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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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angenehm, dabei nicht allein zu sein.«
    »Nein, Philip. Noch nicht. Es tut mir leid.«
    »Noch immer keine tiefe Verpflichtung, Abélard?« Constantine hielt ihm ein Glasröhrchen mit einer bräunlichen Flüssigkeit unter die Augen. »Na, macht auch nichts. Es macht mir sowieso zu viel Mühe zu laufen. Und ich habe Probleme mit sämtlichen Dimensionen, seitdem... seit der Arena-Geschichte. Deshalb haben sie mir auch neue Augen verpaßt. Diese Augen erkennen die Dimensionen für mich.« Seine Knotenfinger schraubten den Verschluß von dem Röhrchen. »Inzwischen erkenne ich das Leben als das, was es ist. Und deshalb muß ich das hier tun.« Er hob das Glas an die Lippen und trank das Gift in einem Zug. »Gib mir doch deine Hände ...«
    Lindsay streckte die Hände aus. Constantine packte sie. »Sind jetzt schon alle beide Metall?«
    »Es tut mir leid, Philip ...«
    »Ach, macht doch nichts. Alle unsre wundervollen Maschinen ...« Constantine schauderte kurz in sich hinein. »Halt mit mir aus ... es wird nicht lang dauern.«
    »Ich bin hier, Philip.«
    »Abélard ... es tut mir leid ... Nora ... die Grausamkeit ...«
    »Philip, es tut nichts mehr ... ich verz ...« Es war zu spät. Er war tot.
     
    CIRCUMEUROPA: 25-12-'86
     
    Was es an Lebendigem in CircumEuropa noch gab, drängte sich in den Labors. Als Lindsay sich von Bord begab, fand er die Einreisezollstation völlig verlassen vor. CircumEuropa war abgelaufen; Importschmuggel spielte keinerlei Rolle mehr.
    Er quälte sich durch einen gewundenen Korridor, zwischen durchscheinenden schrägen Wänden aus Membranstoff hindurch. Die Wände schimmerten in sämtlichen Varianten der Blau- und Grüntöne des Wassers der Meere. Aber die Korridore waren fast völlig verlassen.
    Lindsay sah ab und zu Sundogs oder Berber, die auf der Suche nach Abfall oder Beute hergekommen waren. Ein Trupp der Typen winkte ihm höflich zu, während sie sich lautstark weiter durch eine festsitzende Wand sägten. Es war gleichzeitig auch ein InvestorSchiff gelandet aber von dessen Mannschaft war keiner in Sicht.
    Alle Bewegung verlief draußen. Gigantische Eisschiffe, kristallummantelt, schossen in gekrümmten Bahnen auf die Planetenoberfläche nieder und landeten sanft platschend durch die frischen Aufbrüche auf der Planetenoberfläche. Vera, seine Tochter, war an Bord eines dieser Schiffe. Und sie war schon abgeflogen.
    Die Bevölkerung war auf eine letzte Handvoll zusammengeschrumpft, die letzten Nachzügler der Verwandlung. CircumEuropa war zusammengeschrumpft zu ein paar Laboratorien, in denen die letzten Umwandlungskandidaten im rauchtrüben europäischen Meereswasser schwammen.
    Lindsay hielt an einer Luftschleuse an und betrachtete sich durch einen Außenmonitor die Aktivität dahinter. Umgewandelte Chirurgen leisteten bei der Geburt von »Engeln« Hilfe. Sie verfolgten das Wachstum neuer Nerven durch das alterierte Fleisch. Ihre glühleuchtenden Arme zuckten in heftigen Gesprächsimpulsen.
    Er brauchte weiter nichts zu tun, als sich eine Aqualunge anzuschnallen, durch die Schleuse zu steigen und sich zu den anderen zu begeben. Vera hatte es getan. Auch Gomez. Alle anderen auch. Man würde ihn freudig willkommen heißen. Und es würde nicht weh tun. Es würde ganz einfach sein ...
    Das Vergangene hing in diesem Augenblick in der Schwebe.
    Er konnte es nicht über sich bringen.
    Er wandte sich ab.
    Und dann spürte er »es«.
    »Ach, du bist da«, sagte er. »So zeig dich doch!«
    Die Présence schwebte von der schrägen seegrünen Membrane der Wand herab. Eine Pfütze von Spiegelschimmerscherben träufelte über den Boden und sickerte zur Gestalt zusammen.
    Lindsay schaute ergriffen und bewundernd zu. Die Présence besaß ihre eigene Schwerkraft; sie klebte am Boden, als werde sie von dort angezogen. Sie verknautschte sich, wellte sich, nahm Gestalt an, nur um ihm einen Gefallen zu tun. Sie verformte sich zu einem kleinen flüchtigen Etwas, das auf vier Beinen kauerte wie ein Tier. Wie ein Wiesel, dachte er. Wie ein Fuchs, lauernd.
    »Sie ist fort«, erklärte Lindsay dem Ding. »Und du hast sie gehen lassen.«
    »Nun mal langsam, ruhig, Bürger«, sagte der Fuchs bestimmt. Die Stimme war ohne Widerhall; und sie war tonlos. »Es ist nicht mein Job, mich an Dinge zu klammern.«
    »Also ist Europa nicht nach deinem Geschmack?«
    »Oh, Scheiße«, sagte das Ding. »Ich bin sicher, es ist da ganz sagenhaft toll. Aber ich hab nun mal die echte Chose erlebt, dort auf der Erde, weißt du

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