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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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nicht mehr? Und wie ist denn das bei dir, Sundog? Ich hab nicht den Eindruck, daß du dich so richtig darum reißt.«
    »Ich bin alt«, sagte Lindsay. »Und die, die sind jung. Es muß doch eigentlich ihre Welt sein. Mich brauchen sie dabei nicht.«
    Die Kreatur dehnte sich in Wellen. »Hab ich mir gedacht, daß du sowas sagen würdest. Und was sagst du dann jetzt, wo du eine Chance bekommen hast zu ... äh ... zur Reflexion?«
    Lindsay lächelte, als er das eigene verzerrte Gesicht auf dem schimmernden Oberflächenfilm der Présence erblickte. »Ich bin - unsicher.«
    »Oh? Sehr gut.« In der lautlosen »Stimme« schwang ein Lachen. »Dann nehme ich an, daß du jetzt sterben willst.«
    »Sollte ich das?« Er zögerte. »Vielleicht wäre es verfrüht.«
    »Vielleicht«, stimmte die Présence zu. »Willst du dann also lieber noch ein paar Jahrhunderte länger hierbleiben? Und auf die endgültige Transzendenz warten?«
    »Die Fünfte Prigoginsche Komplexitätsstufe?«
    »Ja, so könnte man es nennen. Die Bezeichnungen spielen keine Rolle. Es übersteigt das Leben so weit, wie das Leben sich über die träge Materie erhebt. Ich hab gesehen, wie es geschieht, schon viele Male. Ich kann spüren, daß es hier in Bewegung ist. Ich kann es im Wind riechen. Die Leute ... Geschöpfe, Wesen, Seinsentitäten, sie sind für mich allesamt Leute ... stellen die Letzten Fragen. Und sie erhalten darauf die Letzten Antworten, und dann heißt es Adieu ... Audieux . Es ist die Göttlichkeit - oder doch eine so starke Götterähnlichkeit, daß es für deines- oder meinesgleichen keinen Unterschied macht. Ist es vielleicht das, was du möchtest, Sundog? Das Absolute?«
    »Das Absolute«, sagte Lindsay gedankenschwer. »Die Letzten Antworten ... Und wie sind sie dann, deine Antworten, Freund?«
    » Meine Antworten? Die habe ich nicht. Ich kümmere mich nicht um das, was innerhalb dieser meiner Haut vorgeht, ich will einzig sehen, nur fühlen. Ursprünge und Bestimmungen, Voraussagungen und Erinnerungen, Leben und Tode, um die mache ich einen Bogen. Ich bin zu glatt, als daß die Zeit mich festhalten könnte, verstehst du mich, Sundog?«
    »Aber was willst du denn dann, Présence?«
    »Ich will das, was ich bereits habe! Ewiges Erstaunen, ewig neu vollendet ... Nein, nicht einmal Ewigkeit, sondern nur das Grenzenlose, darin liegt alle Schönheit ... Ich werde den Hitzetod des Universums abwarten, um zu sehen, was danach geschieht! Und bis dahin, ist es nicht jetzt schon ganz schön viel, das Ganze? «
    »Ja«, sagte Lindsay. Das Herz hämmerte in seiner Brust. Sein Robotpfleger wollte ihm eine Spritze mit chemischen Beruhigungsmitteln verpassen; er schaltete ihn ab, dann lachte er und reckte sich. »Es ist alles ziemlich viel ›ganz schön viel‹.«
    »Ich hab hier eine tolle Zeit gehabt«, sagte die Présence. »Wirklich eine interessante Gegend, die ihr hier habt, rings um diese kleine Sonne.«
    »Dankeschön.«
    »He, der Dank ist ganz auf meiner Seite, Bürger. Aber auf mich warten andere Gegenden.« Die Présence zögerte. »Möchtest du mitkommen?«
    »Ja!«
    »Dann umarme mich.«
    Lindsay breitete die Arme nach dem Ding aus. Es kam in einer silbernen Woge über ihn, Sternenkalt, ein Schmelzen, dann die Erlösung.
    Und alle Dinge waren jung und neu.
    Er sah seine Kleider durch den Gang schweben. Seine Arme glitten aus den Ärmeln, die Prothesen - Koppelschnüre, dahintreibend, von teuren Schaltungen. An der Spitze der klarweißen Steigleiter der Wirbel sank sein leerer Schädel grinsend in den Kragenausschnitt des Mantels.
    Am Ende des Gangs tauchte ein Investor auf, kam in der Minischwerkraft herangehoppelt. In einer reflexhaften Bewegung wischte Lindsay sich an der Wand aus dem Sichtbereich. Der Fransenkamm des Investors stellte sich auf; mit elsternhafter Fasziniertheit stocherten die Klauen in dem Durcheinander von Knochen und Knöchelchen herum, dann stopfte er besonders interessante Stücke in einen bereits prall gefüllten Sack.
    »Die kommen immer an und sammeln die Teile auf«, sagte die Présence erklärend. »Dadurch sind sie uns nützlich. Das wirst du noch sehen.«
    Lindsay ertastete sein neues Selbst.
    »Ich hab ja gar keine Hände mehr«, sagte er.
    »Die wirst du nicht brauchen.« Die Présence lachte. »Aber komm jetzt! Gehen wir ihm nach. Die werden bald anderswohin abreisen.«
    Sie folgten dem Investor den Gang hinunter.
    »Wohin?« fragte Lindsay.
    »Das ist nicht wichtig. Irgendwohin ... wo es wunderbar

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