beziehung zu ihrem Vater schuld daran war, dass es ihr nicht gelingen wollte, mit einem Mann eine feste Bindung einzugehen. Auf jeden Fall hatte sie noch keinen kennengelernt, der es in ihren Augen wert gewesen wäre.
    Laurel liebte ihren Vater, aber je älter sie wurde, um so weniger wusste sie, ob sie ihn auch mochte.
    Als Swann jetzt mit seinem lebhaften Grinsen auf sie zu spazierte, schmolz ihr Herz. Sie hatte viele unglückliche Erinnerungen daran, verlassen worden zu sein, aber ebenso viele glückliche Erinnerungen hatte sie an Zeiten der Heimkehr und Fröhlichkeit.
    »Woher wußtest du, dass ich es bin, Kind?« fragte er.
    »Ich wußte es eben. Wie immer. Wann hast du beschlossen, dir einen Bart wachsen zu lassen?«
    »Deine Mutter hat mich auf eine Entfernung von einer Meile erkannt, aber ich wußte nicht, dass sich solche Fähigkeiten vererben.«
    Laurel fragte nicht noch einmal nach dem Bart. Sie wußte, er ignorierte Fragen, wenn man zu neugierig war.
    »Komm her und gib deinem alten Herrn einen Kuß«, sagte Swann und breitete die Arme aus.
    Einen Augenblick saß Laurel reglos da.
    Plötzlich wirkte ihr Vater verletzlich, wie ein kleiner Junge, der dafür gescholten wurde, dass er zuviel Energie besaß.
    »Ein kleiner Kuß auf die Wange dürfte doch kein allzu großes Problem sein, oder?« fragte er leise.
    »Natürlich nicht«, sagte Laurel und lächelte trotz aller Zweifel.
    Sie eilte durch den Raum und legte die Arme um Swann, klammerte sich an seiner Stärke fest, verspürte für einen Moment in einem Winkel ihrer Seele Wärme und Geborgenheit.
    Swann umarmte seine Tochter ebenso eifrig, aber noch eifriger dachte er nach. Als Laurel auf ihn zugekommen war, hatte er das Ei auf dem Arbeitstisch entdeckt. Er hatte gehofft, vor dem Päckchen einzutreffen, dann wäre alles so viel einfacher gewesen.
    Laurel war wie ihre Mutter, eine durch und durch ehrliche Haut. Die Erklärung, die er sich für das Paket zurechtgelegt hatte, nähme sie ihm nun wohl kaum noch ab.
    »Du bist größer, als ich dich in Erinnerung hatte«, begann er.
    »Das sagst du jedesmal.«
    »Wirklich?«
    »Oje.«
    Er lachte. »Wahrscheinlich sehe ich dich immer noch als Zwölf- bis Fünfzehnjährige. Und jedesmal, wenn ich dir dann gegenüberstehe, wird mir klar, wieviel Zeit seit dem letzten Mal vergangen ist.«
    Wie der Bart war auch die Bitterkeit in Swanns Stimme neu. Laurel legte den Kopf in den Nacken und

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