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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Finger mit ausgeweiteten Spitzen und seltsam angesetzte Daumen. Die Schädel waren enorm, so groß wie der Oberleib eines Mannes, und von einem mächtigen höhlenbreiten Grinsen gespalten; daumengroße abgeflachte Stiftzähne ragten aus den Kiefern. Anscheinend besaßen sie keine Ohren, und ihre schwarzen Augäpfel, die faustgroß waren, lagen unter linsenartigen Lidern und grauweißen Nickhäuten geschützt. Regenbogenbunte Fransenbänder schmückten den Hinterkopf.
    Da waren Menschen, die mit ihnen redeten, die Kameras auf sie richteten. Shaper-Leute. Sie schienen sich furchtsam vor den Fremden zusammenzudrängen; die Rücken waren gekrümmt, sie rutschten kriecherisch von einem Alien zum anderen. Nora erkannte: das lag an der Schwerkraft. Die Fremden verwendeten eine hohe Schwerkraft.
    Und sie waren echt! Sie bewegten sich mit entspannter gewichtiger Grazie. Einige hielten Cliptafeln in der Hand. Andere redeten mit kannellierten Vogelzungen, die so lang wie ein menschlicher Unterarm waren.
    Schon durch ihre Größe beherrschten sie das Geschehen. Das Ganze wirkte überhaupt nicht formell oder theatralisch; nicht einmal die Feierlichkeit des Berichts vermochte den Wesenskern dieser Begegnung zu überdecken. Die Aliens empfangen weder Furcht, noch waren sie besonders beeindruckt. Da war kein bedrohliches Sturmesbrausen und keine mystische Feuersäule. Sie gaben sich völlig geschäftsmäßig . Wie Steuereintreiber.
    Paolo kam plötzlich mit irren Augen hereingeplatzt, seine langen Haare waren blutverdunkelt. »Schnell! Sie kommen ganz dicht hinter mir her!« Er spähte im Raum umher. »Gib mir die Paneelhülle da!«
    »Es ist zu Ende, Paolo!«
    »Noch nicht!« Paolo packte den breiten Konsolendeckel mitten aus der Luft. Ein Schwanz von Drähten hing davon herab. Er katapultierte sich durch den Raum und rammte die Konsolenverschalung quer vor den Tunneleingang. Flach dagegen gedrückt, bildete sie so eine primitive Barrikade. Paolo riß eine Tube Epoxydkleber aus dem Gurt und verklebte den Konsolendeckel mit dem Stein.
    An einer Seite blieb ein Spalt offen; Paolo spannte seine Zwinge und feuerte in den Korridor hinein. Man hörte ein entferntes Aufheulen. Paolo preßte das Gesicht an den Spalt und begann kreischend zu lachen.
    »Das TV, Paolo! Neuigkeiten aus dem Council! Die Belagerung ist vorbei!«
    »Die Belagerung? « fragte Paolo und blickte zu ihr zurück. »Scheiße, was hat denn das mit uns zu tun?«
    »Die Belagerung, der Krieg«, sagte sie. »Und es hat nie einen Krieg gegeben, so lautet jedenfalls die neue offizielle Parteilinie. Nur ... Mißverständnisse ... Engpässe ...« Paolo achtete nicht auf sie, sondern starrte weiter in den Gang und bereitete einen nächsten Schuß vor. »Wir waren nie Soldaten. Niemand hat jemals jemand anderen umzubringen versucht. Die menschliche Rasse ist friedfertig, Paolo, sie besteht aus lauter - guten und verläßlichen Handelspartnern ... Die Aliens sind da, Paolo. Die Ganz-Fremden.«
    »Ach-Gott«, stöhnte Paolo. »Ich brauch nur noch zwei umzulegen, mehr nicht, und die Frau hab ich schon getroffen. Hilf mir doch erst, die da fertigzumachen, dann kannst du mir alles erzählen, wozu du Lust hast.« Er drückte die Schulter gegen die Barrikade, solange der Kleber sich noch nicht gehärtet hatte.
    Nora schwebte über ihn und schrie durch eins der ausgestanzten Instrumentenlöcher in die Finsternis hinaus: »Mister President! Hier ist der diplomatische Unterhändler! Ich erbitte eine Verhandlungspause!«
    Es blieb einen Moment lang still. Dann: »Du wahnsinniges Hurenstück! Komm raus und stirb!«
    »Alles ist vorbei, Mister President! Der Belagerungszustand ist aufgehoben! Das System lebt wieder im Frieden, verstehst du nicht? Aliens, Mister President! Die Außerirdischen sind gekommen, sie sind bereits seit Tagen da!«
    Der Präsident lachte. »Aber klar doch, komm nur einfach raus hier, Süße. Aber vorher schickst du mir erstmal den kleinen Wichser mit der Schleuder raus.« Plötzlich hörte Nora das Wimmern der Stromsäge.
    Schnaubend stieß Paolo sie zur Seite und schoß seine Zwinge in den Tunnel ab. Sie hörten fünf, sechs scharfe schmatzende Laute, als das Geschoß den Gang hinunter rikoschettierte. Der Präsident krächzte triumphierend. »Wir werden euch fressen«, sagte er, und es klang völlig ernst. »Wir werden euch die verdammten Lebern rausreißen und sie auffressen.« Dann mit gedämpfterer Stimme: »Hol sie raus, Außenminister!«
    Nora krallte sich an

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