Schismatrix
wirkten zwergenhaft neben dem gestylten Rumpf eines Sternenschiffs der Investoren. Constantine verrenkte sich den Hals, womit er seine Außenkameras in sklavischem Gehorsam zum Schwenk zwang.
»Ist dieser Investorbrocken noch immer da?« sagte er laut. Er lächelte. »Glaubt ihr, die schnüffeln nach Billiggeschäften?«
Er hob seine Videogläser. In der Schiffskabine krabbelten seine Leibwächter übereinander an einem Deckentank herum und pumpten sich aus Atemmasken mit Tranquilizergas voll. Einer der Gorillas blickte rotäugig zu ihm herüber. »Dürfen wir uns jetzt in den Winterschlaf begeben, Sir?«
Constantine nickte säuerlich. Seitdem der Krieg wieder losgegangen war, war seinen Beschützern jeglicher Sinn für Humor abhanden gekommen.
EIN INVESTOR-HANDELSSCHIFF: 22-9-'53
Nora blickte zu ihrem Mann hinauf, der über ihr in einem gewaltigen Sessel thronte. Sein Gesicht war hinter einem dunklen Bart und opaken mächtigen kugelförmigen Schutzbrillen verborgen. Die Haare waren kurzgeschnitten, er trug einen Mech-Trainingsanzug. Seine alte schrundige Diplomatentasche ruhte auf dem groben Plüsch des Decks. Er nahm sie mit sich. Er plante, sich abzusetzen.
Die starke Schwerkraft im Investorschiff lastete auf ihnen beiden wie Eisengewichte. »Laß das Herumgelaufe, Nora«, sagte Lindsay. »Das macht dich nur ganz kaputt.«
»Ich ruh mich später aus«, sagte sie. Krampfknoten saßen ihr im Nacken und in den Schultern.
»Leg dich jetzt hin! Da, nimm den anderen Sessel! Wenn du die Augen zumachst, ein bißchen schläfst... es wird ganz rasch gehen ...«
»Ich komm nicht mit dir mit.« Sie nahm die Sonnenbrille ab und rieb sich den Nasenrücken. Das Licht in der Kabine war das von den Investoren bevorzugte Licht: ein stechender weißblauer, von Ultraviolett durchtränkter Lichtstrom.
Sie verabscheute dieses Licht. Irgendwie hatte sie es den Investoren stets verübelt, daß sie sozusagen den Toten ihrer Familie die Würde und den Sinn geraubt hatten. Und die drei Monate, die sie früher einmal in solch einem Schiff zugebracht hatte, waren die unheimlichste Erfahrung ihres ganzen Lebens gewesen. Lindsay seinerseits hatte sich als rasch anpassungsfähig gezeigt, der vollendete Sundog, so leicht bereit, mit den Aliens Geschäfte zu machen wie mit jedem sonst. Das hatte sie damals nachdenklich gemacht. Und nun hatte sich der Kreis erneut geschlossen.
Er sagte: »Aber du bist doch so weit mitgekommen. Das hättest du doch nie getan, wenn du nicht bei mir bleiben wolltest. Ich kenn dich gut, Nora. Du bist immer noch die gleiche. Auch wenn ich mich geändert habe.«
»Ich bin hergekommen, weil ich jeden Augenblick zusammen mit dir auskosten möchte, der uns noch bleibt.« Mit erstarrtem Gesicht kämpfte sie gegen Tränen an. Die Empfindung flößte ihr Entsetzen ein, war wie ein schwarzer würgender Ekel im Hals. Zu viele Tränen, dachte sie, sind viel zu lange unterdrückt worden. Eines Tages werde ich an ihnen ersticken.
Constantine nutzt jeden Schwachpunkt in Goldreich-Tremaine aus, dachte sie. Und meine ganz persönliche Schwäche - das ist dieser Mann da. Als Abélard aus der Verjüngungsklinik - mit dreiwöchiger Verspätung und derart verwandelt - zurückkehrte, daß die Hausroboter ihm den Zutritt verweigerten ... Doch sogar dies war nicht so unerträglich gewesen wie die Tage ohne ihn, als sie ihn aufzuspüren versuchte, als sie feststellen mußte, daß die Schwarzmarkt-Subble, in die er sich begeben hatte, geleert und verstaut worden war; als sie sich fragen mußte, welche versteckte Sternkammer ihn zu Fetzen zerschreddete ...
»Das ist meine Schuld«, sagte sie. »Ich habe Constantine ohne Beweise angeschuldigt, und er hat mich gedemütigt. Beim nächstenmal bin ich klüger.«
»Constantine hatte nichts damit zu tun«, sagte Lindsay. »Ich weiß doch, was ich in dieser Klinik gesehen habe. Es waren die Superhellen.«
»Ich kann an diese Kataklysmatiker einfach nicht glauben«, sagte Nora. »Diese Superhellen werden bewacht wie Kronjuwelen; die haben doch gar keine Zeit für wilde Verschwörungen. Was du gesehen hast, war eine betrügerische Politgaunerei; nur arrangiert, um mich rauszulocken. Und ich bin auch drauf reingefallen.«
»Sei nicht so stolz, Nora. Das macht dich denkblind. Die Kataklysten haben mich gekidnappt, und du willst nicht einmal zugeben, daß es sie gibt. Du kannst nicht gewinnen, weil du die Vergangenheit nicht wieder heraufholen kannst. Laß sie los und - komm mit
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