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Schiwas feuriger Atem

Schiwas feuriger Atem

Titel: Schiwas feuriger Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & William Rotsler
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plauderte weiter; geschickt imitierte er den Tonfall plumper Vorgesetzter, aufgeblasener Stars der neuen Holographie-Shows, schlampiger Schauspieler, prominenter Politiker zu beiden Seiten des Atlantik. Er führte ein interessantes Leben, wie sie wußte; er beobachtete die ständig wechselnde Szene einer großen Stadt, vom Parlament und den hochgestochenen Hotels bis zur Randszene der Nachtlokale von Soho.
    »Da!« unterbrach er sich plötzlich und deutete nach links. »In die Allee dort hinten!«
    Der Sicherheitsmann bremste, und der andere murmelte etwas in sein Mikrophon. Der Wagen bog in einen Seitenweg, die Räder rutschten auf den welken Blättern.
    »Wunderbares Fleckchen dort hinten«, sagte Kingsley, »ganz großartig.«
    Sie hielten in einem dichten Waldstück, das anscheinend der Totenhand des Herbstes entgangen war. Der Nebel bedeckte die niedrigen Senken der sonst flachen Landschaft. Der Sicherheitsmann neben dem Fahrer sagte: »Momentchen, bitte.« Wieder sprach er ins Mikrophon. Mehrere Männer stiegen aus dem Bentley und schwärmten in das Waldstück aus.
    »Ja, ja, die Sicherheit«, lächelte Kingsley und drückte ihr die Hand. Nach ein paar Minuten preßte der Sicherheitsbeamte den Finger auf den Knopf seines Ohrhörers, murmelte ins Mikrophon, nickte ihnen dann zu und sprang hinaus, um Lisa die Tür aufzumachen. Sie stieg aus, Kingsley folgte ihr.
    Lisa atmete tief. »Woher hast du gewußt, daß es hier so schön ist? Es ist wunderbar.«
    »Bißchen Farbe. Irgendwas Merkwürdiges mit dem Wind hier, und mit der Luftfeuchtigkeit. Oder mit der Erde. Oder sonstwas.« Er wandte sich ihr zu, die Daumen in den Westentaschen, und sie schickten sich zu einem Spaziergang an. »Du weißt ja, Technik ist nicht mein Bier. Nie gewesen.«
    Mit einem kleinen Lächeln nickte sie. »Daß du ein Wörterschmied bist, habe ich von Anfang an gewußt.«
    »Stimmt, das ist mein Gebiet. Ich habe hier ein paar holographische Spots geschossen, für meine Serie ›Seitenblicke‹. Daher kenne ich diese Ecke.«
    »Aha.«
    »Ich habe wirklich gute Rechercheure.«
    »Hm, ja.«
    Unvermittelt wandte Kingsley sich um und starrte den Sicherheitsbeamten, der pflichtbewußt ein paar Schritte hinterherzockelte, mißbilligend an. »Ihr braucht uns doch bestimmt nicht direkt auf die Hacken zu treten.«
    Der Beamte verzog keine Miene. Ohne die Augen von Kingsley zu wenden, murmelte er wieder ins Radio, hielt den Finger am Ohrhörerknopf und nickte.
    »Ja«, sagte Kingsley und nahm Lisas Arm, »wir sind ja gleich wieder da. Laßt uns mal ein bißchen in Ruhe.« Und er ging mit ihr die mit dürren Blättern bedeckte Allee hinunter.
    Die beiden Sicherheitsbeamten unterhielten sich leise. Ein Weilchen standen sie unentschlossen und sahen ihren Schutzbefohlenen nach; dann sprach der Chef langsam und deutlich ins Radio. Er und sein Kollege legten die Hände auf den Rücken, wandten sich etwas ab und traten vom Weg hinunter ins Gras. Lisa blickte über die Schulter und sah, daß sie ihnen in einigem Abstand folgten, wobei sie sich mit einstudierter Beiläufigkeit neben dem gewundenen Weg hielten. Bei diesem Anblick brach sie in ein perlendes Gelächter aus.
    Sie schritten den Pfad entlang. Schmale Streifen Sonnenlicht drangen durch die Bäume. Ab und zu raschelte ein Lüftchen. Ein Vogel flog über ihre Kopfe und verschwand eilig im fernen Wald.
    »Mit uns beiden ist es ganz so gekommen, wie wir vorausgesehen haben«, sagte Lisa verhalten.
    »Wie meinst du das?«
    »Jeder hat sich so entwickelt, wie es der andere erwartete.«
    »Du zum Astronautenstar und ich zum Meinungskrämer.« Kingsley runzelte die Stirn. »Ja – vielleicht ist es erniedrigend, wenn man so voraussehbar ist, aber … ja, du hast recht.«
    »So war es also am besten, daß wir uns trennten.«
    Er blieb plötzlich stehen. Sein Atem hing wie ein Wölkchen in der Luft. Sie ging noch ein, zwei Schritte weiter und drehte sich dann zu ihm um. »Ach Lisa, wenn ich das nur wüßte!« seufzte er.
    »Jedenfalls war es ganz gut so«, entgegnete sie achselzuckend.
    »Du meinst, wir hatten uns auseinandergelebt?«
    »Na ja.«
    »Deswegen ist noch lange nicht gesagt, daß wir das Richtige getan haben. Es bedeutet einfach, daß wir uns durchgeboxt haben.«
    Lisa wußte darauf nichts zu erwidern. Sie gingen weiter, aber ein klein wenig schneller. Ein nachdenkliches Schweigen hing zwischen ihnen. Lisa blickte kurz zu einem der Sicherheitsbeamten hin, der rechts vom Wege in einiger Entfernung

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