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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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kantigen Stahl blitzten grelle Glanzlichter. »Also gut, dann bleib hier und kämpfe. Du könntest sogar siegen, glaube ich.«
    Dies war das erstemal, daß er sie belogen hatte. »Aber ich kann siegen«, sagte sie. »Es wird nicht leicht sein, weil wir auf vieles verzichten müssen, was wir gehabt haben, aber noch sind wir nicht am Boden. Bleib doch hier, Abélard, bitte. Bitte! Ich brauche dich. Du kannst alles von mir verlangen, nur nicht, daß ich den Kampf aufgeben soll.«
    »Ich kann nicht von dir fordern, daß du dich änderst«, sagte ihr Mann. »Menschen ändern sich nur, wenn man ihnen genug Zeit dafür läßt. Irgendwann einmal wird das Gespenst, das uns im Nacken sitzt, verblassen, sofern wir beide überleben. Ich glaube, die Liebe ist stärker als die Schuld. Und wenn das so ist und wenn du eines Tages das Gefühl hast, daß deine Pflichten dich nicht länger binden, dann komm mir nach! Suche mich und finde mich!«
    »Das will ich, ich verspreche es dir, Abélard... Du ... wenn sie mich töten wie die anderen ... und du überlebst in Sicherheit, dann versprich mir, daß du mich nicht vergessen wirst.«
    »Niemals. Ich schwöre es bei allem, was zwischen uns gewesen ist.«
    »Dann also jetzt, adieu.« Sie stieg in den riesigen Investorensessel, um ihn zu küssen. Sie fühlte, wie sich seine stählerne Hand wie eine Fessel um ihr Handgelenk schloß. Sie küßte ihn leicht. Dann zupfte sie sacht, und er gab sie frei.
     

6 .Kapitel
     
    HANDELSSCHIFF DER INVESTOREN: 29-9-'53
     
    Lindsay lag auf dem Boden seiner höhlenhaften Luxuskabine und atmete tief. Die ozongeschwängerte Luft im Investorschiff stach ihm in die Nase, die trotz der applizierten Schutzöle einen Sonnenbrand aufwies. Die Wände der Kabine bestanden aus geschwärztem Metall, aus dem knopfartige Armaturenöffnungen herausragten. Aus einer davon sprudelte ein Bächlein von Aqua destillata in der starken Schwerkraft in träger Kaskade herab.
    Die Luxuskabine wies Anzeichen starker Abnutzung auf. Feine Kratzer überzogen wie Keilschrift den Boden und die Wände bis fast zur Deckenhöhe. Also waren die Humaniden nicht die einzigen Passagiere, die sich ein Ticket auf einem Investorschiff leisten konnten.
    Sofern die moderne Exosoziologie der Shaper rechthatte, waren aber auch die Investoren selbst nicht die Ersteigner dieser Sternschiffe. Jedes der Schiffe prangte in großspurigen aufdringlichen Mosaiken und Basreliefs aus Metall, aber alle waren sie Unikate. Bei intensiver Analyse jedoch ließ sich eine zugrundeliegende Allgemeinstruktur erkennen: stumpfe Hexagonalformen an Bug und Heck mit sechs langgezogenen rechtwinkligen Seiten. Derzeit herrschte die Ansicht vor, daß die Investoren diese Schiffe entweder gekauft, gefunden oder gestohlen hätten.
    Der Flaggenoffizier hatte ihm ein Lager bereitet, eine breite flache Matratze mit braunen und weißen Sechseckmustern, die allerdings für Investorenbequemlichkeit geplant war. Der Bezug war so rauh wie Segeltuch. Sie roch schwach nach dem investorischen Schuppenöl.
    Lindsay hatte die Metallwandung seiner Luxuskabine geprüft, weil ihm die Kratzer ein Rätsel waren. Obgleich die Oberflächenstruktur leicht körnig war, waren die Stahlzipper seiner Fußbedeckung wie über Glas darauf ausgeglitten. Jedoch, vielleicht war das Material unter extremen Temperatur- oder Druckbedingungen weicher. Ein sehr großes klauenbewehrtes Tier beispielsweise, in einem Bad von Flüssigäther unter hohem Druck, hätte die Wände ankratzen können, bei dem Versuch, sich hinauszugraben.
    Die Schwerkraft war schmerzhaft, doch immerhin hatte man die Beleuchtung in der Luxussuite gedämpft. Der Raum war riesig und unmöbliert; die an Magnethalterungen verteilten Kleidungsstücke Lindsays wirkten wie klägliche Lumpen.
    Es war ungewöhnlich, daß die Investoren einen Raum derart kahl und uneingerichtet ließen, selbst wenn er gelegentlich Zootieren als Unterkunft diente. Lindsay lag ganz still und versuchte flach zu atmen, während er die Sache überdachte.
    Die gepanzerte Lukentür dröhnte und öffnete sich dann knirschend. Lindsay stemmte sich auf seinem künstlichen Arm hoch, dem einzigen Glied an seinem Körper, das nicht von der Einwirkung der Schwerkraft schmerzte. Er fragte lächelnd: »Ja, Fähnrich? Was Neues?«
    Der Mann trat herein. Für einen Flaggenoffizier war er klein, nur um die Länge eines Unterarms größer als Lindsay selbst, und der drahtige Körperbau wurde noch betont durch einen vogelhaften Tick,

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