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Schimmernder Rubin

Schimmernder Rubin

Titel: Schimmernder Rubin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Maxwell
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Pistole unter seinem losen Baumwollhemd. Die Waffe war hinten in den Hosenbund gestopft. Bei ihm sah sie ganz natürlich aus, wie das Ausweismäppchen in der Tasche eines anderen.
    Dies war das erste Mal, dass Swann in Gegenwart seiner Tochter eine Waffe trug. Laurel überlegte, weshalb er sie für nötig hielt.
    Keine der Erklärungen, die er abgab, tröstete sie.
    »Und das Geschäft läuft noch genauso ab wie zu jener Zeit«, sagte Swann ruhig. »Der letzte Job, den ich erledigt habe, hatte mit Geschäftsleuten baskischen Ursprungs in einer kleinen Stadt namens Medellin in Kolumbien zu tun. Die Basken sind brutaler als alle anderen, mit denen ich je zusammengearbeitet habe. So etwas wie das kolumbianische Äquivalent der Cosa Nostra. Nur zehnmal schlimmer. Richtige Arschlöcher, aber auf jeden Fall wußten sie, wie man den Leuten Waffen zukommen läßt, die wir in Südamerika an die Macht bringen wollten.«
    Swann sah zu seiner Tochter hinüber und erkannte ihre Gefühle an den geweiteten Pupillen und der bleichen Haut.
    »Himmel, Kind«, sagte er. »Ich war kein Krimineller, weder in meinen Augen noch in denen von Onkel Sam. Aber ich war auch nicht gerade ein Pfadfinder. Du kannst jeden Geheimagenten fragen, wie es ist. Während du rumsitzt und über perfekte Moral diskutierst, kommt ein anderer, der Moral nicht von Idiotie unterscheiden kann, und rammt dir ein Messer zwischen die Rippen.«
    Swann machte kehrt und trottete abermals auf und ab wie ein gefangener Wolf, der die Abmessungen seines Gefängnisses in Erfahrung bringen will.
    »Ich habe Dinge getan, bei denen es dir kalt den Rücken hinunterlaufen würde«, erklärte er schonungslos. »Darum habe ich noch nie zuvor mit dir darüber geredet. Aber ich habe nie einem Menschen etwas Schlimmes angetan, der nicht mir dasselbe oder noch Schlimmeres angetan hätte, hätte er die Möglichkeit dazu gehabt.«
    Wieder blieb Swann vor dem Fenster stehen, angezogen von etwas, das nur er in dem dämmrigen Himmel sah.
    »Wenn ich einen Fehler gemacht habe«, stellte er verbittert fest, »dann bestand dieser Fehler darin, zu spät erkannt zu haben, dass ich nichts weiter als ein Werkzeug war, ein Aktivposten wie jeder andere, von ein wenig Nutzen. Entbehrlich. Ich war keiner von ihnen, kein Geheimdienstoffizier, kein Spion mit einem teuren Schlips und einem Hochschulabschluß. Ich war ein Vertragsagent - billiger, anonymer Schutz, der vorübergehend Verwendung fand und dann fortgeworfen wurde. Wie ein Kondom.«
    Bei Swanns Gelächter brannte Laurels Kehle von den Tränen, die sie nicht vergießen konnte.
    »Ich habe nie beim Staat das große Geld gemacht«, sagte er. »Viele der Jungs haben ihre Zeit in den Schützengräben verbracht und sich anschließend mit einer großzügigen Pension in die Privatwirtschaft abgesetzt. Wirklich privat. Die meisten von ihnen wurden reich, indem sie Waffen oder Flugzeuge oder Nachrichtensysteme an befreundete Länder verkauften. Manchmal haben sie ihre Geschäfte sogar auf Feindländer ausgedehnt. Aber ich nicht. Dreißig Jahre Grabenkrieg und ich habe keine Pension gekriegt. Ich habe noch nicht mal eine Krankenversicherung. Genausowenig wie die anderen Leute in meiner Position, uns hat man nach Strich und Faden über den Tisch gezogen.«
    Er drehte sich wieder abrupt um.
    »Ich kriege frühestens in zehn Jahren Geld von der Sozialversicherung und sage dir eins, ich halte keine zehn Jahre mehr aus da draußen in Südamerika, dieser beschissenen Region voller Wichtigtuer.«
    Am liebsten hätte Laurel die Augen vom wilden Blick ihres Vaters abgewandt, konnte es aber nicht. Nie zuvor hatte sie ihn so erlebt, mit einer so finsteren Vehemenz und einer noch finstereren Bitterkeit, in der er steckte wie in einem Käfig.
    »Aber das ist jetzt alles vorbei«, sagte er leise. »Ich kehre zurück in eine Welt, der es Spaß macht, moralische Haarspaltereien zu betreiben. Ich habe selbst für meine Pension gesorgt. Und die habe ich mir, verdammt noch mal, sauer verdient.«
    Ohne es zu wollen, blickte Laurel auf das rote Ei.
    »Genau«, Swann nickte. »Ich brauche nicht in den nächsten zehn Jahren als Tankwart oder Hamburgerverkäufer oder Blutspender zu arbeiten, um mir ein paar Dosen Hundefutter zu kaufen, weil die das einzige Fleisch sind, das ich mir leisten kann. Genausowenig wie du.«
    Laurel schluckte, denn ihre Gefühle schnürten ihr die Kehle zu.
    »Das Ei?« fragte sie heiser. »Woher hast du es?«
    »Je weniger du darüber weißt, um so

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