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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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erkenne ich, daß du dich in hoher Schwerkraft aufgehalten haben mußt. In Sachen der Investoren?«
    Der hohe Spin in der Republik hatte seine Spuren in Lindsay hinterlassen. Er setzte ein rätselhaftes Lächeln auf. »Darüber zu sprechen steht mir nicht frei.«
    »Verstehe.« Navarre bedachte ihn mit dem ernsten verständnisinnigen Blick eines Logenbruders der Weltläufigkeit. »Es freut mich ungemein, dich hier in der Nähe der Kosmosity zu treffen. Gedenkst du dich unsrer Fakultät anzuschließen?«
    »Ja.«
    »Eine Sternstunde für unsere Investor-Forschungsabteilung.«
    »Um es ganz kraß auszudrücken, Professor Navarre, die InvestorForschung hat für mich nichts Neues mehr zu bieten. Ich beabsichtige, mich auf Terraformstudien zu spezialisieren.«
    Navarre lächelte ungläubig. »Ach du meine Güte! Ich bin sicher, du kannst was viel Besseres finden als das.«
    »Ja?« Lindsay beugte sich in einem kurzen Aufwallen von Imitativkinesik vor. Die ganze Leichtigkeit war ihm verlorengegangen. Der Reflex war ihm peinlich, und er beschloß - zum hundertstenmal - derlei Zeug aufzugeben.
    Navarre sprach weiter: »In der Terraform-Fakultät wimmelt es nur so von postkataklysmatorischen Irren. Aber du, du warst doch immer ein sehr rational-vernünftiger Mann. Gründlich. Ein guter Organisator. Es würde mich schmerzen, wenn ich sehen müßte, wie du in die falschen Kreise gerätst.«
    »Verstehe. Und was hat dich nach C.-Kluster gebracht, Professor?«
    »Also, das war so«, sagte Navarre. »Die Jastrow-Labors und ich hatten da ein paar unterschiedliche Ansichten über Patente. Zellmembrantechnologie, du verstehst. Eine Technik, mit der künstliche Investorenhaut hergestellt werden kann, und das ist derzeit ein sehr begehrter Modeartikel; schau dir beispielsweise nur die Stiefeletten der jungen Dame dort an, ja?« Eine Zikadenstudentin in Perlschnurrock, mit greller Gesichtsbemalung süffelte vor dem öden Hintergrund der roten Trümmerlandschaft ein Frappe . Ihre Stiefel waren miniaturisierte Investor-Pranken: Zehen, Krallen und so fort. Hinter dem Mädchen rutschte plötzlich die Landschaft weg, als der Surveyor weiterzockelte. Von plötzlichem Schwindelgefühl überrascht, klammerte sich Lindsay an den Tisch.
    Auch Navarre schwankte leicht, sagte aber dann: »Der Czarina-Kluster ist gegenüber Unternehmungsfreudigen recht großzügig. Mich hat man bereits nach nur acht Monaten von den Dogs befreit.«
    »Meinen Glückwunsch«, sagte Lindsay.
    Die Berater der Queen übten nämlich im allgemeinen über alle Neu-Imigranten volle zwei Jahre lang vermittels ihrer »Überwachungshunde« genau Kontrolle aus. Draußen in den »Dogtowns« am Habitatsrand gab es ganze Wohnbezirke, in denen realexistierendes Leben kameramäßig festgenagelt und jedermann unablässig von Videodogs ausgeschnüffelt wurde. Das öffentliche Leben im Czarina-Kluster war gekennzeichnet von allgegenwärtigen Anzapfstellen und Monitoren. Vollbürger allerdings vermochten sich in den »Diskretions«-Bezirken, den oasenhaft-üppigen Privatfestungen von C.-K., derartiger Überwachung einigermaßen zu entziehen.
    Lindsay nippte an seinem Drink. »Um eventueller Konfusion vorzubeugen, sollte ich dir vielleicht sagen, daß ich derzeit den Namen Lindsay führe.«
    »Waaas? Wie Wellspring?«
    »Ich bitte um Vergebung?«
    »Ach, du hattest also keine Ahnung von Wellsprings wahrer Identität?«
    »Ja, wieso denn? Nein«, sagte Lindsay. »Ich dachte immer, daß seine Unterlagen auf der Erde verlorengingen, wo er geboren ist.«
    Navarre lachte vergnügt. »In eingeweihten Zikadenkreisen ist die Wahrheit ein offenes Geheimnis. Alle Diskreten reden darüber. Wellspring ist ein Concatenatischer. Und sein wirklicher Name lautet Abélard Malcolm Tyler Lindsay.«
    »Du setzt mich wirklich in Erstaunen.«
    »Oh, Wellspring, der spielt wirklich ein ganz hintergründiges Spiel. Diese Terranergeschichte, das ist doch nur Tarnung.«
    »Wie bemerkenswert ungewöhnlich.«
    »Wenn man vom Teufel spricht ...«, sagte Navarre. Durch die Tür des Tubusschachts links von Lindsay brach eine lärmende Gruppe von Leuten herein. Wellspring war mit einer Schar anbetender Zikadenjünger erschienen, einem Dutzend Studenten, die gerade frisch von einer Party kamen, mit erhitzten Gesichtern und lautstark vor Lachen brüllend. Die Jungzikaden bildeten ein Gewurle von Blau- und Grüntönen in langen wehenden Mänteln, geschlitzten Stulpenhosen und schimmernden reptilienschuppigen

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