Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schiwas feuriger Atem

Schiwas feuriger Atem

Titel: Schiwas feuriger Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & William Rotsler
Vom Netzwerk:
getan hatte. Man kann nicht eine Reihe solcher Blitzzüge machen, ohne daß das Spiel mit einem wegläuft, ohne daß man anfängt zu denken, alles könne mit einem schnellen Trick gelöst werden, mit einem Solospiel, mit irgend etwas Dramatischem. Also muß ein kluger Mann solche Methoden mit Vorsicht anwenden.
    Immerhin, es war über die Bühne gegangen. Es ist ein Mythos, daß der Präsident, irgendein Präsident, einfach sagt, so wird’s gemacht, und dann wird es so gemacht. O gewiß, es geschieht schon etwas ungefähr Dementsprechendes. Aber es ist darauf angewiesen, daß alle mitmachen. Und ein Untergebener, der sich getreten fühlt, arbeitet eben nicht so gut mit, wie er soll. Alte Gewohnheiten sterben schwer. Also muß man seine Leute überzeugen, ihnen alles so vorbuchstabieren, daß sie sich nicht aufs Abwarten verlegen können und es nicht irgendwo weiter unten in der Hierarchie eine Stockung gibt, und sie nicht auf die Idee kommen, sie müßten herauszukriegen versuchen, was man wirklich gemeint hat. Sogar in dieser Krise konnte dergleichen passieren. Zum Teufel, sogar mitten im Kriege war es oft genug passiert. Roosevelt hätte wahrscheinlich allein über dieses Thema ein ganz gottverdammtes Buch schreiben können.
    Mit leisem Zischen glitt die Lifttür auf. Neben ihr wartete Barbara Carr auf ihn, lächelte, sagte hello und reichte ihm eine Tasse heißen Tee. Das hatte sich zwischen ihnen zu einem regelrechten, ihm liebgewordenen Ritual entwickelt. Abends konnte sich der Präsident einen Drink erlauben, doch am Tage war das bedenklich.
    »Sie waren lange unten«, sagte sie mit mildem Vorwurf.
    »Wir haben gepokert.«
    »Was war der Einsatz?«
    »Ganz hübsch hoch«, erwiderte er und konnte nicht verhindern, daß man ihm etwas davon ansah. Barbara wurde ernst. Er trankt seinen Tee aus und gab ihr die Tasse zurück.
    »Sie brauchen mehr Tee und mehr Ruhe«, sagte sie in besorgtem Ton.
    »Stimmt.« Plötzlich fiel ihm ein, daß er seit fast einem Jahr seine geliebte Mittagspause aufgegeben hatte – oftmals hatte sie nur darin bestanden, daß er etwas las, was er nicht lesen mußte, oder einen Spaziergang machte oder ein bißchen Musik hörte. Vielleicht lag es an dieser fehlenden Pause, daß ihm die Situation so zusetzte.
    »Also kommen Sie«, sagte Barbara und ging voran zum Wohnflügel des Weißen Hauses, durch hohe Türen, blieb nur einmal an einem kleinen Servierwagen stehen, um nochmals Tee einzugießen. Sie machte eine Bemerkung über das Wetter, und sie antwortete mit ein paar konventionellen Sätzen. Daran, daß er bei ein paar kurzen Stufen ins Pusten geriet, merkte er, daß er sehr müde war. Der Tag hatte ihn eine ganze Menge gekostet.
    Barbara brachte ihn bis zu seinem Schlafzimmer, blieb mit leisem Lächeln draußen stehen und reichte ihm seine Tasse Tee. Er sah sie an und machte, ohne es zu wissen, eine leichte Handbewegung zur Tür hin, wandte sich um und ging hinein. Sie kam nach. Er blieb an einer Kommode aus Ahornholz stehen, nippte seinen Tee und schaute hinaus in den bleichen Washingtoner Nachmittag. Unter der Wolkendecke lag das Land in fahlem, diffusem Licht, hinter den kugelsicheren Fensterscheiben verblaßte es noch mehr. Der Rasen war frühlingsverheißend grün, aber auch das war Täuschung, denn abgetretene oder braungewordene Stellen wurden unverzüglich durch Rollenrasen ersetzt. Ebenso wie die Menschen, dachte er, wenn sie keinen Erfolg haben oder den Erwartungen nicht entsprechen. Diese Lektion lernen Politiker sehr bald.
    Barbara Carr sah ihn sekundenlang nachdenklich und besorgt an, dann schloß sie die Schlafzimmertür. Der Lieutenant-Colonel, der mit der roten Telefonbox lautlos hinter ihnen hergekommen war, hatte sie gesehen. Mit eiserner Miene nahm er in der Diele Platz und sah zu, wie sie die schwere geschnitzte Tür zuzog.
    Barbara setzte sich aufs Bett. Es war ein altmodisches, hohes Bett aus dunklem Holz, mit einer tiefblauen Überdecke. Sie saß mit den Händen auf den Knien, als warte sie auf einen Bus von irgendwoher – und dann drückte sie mit voller Absicht die Spitze des einen Schuhs gegen den Hacken des anderen. In diesem Moment wandte sich Knowles, die Teetasse an den Lippen, zu ihr um.
    Es waren hübsche Schuhe, wie er sah, sehr hübsche sogar. Schwarz, mit halbhohen Absätzen, die besser aussahen als diese plattfüßigen »praktischen« Dinger, mit denen die Frauen heutzutage herumliefen, die Frauen jedenfalls, die er zu sehen bekam. Sie streifte den

Weitere Kostenlose Bücher