Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schiwas feuriger Atem

Schiwas feuriger Atem

Titel: Schiwas feuriger Atem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford & William Rotsler
Vom Netzwerk:
Hinweise darauf, wie hilfreich grade das Land des Redners war – es mochte nun stimmen oder nicht –, doch kaum etwas Konkretes über Hardware oder Beteiligung an der Mission.
    Lisas Ausführungen wurden von den multilingualen Medien als »einfach, beredt, direkt« gelobt und bekamen einen Zweiminuten-Spot in den Abendnachrichten, ausgeschmückt mit einer Presseraum-Szene, in der sie mit dem Außenminister, der Prinzessin Victoria und dem neuen Premierminister von Frankreich Händedrücke tauschte.
    Am dritten Tage rief sie Bradshaw an und beklagte sich über ihre wunde Hand. Das genügte. Das Außenministerium verzichtete auf ihre weitere Zeit, obwohl die Vierte Welt sie nur höchst ungern gehen ließ.
    Lisa sauste aber noch nicht gleich wieder nach Houston zurück, sondern blieb noch einen Tag in London. Sie rief einen alten Freund an, Kingsley Martin, und verabredete für den Nachmittag einen Autoausflug aufs Land.
    Lisa verließ das Hotel durch eine Seitentür, einen Schal überm Kopf, das Gesicht hinter einem überflüssigen Regenschirm verborgen, gefolgt von ihren unvermeidlichen Sicherheitsbeamten. Ein spuckendes, alkoholgetriebenes Auto – Privatauto, kein Dienstwagen! – fuhr eben vor, als sie hinaustrat. Ein Mann lehnte sich heraus, lächelte sie an und öffnete ihr die Tür.
    Er war gewissermaßen eine zweite erweiterte Auflage von Kingsley Martin, mit etwas mehr Bauch und Schultern. Er lächelte immer noch in seiner etwas schiefen, leicht gequälten Art, doch seine Augen blickten fragend.
    »Hei«, sagte sie und setzte sich in den Fond. Ohne sich viel dabei zu denken, gab sie ihm einen Kuß. Die ausdruckslosen Gesichter der Sicherheitsbeamten wurden noch ausdrucksloser, und sie starrten die enge Straße hinunter. Einer winkte, und ein zweites Auto, ein Bentley-Luxusmodell, rollte an. Lisa sah, wie der eine Beamte zu den Fenstern der umliegenden Gebäude hinaufspähte, als fürchte er, irgendwelche Video-Monitore würden registrieren, wie eine berühmte Astronautin einen wildfremden Mann küßt. Davor hatten sie wahrscheinlich mehr Angst als vor der Attacke eines Verrückten. Einen Verrückten würden sie vermutlich stoppen können.
    Einer der Beamten setzte sich neben den Fahrer – zweifellos ebenfalls ein Sicherheitsmann –, murmelte etwas, und der Wagen brauste los.
    »Hei du selber«, sagte Kingsley und nahm sie in den Arm. »Immer noch ganz munter, wie ich bemerke.«
    »Was?«
    »Das hier.« Er küßte sie nochmals. »Manches wird mit zunehmendem Alter besser, wie der Wein«, erläuterte er, als er sie losließ.
    »In der Tat.« Lisa lächelte ihm voller Wärme und Herzlichkeit zu – ein solches Lächeln hatte sie, wie ihr bewußt wurde, für keinen anderen Mann gehabt. Kingsley Martin war ihre erste große Liebe gewesen, und obgleich nichts daraus geworden war, blieb eine gewisse Bindung zwischen ihnen bestehen, die wohl nie aufhören würde. Er war wieder nach England gegangen, als es zu Ende gewesen war, einesteils weil dort ein Job in Fleet Street auf ihn wartete, andererseits aber auch, weil der Bruch mit Lisa ihm Amerika verleidet hatte. Das war vor über neun Jahren gewesen. Seitdem hatten sie sich nicht mehr gesehen.
    Während das kleine Auto durch die Londoner Vorstädte keuchte, musterte sie ihn aufmerksam. Ein leichter Winternebel drang durch die Fenster, verflog jedoch, als sie Croydon hinter sich ließen. Ab und zu murmelte der Sicherheitsbeamte etwas in sein Mikrophon. Der große elegante Wagen sollte bei einem etwaigen Attentatsversuch als Lockvogel fungieren.
    Wortreich berichtete Kingsley von seiner Arbeit. Er schilderte ihr, wie mühselig es sei, jeden Tag eine Spalte für den Observer zu schreiben, erzählte amüsante und merkwürdige Anekdoten über allerlei Größen und Beinahe-Größen, schimpfte über seinen Chefredakteur.
    Er will mir die Befangenheit nehmen, dachte Lisa voller Dankbarkeit für den guten Willen, der dahinterstand. Kaum jemand von den Leuten, mit denen sie in den letzten Tagen zusammengekommen war, besaß dieses Talent; für Diplomaten waren sie, wie ihr vorkam, überraschend dickfellig. Über manche seiner Geschichten lachte sie unbeschwert, bei anderen zog sie kritisch die Brauen hoch.
    Alsbald gelangten sie in eine liebliche Hügellandschaft, die noch im sommerlichen Grün schimmerte. Ihr fiel wieder ein, daß der Winter mit seinem Grau in England nie endgültig siegte, wenn er auch die Bäume bis auf das nackte Astwerk entblätterte. Kingsley

Weitere Kostenlose Bücher