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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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zumurmelten und die Neuankömmlinge einstuften. Es machte die vier Gorillas nervös, daß Constantine so lange mit dem Aufbruch zögerte. Die zahlreichen Feinde, die Constantine hier am Ort hatte, waren der Verzweiflung nahe, als die Banken in Goldreich-Tremaine dem Bankrott zutrieben. Die Wächter fieberten vor argwöhnischer Aufmerksamkeit.
    Doch Constantine zögerte noch immer. Er hatte die Shapers auf ihrem eigenen Feld besiegt, und dies verschaffte ihm ein höchst starkes Gefühl der Lust und Befriedigung. Für solche Augenblicke wie diesen lebte er. Er war wahrscheinlich der einzige vollkommen ruhige Mensch in einer Masse von nahezu zweitausend. Noch nie hatte er sich dermaßen allmächtig gefühlt.
    Seine Feinde hatten sich selbst gelähmt, indem sie ihn unterschätzten. Sie hatten sein Maß genommen und sich dabei gründlich geirrt. Constantine selbst kannte sein Maß ebenfalls nicht; und dieser schmerzliche Stachel trieb ihn weiter und weiter.
    Er dachte über seine Feinde nach, einen nach dem anderen einschätzend. Die Militaristen hatten ihn erwählt, um die Mitternachts-Clique anzugreifen, und sein Erfolg war durchschlagend und eindrucksvoll gewesen. Der Regent, Charles Vetterling, war als erster gestürzt. Vetterling hatte sich eingebildet, der geborene Überlebenskünstler zu sein. Von Carl Zeuner angestachelt, hatte er sein Schicksal den Militaristen ausgeliefert. Die Macht der Midnight Clique war von innen heraus zerstört worden. Die Gruppe zerbrach in sich gegenseitig befehdende Lager. Jene, die standhielten, wurden von anderen, noch stärker hoffnungslosen Angehörigen denunziert.
    Der mechanistische Abtrünnige Sigmund Fetzko hatte sich »dünngemacht«. Leute, die in diesen Tagen in seinem Domizil vorsprachen, erhielten nur raffiniert verzögernde Ausflüchte von dem ausgeklügelten System seines Haushalts. Fetzkos Image lebte; der Mann selbst war gestorben - und zu höflich, es einzugestehen.
    Neville Pongpianskul war tot, in der Republic auf Constantines Befehl hin ermordet.
    Kanzler-General Margaret Juliano war einfach von der Bildfläche verschwunden. Wahrscheinlich hatte ein persönlicher Feind sie erledigt. Das allerdings verwirrte Constantine immer noch ein wenig; am Tag ihres Verschwindens hatte man ihm eine große Kiste ohne Absenderangabe zugeschickt. Leibwächter hatten sie vorsichtig geöffnet, und im Innern befand sich ein Eisblock, auf dem in eleganter Schrift eingemeißelt stand: Margaret Juliano - auf Eis . Man hatte sie seither nicht mehr zu Gesicht bekommen.
    Oberst-Professor Nora Mavrides hatte ihre Karten drastisch überreizt. Ihr Gemahl, der falsche Lindsay, war verschwunden, und sie hatte Constantine beschuldigt, ihn entführt zu haben. Als ihr Mann dann wieder auftauchte und eine wilde Story über Superhelle und Renegaten und Schwarzmarktkliniken auftischte, war sie in Ungnade gefallen.
    Constantine war immer noch nicht sicher, was geschehen war. Die wahrscheinlichste Erklärung war wohl, daß Nora Mavrides von ihrem kleinen Tripp seniler ausgebrannter Diplomaten hintergangen worden war. Vielleicht hatten diese ja die Entwicklung kommen sehen und es ihrer Ex-Protektorin besorgt, in der Hoffnung, daß das neue Regime der Skimmer-Union es ihnen danken werde. In diesem Fall allerdings sollten sie sich gröblich getäuscht haben.
    Constantine blickte sich in der höhlenhaften Station um. Er regulierte seine Videobrille auf Nahausschnitte. Mitten unter den aufgeregten überelegant herausgeputzten Shapers machte er eine wachsende Minorität anderer Typen aus. Eine importierte Ladung von Sundogs. Da und dort hielten sich schäbig gekleidete ideologische Wracks, mit freudigem Lächeln auf den Gesichtern, spitzenärmelige Gewänder vor den Torso oder lauerten mit hyänenhafter Gleichmut in der Nähe von Evakuierten, die ihr Gepäck erleichtern mußten.
    »Ungeziefer«, sagte Constantine. Der Anblick deprimierte ihn. »Gentlemen, es ist Zeit, daß wir aufbrechen.«
    Die Leibwächter brachten ihn durch einen für die Öffentlichkeit gesperrten Zugang zu einer in Velcro tapezierten Privatrampe. Seine Adhäsivstiefel fuhren knirschend und fegend über den Stoff.
    Er schwebte durch die Bordröhre schwerelos zur Luke der Friendship Serene . Sobald er an Bord war, pflanzte er sich in seinen Lieblings-Beschleunigungssitz und koppelte sich in das Video ein, um den Take-off zu genießen.
    Auf den skeletthaften Wartesteigen des Hafens stauten sich kleinere Schiffe vor den Startröhren; sie

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