Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
Vom Netzwerk:
an die Auswärtigen verkaufen. Was soll nur aus der Welt werden? Ich hab gehört, da will so ein Idiot den Jupiter verkaufen.«
    »Verzeihung - wie bitte? «
    »Ja. Will ihn an irgend so eine Gruppe von intelligenten Gasbeuteln verhökern. Ein Skandal, was? Na ja, manche Typen tun eben alles, um sich bei den Aliens anzuschmeißen. Oh - tut mir leid, ich meinte das natürlich nicht beleidigend ...« Er gab Lindsay den Blick und merkte, daß dieser nicht beleidigt war. »Das wird sich aber totlaufen. Gesandtschaften von den Außerirdischen bringen nie was Brauchbares. Aber glücklicherweise scheinen die Aliens insgesamt über mehr Vernunft zu verfügen als wir - mit einer möglichen Ausnahme, nämlich den Investoren . Investoren, ha wirklich! Die sind nichts weiter als eine interstellare ansteckende' Seuche, gräßliche neugierige Schnüffler ... Wenn sich hier Aliens en masse einfinden sollten, dann - das schwör ich -, dann werde ich diese Republik mit der undurchlässigsten Schutzquarantäne völlig abschirmen, die es außer einer Sitzung des Ring Councils überhaupt gibt. Ich werde abwarten, bis sich die Gesellschaft völlig desintregiert hat. Natürlich werde ich bis dahin ausgeblichen sein, aber die Lokalbevölkerung kann dann vorpreschen und die Trümmer aufsammeln. Und dann werden sie nämlich begreifen, daß mein kleines Wildreservat hier alles in allem doch eine sinnvolle Sache war.«
    »Verstehe. Du willst also ein paar Spielkarten für die Menschheit im Ärmel behalten. Neville, du warst schon immer ein kluger Spieler.«
    Der Shaper sah erfreut aus. Er nieste lauthals, und der erschrockene Kater katapultierte sich von seinem Schoß quer über den Schreibtisch, wo er Papiere zerfetzte. »Tut mir sehr leid«, sagte Pongpianskul. »Staubmilben und Katzenhaare ... ich habe mich nie so recht daran gewöhnen können.«
    »Ich wollte eigentlich um einen Gefallen bitten«, sagte Lindsay. »Ich werde zum Czarina-Kluster abreisen, und ich würde gern einen deiner Bürger mitnehmen.«
    »Ach, jemanden, der einen ›Sterbetrip in die Welt‹ machen will? In Dembowska hast du doch sowas immer recht gut und diskret erledigt. Einverstanden.«
    »Nein. Es ist ein Jungmensch.«
    »Kommt nicht in Frage. Wäre ein entsetzlicher Präzedenzfall. Moment mal, warte! Ist es etwa Abélard Gomez?«
    »Genau der ist es.«
    »Aha. Ich begreife. Der Kleine beunruhigt mich. Er hat Constantine-Blut, wußtest du das? Ich habe die lokale Genentwicklung beständig genau überwacht. Bei dieser Gen-Linie taucht Genialität immer wie ein Fehlwurf der Würfel auf.«
    »Also würde ich dir ja sozusagen geradezu einen Gefallen erweisen.«
    »Ja. Vermutlich. Es wird mir schmerzlich sein, wenn du uns verläßt, Abélard, aber leider wärst du wegen deines momentanen ideologischen Klischees von unerwünschtem und schlechtem Einfluß hier. Du giltst nämlich hier als ein ›Held der Kultur‹, mußt du wissen.«
    »Ach, die alten Träume habe ich längst hinter mir. Ich habe meine Energie, meine Kraft zurück... und im Czarina-Kluster schwebt ein ganz neuer Traum herum. Und selbst wenn ich persönlich daran nicht mehr glauben kann, so kann ich doch denen helfen, die es tun.« Lindsay stand auf und entfernte sich behutsam, während der Kater Interesse für seine Fußknöchel zeigte.
    »Viel Glück mit der Mäuserei, Neville.«
    »Glück - dir auch, Abélard.«

9. Kapitel
     
    CZARINA-KLUSTER PEOPLE'S CORPORATE REPUBLIC: 15-12-'91
     
    Die Maschinerie des Wohlstandes raste auf Hochtouren. Eine Sturzflut von Reichtümern drohte die Welt zu ertränken. Die Exponentialkurven des Wachstums preschten mit ihrem stets trügerischen Tempo dahin, mit einem diskursiven Tempo, das die Unachtsamen betäubte und die Wachsamen verwirrte.
    Die Bevölkerung der Zirkumsolaren betrug 3,2 Milliarden. Sie hatte sich alle zwanzig Jahre verdoppelt und würde sich erneut verdoppeln. Die vierhundert bedeutenderen mechanistischen Asteroiden rotierten wie gewaltige Mischmaschinen in einer Produktionshochflut von schätzungsweise 8 Milliarden sich selbst kopierender Bergbaurobots und vierzigtausend vollautomatisierter Fabrikationsanlagen. Die shaperischen Welten bemaßen den Wohlstand auf andere Weise, und sie wirkten mit mühsamen 20 Milliarden Tonnen produktiver Biomasse nahezu zwergenhaft.
    Die Primärmenge der Zirkumsolar-Kilobytes erreichte astronomische Größenordnungen, eine Zahl, deren genaueste Schätzung als 9,45 mal 1018 angegeben werden konnte. Die Weltinformation

Weitere Kostenlose Bücher