Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Keneally
Vom Netzwerk:
beschädigten Presse wegen wirklich gram oder ob dies nur Theater sei.
    Anschließend stellte Schindler ihm Fragen. Dresner wußte kaum darauf zu antworten. Er sei mit der Maschine nicht vertraut gewesen. Es habe so große Mühe gemacht, sie einzurichten, und er sei in seiner Angst ungeschickt gewesen. Er habe doch gewiß keinen Grund, die Maschine mutwillig zu beschädigen. »Wenn Sie von der Arbeit nichts verstehen, haben Sie hier nichts zu suchen!« rief Schönbrunn. »Angeblich haben ja alle Häftlinge Erfahrung in dieser Arbeit, aber jetzt berufen Sie sich auf Unwissenheit!«
    Schindler verlangte eine genaue Beschreibung der Handgriffe, die Dresner ausgeführt und die mit der Beschädigung der Maschine geendet hatten. Dabei ging er ruhelos auf und ab, sichtlich immer wütender werdend. Als Dresner beschrieb, wie er einen Regler verstellt hatte, explodierte Schindler und stürzte sich auf ihn. »Was sagen Sie da ?! ! « Dresner wiederholte.
    Schindler versetzte ihm einen Faustschlag ins Gesicht. Dresner taumelte, nun aber beruhigt, denn Schindler hatte sich mit dem Schlag gedreht, den Beisitzern den Rücken zugewendet und Dresner unmißverständlich angeblinzelt. Jetzt fuchtelte er mit den Armen und brüllte:
    »Ihr seid doch so blöde, daß es kaum zu glauben ist!« Und zu Schönbrunn und Fuchs wie zu Verbündeten: »Wenn diese Idioten doch wenigstens schlau genug wären, um wirklich Sabotage zu begehen, dann könnte man sie auch aufhängen lassen! Aber was kann man schon mit ihnen anfangen? Die sind ja zum Scheißen zu dumm!«
    Wieder machte er eine Faust, und Dresner erwartete noch einen Schlag.
    »Raus mit dir!« brüllte Schindler.
    Im Abgehen hörte Dresner, wie Schindler zu den anderen sagte:»Besser, wir vergessen das Ganze. Kommen Sie mit, ich habe einen anständigen Martell.«
    Leipold und Schönbrunn dürften von diesem Ausgang nicht sehr befriedigt gewesen sein, denn die Vernehmung hatte kein Resultat erbracht. Sie konnten aber auch nicht behaupten, daß Schindler die Vernehmung hintertrieben oder sie nicht mit dem gehörigen Ernst durchgeführt hatte.
    Wer nach vielen Jahren Dresner diesen Vorfall erzählen hört, könnte den Eindruck gewinnen, als sei den Brünnlitzer Häftlingen das Leben durch eine Folge blitzartig ausgeführter magischer Tricks gerettet worden, doch ist es wohl richtiger zu sagen, daß das Lager Brünnlitz als solches ein einziger Zaubertrick gewesen ist.
    Kapitel 35
    Denn die Fabrik produzierte nichts. »Nicht eine Granate«, wie die Brünnlitzer später kopfschüttelnd sagten. Oder besser, keine der dort gefertigten Granathülsen und kein Triebwerksgehäuse erwies sich als brauchbar. Laut Angaben von Schindler hat er in den Krakauer Jahren Emailwaren im Wert von RM 16 000 000 produziert und Granathülsen in Wert von RM 500 000. In Brünnlitz hingegen so gut wie keine Emailwaren mehr. Die Munitionsfertigung »hatte mit Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen«. Immerhin lieferte er eine Lkw-Ladung »Munitionsteile« im Wert von RM 35 000 aus Brünnlitz, die bei ihm bereits als Halbfertigfabrikate eintrafen. »Noch weniger zu liefern wäre nicht angängig gewesen, und der Vorwand mit den Anlaufschwierigkeiten wurde allmählich für mich und meine Juden gefährlich, weil Rüstungsminister Speer die Anforderungen Monat um Monat steigerte.«
    Gefährlich war Schindlers Politik der Nicht-Fertigung nicht nur insofern, als sie ihn beim Rüstungsminister in Verruf brachte, sondern weil andere Munitionsfabriken sich über ihn ärgerten. Das Produktionssystem war so beschaffen, daß hier Granathülsen, dort Zünder gefertigt wurden und an wieder anderem Ort Ladung und Zusammensetzung der Granaten erfolgte. Man wollte damit vermeiden, daß Luftangriffe die Rüstungsproduktion punktweise zum Erliegen brachten. Schindler stellte Granathülsen her, nur genügten sie der andernorts durchgeführten Qualitätskontrolle nicht. Die darauf eintreffende briefliche Reklamation zeigte Schindler laut lachend Stern, Finder, Pemper oder Garde. Anscheinend belustigte ihn nichts so sehr wie diese Beschwerdeführer.
    Ein Beispiel stehe hier für viele. Am Morgen seines 37. Geburtstages, dem 28. April 1945, waren Stern und Pemper bei Schindler im Büro, als ein Telegramm aus einer Munitionsfabrik in Brunn einging, in dem es hieß, die gelieferten PAK-Granaten seien ungenau kalibriert und das Material nicht bei der richtigen Temperaturgehärtet, es reiße bei Schießproben. Schindler jubelte förmlich, als er das

Weitere Kostenlose Bücher